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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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ter derselben einen komischen Anklang an menschliche Sitten und Beziehungen
zu vereinigen weiß. Doch war ihm immer der Reiz des Colorits vor Allem
das Erste: "die Magie der Farbe, die Geheimnisse ihres Zaubers, das Tönen
in Farben," (Hegel), darin fand er den größten Reiz der Kunst. Den Schein
der morgenländischen Sonne auf eine weiße Mauerwand, den Strahl des
Lichtes in einen geschlossenen Raum, das matte ahnungsvolle Leuchten der
Dinge im Helldunkel, das Spiel der Wolkenschatten: so das flüchtige Scheinen
des wandelbaren Naturlebens in schlagenden Effecten festzuhalten, machte sein
eigentliches Talent aus. Er verstand es, die eigentliche Bestimmtheit der
Localfarbe Mit dem Gesammtton der Licht- und Luststimmung harmonisch zu
verschmelzen. Zudem hatte Dccamps einen feinen Sinn für die charakteristische
Erscheinung des einzelnen bedingten menschlichen Daseins: seine Figuren in
dem Nebeneinander einfacher Beziehung drücken vortrefflich die natürliche, na¬
tionale, klimatische Eigenthümlichkeit und die Bestimmtheit des Momentes
aus. So hatte er auch den Orient zwar in der Pracht seiner malerischen
Erscheinung, aber zugleich seine Menschen in ihrer zerfetzten heruntergekommenen
Weise dargestellt (Lorxs as gg-rav duro, La.Wr duro, ronäö ach Zwirnes u. s. f.).
Auch seine wenigen historischen Gemäjde sind in dieser realen Bedingtheit des
Genre behandelt (Äükg.it.6 clos Liwdres, .IvWpb. venäu Mi- öff tröres).

Allein wie in den Gemälden der Romantiker die Absicht der Wirkung
auf den Beschauer allzudeutlich sich vordrängt: 'so bemüht sich Decamps allzu
sichtlich, und dem malerischen Spiel des Lichtes und der Farbe das Auge zu
überraschen. Die einfache ruhige Behandlung, mit der ein Peter de Hooghe
den Schein des Sonnenlichtes in eine stille trauliche Stube und auf ihre
friedlich beschäftigten Bewohner darstellt, der wunderbare Zauber, mit dem
Rembrandt in seinen kleinen Bildern (wie in seiner Familie des Tobias)
Geräthe und Menschen in eine heimliche, warmglühende und ins Dunkel
sanft sich abtönende Luft hüllt, ist bei Decamps nicht zu finden; auch nicht
die feine Behandlung, der man den liebevollen künstlerisch beseelten Sinn
des Malers ansieht. Er sucht durch ein umständliches Aufsetzen von Farbe
auf Farbe eine blendende Wirkung zu erreichen und seinen Bildern durch ein
eigenthümliches Verschwemmen der Töne, das nur beim Zurücktreten die Form
deutlich werden läßt, einen phantastischen Reiz zu geben, während doch andrer¬
seits durch eine ganz realistische Auffassung das Alltägliche in schlagender
Wahrheit sich darstellen soll. Bon dieser Seite ist Decamps ganz Romanti¬
ker: er fordert den Blick des Beschauers auf. vor Allem die geistreiche Eigen¬
thümlichkeit des Künstlers zu beachten.

Während Delacroix und seine Nachfolger vornehmlich die heftigen
Aeußerungen leidenschaftlicher Affecte mit ergreifender Lebendigkeit darzustellen
suchten, fand sich in Ary Seb/esser, der ebenfalls aus der Gu6rin'schen Schule


ter derselben einen komischen Anklang an menschliche Sitten und Beziehungen
zu vereinigen weiß. Doch war ihm immer der Reiz des Colorits vor Allem
das Erste: „die Magie der Farbe, die Geheimnisse ihres Zaubers, das Tönen
in Farben," (Hegel), darin fand er den größten Reiz der Kunst. Den Schein
der morgenländischen Sonne auf eine weiße Mauerwand, den Strahl des
Lichtes in einen geschlossenen Raum, das matte ahnungsvolle Leuchten der
Dinge im Helldunkel, das Spiel der Wolkenschatten: so das flüchtige Scheinen
des wandelbaren Naturlebens in schlagenden Effecten festzuhalten, machte sein
eigentliches Talent aus. Er verstand es, die eigentliche Bestimmtheit der
Localfarbe Mit dem Gesammtton der Licht- und Luststimmung harmonisch zu
verschmelzen. Zudem hatte Dccamps einen feinen Sinn für die charakteristische
Erscheinung des einzelnen bedingten menschlichen Daseins: seine Figuren in
dem Nebeneinander einfacher Beziehung drücken vortrefflich die natürliche, na¬
tionale, klimatische Eigenthümlichkeit und die Bestimmtheit des Momentes
aus. So hatte er auch den Orient zwar in der Pracht seiner malerischen
Erscheinung, aber zugleich seine Menschen in ihrer zerfetzten heruntergekommenen
Weise dargestellt (Lorxs as gg-rav duro, La.Wr duro, ronäö ach Zwirnes u. s. f.).
Auch seine wenigen historischen Gemäjde sind in dieser realen Bedingtheit des
Genre behandelt (Äükg.it.6 clos Liwdres, .IvWpb. venäu Mi- öff tröres).

Allein wie in den Gemälden der Romantiker die Absicht der Wirkung
auf den Beschauer allzudeutlich sich vordrängt: 'so bemüht sich Decamps allzu
sichtlich, und dem malerischen Spiel des Lichtes und der Farbe das Auge zu
überraschen. Die einfache ruhige Behandlung, mit der ein Peter de Hooghe
den Schein des Sonnenlichtes in eine stille trauliche Stube und auf ihre
friedlich beschäftigten Bewohner darstellt, der wunderbare Zauber, mit dem
Rembrandt in seinen kleinen Bildern (wie in seiner Familie des Tobias)
Geräthe und Menschen in eine heimliche, warmglühende und ins Dunkel
sanft sich abtönende Luft hüllt, ist bei Decamps nicht zu finden; auch nicht
die feine Behandlung, der man den liebevollen künstlerisch beseelten Sinn
des Malers ansieht. Er sucht durch ein umständliches Aufsetzen von Farbe
auf Farbe eine blendende Wirkung zu erreichen und seinen Bildern durch ein
eigenthümliches Verschwemmen der Töne, das nur beim Zurücktreten die Form
deutlich werden läßt, einen phantastischen Reiz zu geben, während doch andrer¬
seits durch eine ganz realistische Auffassung das Alltägliche in schlagender
Wahrheit sich darstellen soll. Bon dieser Seite ist Decamps ganz Romanti¬
ker: er fordert den Blick des Beschauers auf. vor Allem die geistreiche Eigen¬
thümlichkeit des Künstlers zu beachten.

Während Delacroix und seine Nachfolger vornehmlich die heftigen
Aeußerungen leidenschaftlicher Affecte mit ergreifender Lebendigkeit darzustellen
suchten, fand sich in Ary Seb/esser, der ebenfalls aus der Gu6rin'schen Schule


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[0192] ter derselben einen komischen Anklang an menschliche Sitten und Beziehungen zu vereinigen weiß. Doch war ihm immer der Reiz des Colorits vor Allem das Erste: „die Magie der Farbe, die Geheimnisse ihres Zaubers, das Tönen in Farben," (Hegel), darin fand er den größten Reiz der Kunst. Den Schein der morgenländischen Sonne auf eine weiße Mauerwand, den Strahl des Lichtes in einen geschlossenen Raum, das matte ahnungsvolle Leuchten der Dinge im Helldunkel, das Spiel der Wolkenschatten: so das flüchtige Scheinen des wandelbaren Naturlebens in schlagenden Effecten festzuhalten, machte sein eigentliches Talent aus. Er verstand es, die eigentliche Bestimmtheit der Localfarbe Mit dem Gesammtton der Licht- und Luststimmung harmonisch zu verschmelzen. Zudem hatte Dccamps einen feinen Sinn für die charakteristische Erscheinung des einzelnen bedingten menschlichen Daseins: seine Figuren in dem Nebeneinander einfacher Beziehung drücken vortrefflich die natürliche, na¬ tionale, klimatische Eigenthümlichkeit und die Bestimmtheit des Momentes aus. So hatte er auch den Orient zwar in der Pracht seiner malerischen Erscheinung, aber zugleich seine Menschen in ihrer zerfetzten heruntergekommenen Weise dargestellt (Lorxs as gg-rav duro, La.Wr duro, ronäö ach Zwirnes u. s. f.). Auch seine wenigen historischen Gemäjde sind in dieser realen Bedingtheit des Genre behandelt (Äükg.it.6 clos Liwdres, .IvWpb. venäu Mi- öff tröres). Allein wie in den Gemälden der Romantiker die Absicht der Wirkung auf den Beschauer allzudeutlich sich vordrängt: 'so bemüht sich Decamps allzu sichtlich, und dem malerischen Spiel des Lichtes und der Farbe das Auge zu überraschen. Die einfache ruhige Behandlung, mit der ein Peter de Hooghe den Schein des Sonnenlichtes in eine stille trauliche Stube und auf ihre friedlich beschäftigten Bewohner darstellt, der wunderbare Zauber, mit dem Rembrandt in seinen kleinen Bildern (wie in seiner Familie des Tobias) Geräthe und Menschen in eine heimliche, warmglühende und ins Dunkel sanft sich abtönende Luft hüllt, ist bei Decamps nicht zu finden; auch nicht die feine Behandlung, der man den liebevollen künstlerisch beseelten Sinn des Malers ansieht. Er sucht durch ein umständliches Aufsetzen von Farbe auf Farbe eine blendende Wirkung zu erreichen und seinen Bildern durch ein eigenthümliches Verschwemmen der Töne, das nur beim Zurücktreten die Form deutlich werden läßt, einen phantastischen Reiz zu geben, während doch andrer¬ seits durch eine ganz realistische Auffassung das Alltägliche in schlagender Wahrheit sich darstellen soll. Bon dieser Seite ist Decamps ganz Romanti¬ ker: er fordert den Blick des Beschauers auf. vor Allem die geistreiche Eigen¬ thümlichkeit des Künstlers zu beachten. Während Delacroix und seine Nachfolger vornehmlich die heftigen Aeußerungen leidenschaftlicher Affecte mit ergreifender Lebendigkeit darzustellen suchten, fand sich in Ary Seb/esser, der ebenfalls aus der Gu6rin'schen Schule

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/192>, abgerufen am 28.12.2024.