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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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und Arbeit demselben einverleibt. Er fühlt jedoch bald, daß dies nicht wol
angeht, und unterscheidet daher "Naturcapital" und "persönliches Capital"
von dem, was man sonst Capital zu nennen Pflegt, den Dingen, die aus
menschlicher Arbeit entstanden und angesammelt, zu Zwecken der Production
dienen (S. 41. 49, 52). Dabei zeigt der Verfasser den einfachen Weg, allem
Streit über die Capitaleigenschaft eine Ende zu machen; man darf nur seine
Definition allgemein annehmen -- daß Capital die productive Zweckbeziehung
eines Gegenstandes bezeichne. In der That hat aller Streit ein Ende, wenn
die Verschiedenheit der Meinungen aufhört. Weniger richtig ist, wenn H. sah.
meint (S. 51), der Uebergang von dem Vermögen eines Rentners an einen
Geschäftsmann trage zur Capitalbildung eben so bei, wie der Uebergang von
Lehengütern in freies Eigenthum. Das Vermögen des Rentners ist angelegt,
sonst würde er keine Rente beziehen, und wenn es der Schwiegersohn zum
Betriebe seiner Fabrik erhält, so berechnet er sich die Rente, welche vorher der
Schwiegervater bezog. Nur in einzelnen Fällen trifft die Ansicht zu, wenn
j. B. der Rentner ausländische Staatspapiere ins Ausland verkauft und sich
mit dem Erlöse bei einem inländischen Unternehmen betheiligt. Uebrigens ist
der theoretische Streit um die Grenzen der Wissenschaft und die Bestimmung
ihrer Grundbegriffe nicht so schädlich, wie er aussieht. Er verschwindet, so¬
bald man an die einzelnen Zweige der wirthschaftlichen Thätigkeit kommt,
an Landwirthschaft, Gewerbe und Handel. Besser wäre^allerdings. wenn er
in einem Buche wie das vorliegende gar nicht vorkäme, denn er verwirrt die
Leser, für welche man schreibt, und nimmt Raum in Anspruch, den man besser
verwenden könnte. Mit Nutzen werden demnach Kaufleute besonders den zwei¬
ten Theil des Buches lesen: Gliederung des wirklichen Wirthschaftslebens, und
es werden ihnen namentlich über Handel. Bankwesen und Krisen recht nütz¬
liche und gute Lehren gegeben.

Wir würden hiermit die Besprechung des Buches schließen, wenn es uns
nicht interessirt hätte, zu erfahren, wie die wissenschaftliche Ueberzeugung des
Verfassers von der Einwirkung der Zölle auf Industrie und Handel mit seinem
Austreten bei dem volkswirtschaftlichen Kongresse in Stuttgart übereinstimmt,
wo er vor einigen Wochen neben den Praktikern als die wissenschaftliche Stütze
der Particularisten und Schutzzöllner. wie der selige Stahl für die Junker, auf¬
getreten ist, und wo auf seine Anträge die Ernennung einer Commission für
die Reorganisation des Zollvereins, und die stufenweise Ermäßigung der Twist-
zölle durch den Uebergang zur Tagesordnung beseitigt worden sind.

Sieht man in dem Buche nach, so findet man unter den Formen volks-
wirthschaftlicher Unfreiheit die Beschränkung des freien Mitbewerbens zwischen
Völkern durch Verbotszölle, Schutzzölle, Differentialabgaben neben der Scla-
verei. Leibeigenschaft und Fröhnerei. neben dem Zunftzwang und der Beschrän-


Grenzboten IV. 1861, 18

und Arbeit demselben einverleibt. Er fühlt jedoch bald, daß dies nicht wol
angeht, und unterscheidet daher „Naturcapital" und „persönliches Capital"
von dem, was man sonst Capital zu nennen Pflegt, den Dingen, die aus
menschlicher Arbeit entstanden und angesammelt, zu Zwecken der Production
dienen (S. 41. 49, 52). Dabei zeigt der Verfasser den einfachen Weg, allem
Streit über die Capitaleigenschaft eine Ende zu machen; man darf nur seine
Definition allgemein annehmen — daß Capital die productive Zweckbeziehung
eines Gegenstandes bezeichne. In der That hat aller Streit ein Ende, wenn
die Verschiedenheit der Meinungen aufhört. Weniger richtig ist, wenn H. sah.
meint (S. 51), der Uebergang von dem Vermögen eines Rentners an einen
Geschäftsmann trage zur Capitalbildung eben so bei, wie der Uebergang von
Lehengütern in freies Eigenthum. Das Vermögen des Rentners ist angelegt,
sonst würde er keine Rente beziehen, und wenn es der Schwiegersohn zum
Betriebe seiner Fabrik erhält, so berechnet er sich die Rente, welche vorher der
Schwiegervater bezog. Nur in einzelnen Fällen trifft die Ansicht zu, wenn
j. B. der Rentner ausländische Staatspapiere ins Ausland verkauft und sich
mit dem Erlöse bei einem inländischen Unternehmen betheiligt. Uebrigens ist
der theoretische Streit um die Grenzen der Wissenschaft und die Bestimmung
ihrer Grundbegriffe nicht so schädlich, wie er aussieht. Er verschwindet, so¬
bald man an die einzelnen Zweige der wirthschaftlichen Thätigkeit kommt,
an Landwirthschaft, Gewerbe und Handel. Besser wäre^allerdings. wenn er
in einem Buche wie das vorliegende gar nicht vorkäme, denn er verwirrt die
Leser, für welche man schreibt, und nimmt Raum in Anspruch, den man besser
verwenden könnte. Mit Nutzen werden demnach Kaufleute besonders den zwei¬
ten Theil des Buches lesen: Gliederung des wirklichen Wirthschaftslebens, und
es werden ihnen namentlich über Handel. Bankwesen und Krisen recht nütz¬
liche und gute Lehren gegeben.

Wir würden hiermit die Besprechung des Buches schließen, wenn es uns
nicht interessirt hätte, zu erfahren, wie die wissenschaftliche Ueberzeugung des
Verfassers von der Einwirkung der Zölle auf Industrie und Handel mit seinem
Austreten bei dem volkswirtschaftlichen Kongresse in Stuttgart übereinstimmt,
wo er vor einigen Wochen neben den Praktikern als die wissenschaftliche Stütze
der Particularisten und Schutzzöllner. wie der selige Stahl für die Junker, auf¬
getreten ist, und wo auf seine Anträge die Ernennung einer Commission für
die Reorganisation des Zollvereins, und die stufenweise Ermäßigung der Twist-
zölle durch den Uebergang zur Tagesordnung beseitigt worden sind.

Sieht man in dem Buche nach, so findet man unter den Formen volks-
wirthschaftlicher Unfreiheit die Beschränkung des freien Mitbewerbens zwischen
Völkern durch Verbotszölle, Schutzzölle, Differentialabgaben neben der Scla-
verei. Leibeigenschaft und Fröhnerei. neben dem Zunftzwang und der Beschrän-


Grenzboten IV. 1861, 18
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[0147] und Arbeit demselben einverleibt. Er fühlt jedoch bald, daß dies nicht wol angeht, und unterscheidet daher „Naturcapital" und „persönliches Capital" von dem, was man sonst Capital zu nennen Pflegt, den Dingen, die aus menschlicher Arbeit entstanden und angesammelt, zu Zwecken der Production dienen (S. 41. 49, 52). Dabei zeigt der Verfasser den einfachen Weg, allem Streit über die Capitaleigenschaft eine Ende zu machen; man darf nur seine Definition allgemein annehmen — daß Capital die productive Zweckbeziehung eines Gegenstandes bezeichne. In der That hat aller Streit ein Ende, wenn die Verschiedenheit der Meinungen aufhört. Weniger richtig ist, wenn H. sah. meint (S. 51), der Uebergang von dem Vermögen eines Rentners an einen Geschäftsmann trage zur Capitalbildung eben so bei, wie der Uebergang von Lehengütern in freies Eigenthum. Das Vermögen des Rentners ist angelegt, sonst würde er keine Rente beziehen, und wenn es der Schwiegersohn zum Betriebe seiner Fabrik erhält, so berechnet er sich die Rente, welche vorher der Schwiegervater bezog. Nur in einzelnen Fällen trifft die Ansicht zu, wenn j. B. der Rentner ausländische Staatspapiere ins Ausland verkauft und sich mit dem Erlöse bei einem inländischen Unternehmen betheiligt. Uebrigens ist der theoretische Streit um die Grenzen der Wissenschaft und die Bestimmung ihrer Grundbegriffe nicht so schädlich, wie er aussieht. Er verschwindet, so¬ bald man an die einzelnen Zweige der wirthschaftlichen Thätigkeit kommt, an Landwirthschaft, Gewerbe und Handel. Besser wäre^allerdings. wenn er in einem Buche wie das vorliegende gar nicht vorkäme, denn er verwirrt die Leser, für welche man schreibt, und nimmt Raum in Anspruch, den man besser verwenden könnte. Mit Nutzen werden demnach Kaufleute besonders den zwei¬ ten Theil des Buches lesen: Gliederung des wirklichen Wirthschaftslebens, und es werden ihnen namentlich über Handel. Bankwesen und Krisen recht nütz¬ liche und gute Lehren gegeben. Wir würden hiermit die Besprechung des Buches schließen, wenn es uns nicht interessirt hätte, zu erfahren, wie die wissenschaftliche Ueberzeugung des Verfassers von der Einwirkung der Zölle auf Industrie und Handel mit seinem Austreten bei dem volkswirtschaftlichen Kongresse in Stuttgart übereinstimmt, wo er vor einigen Wochen neben den Praktikern als die wissenschaftliche Stütze der Particularisten und Schutzzöllner. wie der selige Stahl für die Junker, auf¬ getreten ist, und wo auf seine Anträge die Ernennung einer Commission für die Reorganisation des Zollvereins, und die stufenweise Ermäßigung der Twist- zölle durch den Uebergang zur Tagesordnung beseitigt worden sind. Sieht man in dem Buche nach, so findet man unter den Formen volks- wirthschaftlicher Unfreiheit die Beschränkung des freien Mitbewerbens zwischen Völkern durch Verbotszölle, Schutzzölle, Differentialabgaben neben der Scla- verei. Leibeigenschaft und Fröhnerei. neben dem Zunftzwang und der Beschrän- Grenzboten IV. 1861, 18

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/147>, abgerufen am 28.12.2024.