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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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denkt, dann freilich wird die dänische Negierung jihren Marineetat auf etwa
6 Mill.. die französische aus etwa 100 Mill. und noch höher berechnen müssen,
und will man die Zinsen der Anschaffungskosten anrechnen, so kann man
diese Summen noch bedeutend erhöhen.

Will man die Kosten einer Marine berechnen, so muß man, wie bei
dem Landmilitärwesen, vor Allem den Kriegs- und Friedcnsetat unterscheiden
und den letzteren, da nach den bisherigen Erfahrungen der Krieg die Aus¬
nahme bildet, als den regelmäßigen betrachten.

Der Kriegsetat entzieht sich der Natur der Sache nach jeder genauen
Veranschlagung, selbst dann, wenn man sich schon im Kriege befindet. Man
kann die Wechselfälle desselben nicht berechnen. Im Kriege können die Kosten
selbst einer kleinen Kanoncnbootflotille wol auf 270,000 Thlr. steigen.

Es handelt sich aber darum, zu wissen, wie hoch nicht die außerordentliche,
sondern die regelmäßige Ausgabe ist. Dieselbe ist deshalb viel niedriger, weil
man im Frieden nur so viel Schiffe in Dienst zu stellen braucht als zur
Uebung der Offiziere und Mannschaften erforderlich ist. Von beiden unter¬
hält man im Frieden nur die Cadres und rechnet darauf, im Fall eines
Krieges die Lücke mit Hülfe der Handelsflotte rasch auszufüllen. Diese Er¬
wartung pflegt, so lange die Kriegsflotte nicht an die Größe der Handelsflotte
heranreicht, schon deshalb nicht getäuscht zu werden, weil beim Ausbruch
eines Krieges immer ein Theil der Handelsflotte in Folge der zugleich eintre¬
tenden Verminderung der Verkehrsbedürfnisse seine Fahrten einstellt.

Wenn man 10 Kanonenboote besitzt, so wird man daher jährlich etwa
Zwei, und nicht für das ganze Jahr, sondern für drei bis sechs Monate in
Dienst stellen. Auf diese Weise wird man nach und nach mehr als eine ge¬
nügende Anzahl der Mannschaft für alle Schiffe eingeübt erhalten. Im Noth¬
fall geht dem Ausbruche eines Krieges und nach dessen Ausbruche der Ver¬
wendung der Schiffe noch eine zur raschen Einübung der Mannschaften
ausreichende Zeit vorauf. Dieselben werden neuerer Zeit bei dem Geschütz
schon in acht Wochen regelmäßig so vollständig ausexercirt. daß sie Alles zu
leisten vermögen, was im Gefecht von ihnen gefordert wird. Es ist hiermit,
da der Matrose einen wesentlichen Theil der militärischen Ausbildung, die
nautische Fertigkeit und die Disciplin, schon aus der Handelsmarine mitbringt,
anders als bei der Landarmee. Eine mehrjährige Ausbildung bedürfen in
der Kriegsmarine namentlich nur die Geschntzcommandeure (Unteroffiziere).

Werden jährlich die Mannschaften zweier Kanoltcnboote eingeübt, so hat
Man schon in fünf Jahren geübte Matrosen für alle Schiffe.

Was ferner das Offizierspcrsonal betrifft, so pflegt man während des Frie¬
dens nicht so viele Offiziere zu haben, als mau im Kriege braucht; man
^ehret vielmehr auch in dieser Beziehung aus die Handelsmarine, als die


denkt, dann freilich wird die dänische Negierung jihren Marineetat auf etwa
6 Mill.. die französische aus etwa 100 Mill. und noch höher berechnen müssen,
und will man die Zinsen der Anschaffungskosten anrechnen, so kann man
diese Summen noch bedeutend erhöhen.

Will man die Kosten einer Marine berechnen, so muß man, wie bei
dem Landmilitärwesen, vor Allem den Kriegs- und Friedcnsetat unterscheiden
und den letzteren, da nach den bisherigen Erfahrungen der Krieg die Aus¬
nahme bildet, als den regelmäßigen betrachten.

Der Kriegsetat entzieht sich der Natur der Sache nach jeder genauen
Veranschlagung, selbst dann, wenn man sich schon im Kriege befindet. Man
kann die Wechselfälle desselben nicht berechnen. Im Kriege können die Kosten
selbst einer kleinen Kanoncnbootflotille wol auf 270,000 Thlr. steigen.

Es handelt sich aber darum, zu wissen, wie hoch nicht die außerordentliche,
sondern die regelmäßige Ausgabe ist. Dieselbe ist deshalb viel niedriger, weil
man im Frieden nur so viel Schiffe in Dienst zu stellen braucht als zur
Uebung der Offiziere und Mannschaften erforderlich ist. Von beiden unter¬
hält man im Frieden nur die Cadres und rechnet darauf, im Fall eines
Krieges die Lücke mit Hülfe der Handelsflotte rasch auszufüllen. Diese Er¬
wartung pflegt, so lange die Kriegsflotte nicht an die Größe der Handelsflotte
heranreicht, schon deshalb nicht getäuscht zu werden, weil beim Ausbruch
eines Krieges immer ein Theil der Handelsflotte in Folge der zugleich eintre¬
tenden Verminderung der Verkehrsbedürfnisse seine Fahrten einstellt.

Wenn man 10 Kanonenboote besitzt, so wird man daher jährlich etwa
Zwei, und nicht für das ganze Jahr, sondern für drei bis sechs Monate in
Dienst stellen. Auf diese Weise wird man nach und nach mehr als eine ge¬
nügende Anzahl der Mannschaft für alle Schiffe eingeübt erhalten. Im Noth¬
fall geht dem Ausbruche eines Krieges und nach dessen Ausbruche der Ver¬
wendung der Schiffe noch eine zur raschen Einübung der Mannschaften
ausreichende Zeit vorauf. Dieselben werden neuerer Zeit bei dem Geschütz
schon in acht Wochen regelmäßig so vollständig ausexercirt. daß sie Alles zu
leisten vermögen, was im Gefecht von ihnen gefordert wird. Es ist hiermit,
da der Matrose einen wesentlichen Theil der militärischen Ausbildung, die
nautische Fertigkeit und die Disciplin, schon aus der Handelsmarine mitbringt,
anders als bei der Landarmee. Eine mehrjährige Ausbildung bedürfen in
der Kriegsmarine namentlich nur die Geschntzcommandeure (Unteroffiziere).

Werden jährlich die Mannschaften zweier Kanoltcnboote eingeübt, so hat
Man schon in fünf Jahren geübte Matrosen für alle Schiffe.

Was ferner das Offizierspcrsonal betrifft, so pflegt man während des Frie¬
dens nicht so viele Offiziere zu haben, als mau im Kriege braucht; man
^ehret vielmehr auch in dieser Beziehung aus die Handelsmarine, als die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/495>, abgerufen am 22.07.2024.