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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Zahl der Mannschaft vertheilt werden. Würde man diese Abgabe heute in
Bremen und Hamburg einführen, so würde deren Ertrag in ersterer Stadt
über 200,000 Thlr., in Hamburg über 800.000 Thlr. ergeben -- Summen,
die doch um Vieles größer als dasjenige sind, was jetzt von den beiden
Hansestädten um ihrer selbst und um Deutschlands willen gefordert wird.

Die Frage, welche man in Bremen aufgeworfen hat, "ob dieser Staat
zehn Kanonendampfschiffe halten könne"? muß man mit einem entschiedenen
Ja! beantworten. Viel eher ließe sich die Frage aufwerfen, ob man nicht in
Bremen daran zu denken habe, zugleich eine aus größeren Schiffen bestehende
Flotille zu begründen?

Für den Augenblick wird daran indeß schwerlich gedacht werden. Viel¬
mehr werden in den freien Städten noch Stimmen laut, welche, indem sie
die Nothwendigkeit jener Schraubenbootflolille zugeben, doch die Kosten der
Herstellung und Unterhaltung derselben gerne dem Bund überweisen möchten.

Wenn noch ein Zweifel über das Verhältniß des Bundes zu der Frage
der Küstenvertheidigung aufkommen könnte, so wäre derselbe wol durch die
neuesten Bundesverhandlnngen gelöst.

Am 12. Juli 1860 legte Preußen in Verbindung mit mehreren andern
Küstensiaatcn der Bundesversammlung sehr eingehende von Technikern ent¬
worfene Denkschriften über die Vertheidigung der außerpreußischen Küsten
Deutschlands vor, und fügte dann noch später das vollständige Material zur
Beurtheilung selbst der Details hinzu. Aber erst unterm 11. Juli 1861. also
genau ein ganzes Jahr später, und erst in Folge des Andrängens von Preußen,
erstattet die Militärcommission einen Bericht; derselbe enthält aber nicht etwa
den Antrag, zum Bau der in Frage stehenden Befestigungen und Flotillen zu
schreiten, sondern daß eine Commission die allgemeinen Umrisse der frag¬
lichen Vertheidigungsanstalten feststelle und darüber "in möglichster Bälde"
berichte. Diese neue Berichts-Commission soll aus den Bevollmächtigten der
Uferstaaten und jeder Regierung, welche Bevollmächtigte senden
will (und zwar alle mit gleichem Stimmrechte) bestehen.

Die Bundesversammlung ist, ehe sie über die Bildung dieser Monstre-
commission Beschluß gefaßt hat, in die Ferien gegangen. Künftiges Jahr
wird vielleicht jene Conmiissio" gebildet werden, und das Ende wird bei dieser
Geschäftsbehandlung schwerlich in einem Jahrzehend abzusehen sein.

In einer Nationalangelegenheit, die wegen der gespannten Verhältnisse
zu Dänemark bei der drohenden Gesammtlage Europas dringlich ist. kann
auf Beschlüsse des Bundestags nicht gewartet werden. Eine Verweisung an
den Bundestag steht einer Verweisung auf die "Griechischen Knienden" oder
Nach deutschem Sprachgebrauch zu "Pfingsten auf dem Eise" gleich.

Ueberdies liegt dem Wunsche, daß die Kosten einer Küstenflotille der


Vrenzbotcn III. 1S61, 62

Zahl der Mannschaft vertheilt werden. Würde man diese Abgabe heute in
Bremen und Hamburg einführen, so würde deren Ertrag in ersterer Stadt
über 200,000 Thlr., in Hamburg über 800.000 Thlr. ergeben — Summen,
die doch um Vieles größer als dasjenige sind, was jetzt von den beiden
Hansestädten um ihrer selbst und um Deutschlands willen gefordert wird.

Die Frage, welche man in Bremen aufgeworfen hat, „ob dieser Staat
zehn Kanonendampfschiffe halten könne"? muß man mit einem entschiedenen
Ja! beantworten. Viel eher ließe sich die Frage aufwerfen, ob man nicht in
Bremen daran zu denken habe, zugleich eine aus größeren Schiffen bestehende
Flotille zu begründen?

Für den Augenblick wird daran indeß schwerlich gedacht werden. Viel¬
mehr werden in den freien Städten noch Stimmen laut, welche, indem sie
die Nothwendigkeit jener Schraubenbootflolille zugeben, doch die Kosten der
Herstellung und Unterhaltung derselben gerne dem Bund überweisen möchten.

Wenn noch ein Zweifel über das Verhältniß des Bundes zu der Frage
der Küstenvertheidigung aufkommen könnte, so wäre derselbe wol durch die
neuesten Bundesverhandlnngen gelöst.

Am 12. Juli 1860 legte Preußen in Verbindung mit mehreren andern
Küstensiaatcn der Bundesversammlung sehr eingehende von Technikern ent¬
worfene Denkschriften über die Vertheidigung der außerpreußischen Küsten
Deutschlands vor, und fügte dann noch später das vollständige Material zur
Beurtheilung selbst der Details hinzu. Aber erst unterm 11. Juli 1861. also
genau ein ganzes Jahr später, und erst in Folge des Andrängens von Preußen,
erstattet die Militärcommission einen Bericht; derselbe enthält aber nicht etwa
den Antrag, zum Bau der in Frage stehenden Befestigungen und Flotillen zu
schreiten, sondern daß eine Commission die allgemeinen Umrisse der frag¬
lichen Vertheidigungsanstalten feststelle und darüber „in möglichster Bälde"
berichte. Diese neue Berichts-Commission soll aus den Bevollmächtigten der
Uferstaaten und jeder Regierung, welche Bevollmächtigte senden
will (und zwar alle mit gleichem Stimmrechte) bestehen.

Die Bundesversammlung ist, ehe sie über die Bildung dieser Monstre-
commission Beschluß gefaßt hat, in die Ferien gegangen. Künftiges Jahr
wird vielleicht jene Conmiissio» gebildet werden, und das Ende wird bei dieser
Geschäftsbehandlung schwerlich in einem Jahrzehend abzusehen sein.

In einer Nationalangelegenheit, die wegen der gespannten Verhältnisse
zu Dänemark bei der drohenden Gesammtlage Europas dringlich ist. kann
auf Beschlüsse des Bundestags nicht gewartet werden. Eine Verweisung an
den Bundestag steht einer Verweisung auf die „Griechischen Knienden" oder
Nach deutschem Sprachgebrauch zu „Pfingsten auf dem Eise" gleich.

Ueberdies liegt dem Wunsche, daß die Kosten einer Küstenflotille der


Vrenzbotcn III. 1S61, 62
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[0499] Zahl der Mannschaft vertheilt werden. Würde man diese Abgabe heute in Bremen und Hamburg einführen, so würde deren Ertrag in ersterer Stadt über 200,000 Thlr., in Hamburg über 800.000 Thlr. ergeben — Summen, die doch um Vieles größer als dasjenige sind, was jetzt von den beiden Hansestädten um ihrer selbst und um Deutschlands willen gefordert wird. Die Frage, welche man in Bremen aufgeworfen hat, „ob dieser Staat zehn Kanonendampfschiffe halten könne"? muß man mit einem entschiedenen Ja! beantworten. Viel eher ließe sich die Frage aufwerfen, ob man nicht in Bremen daran zu denken habe, zugleich eine aus größeren Schiffen bestehende Flotille zu begründen? Für den Augenblick wird daran indeß schwerlich gedacht werden. Viel¬ mehr werden in den freien Städten noch Stimmen laut, welche, indem sie die Nothwendigkeit jener Schraubenbootflolille zugeben, doch die Kosten der Herstellung und Unterhaltung derselben gerne dem Bund überweisen möchten. Wenn noch ein Zweifel über das Verhältniß des Bundes zu der Frage der Küstenvertheidigung aufkommen könnte, so wäre derselbe wol durch die neuesten Bundesverhandlnngen gelöst. Am 12. Juli 1860 legte Preußen in Verbindung mit mehreren andern Küstensiaatcn der Bundesversammlung sehr eingehende von Technikern ent¬ worfene Denkschriften über die Vertheidigung der außerpreußischen Küsten Deutschlands vor, und fügte dann noch später das vollständige Material zur Beurtheilung selbst der Details hinzu. Aber erst unterm 11. Juli 1861. also genau ein ganzes Jahr später, und erst in Folge des Andrängens von Preußen, erstattet die Militärcommission einen Bericht; derselbe enthält aber nicht etwa den Antrag, zum Bau der in Frage stehenden Befestigungen und Flotillen zu schreiten, sondern daß eine Commission die allgemeinen Umrisse der frag¬ lichen Vertheidigungsanstalten feststelle und darüber „in möglichster Bälde" berichte. Diese neue Berichts-Commission soll aus den Bevollmächtigten der Uferstaaten und jeder Regierung, welche Bevollmächtigte senden will (und zwar alle mit gleichem Stimmrechte) bestehen. Die Bundesversammlung ist, ehe sie über die Bildung dieser Monstre- commission Beschluß gefaßt hat, in die Ferien gegangen. Künftiges Jahr wird vielleicht jene Conmiissio» gebildet werden, und das Ende wird bei dieser Geschäftsbehandlung schwerlich in einem Jahrzehend abzusehen sein. In einer Nationalangelegenheit, die wegen der gespannten Verhältnisse zu Dänemark bei der drohenden Gesammtlage Europas dringlich ist. kann auf Beschlüsse des Bundestags nicht gewartet werden. Eine Verweisung an den Bundestag steht einer Verweisung auf die „Griechischen Knienden" oder Nach deutschem Sprachgebrauch zu „Pfingsten auf dem Eise" gleich. Ueberdies liegt dem Wunsche, daß die Kosten einer Küstenflotille der Vrenzbotcn III. 1S61, 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/499>, abgerufen am 23.12.2024.