Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.ohne deren Anweisung bei den Kriegskassen weder Gelder ausbezahlt noch ohne deren Anweisung bei den Kriegskassen weder Gelder ausbezahlt noch <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0426" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112396"/> <p xml:id="ID_1387" prev="#ID_1386" next="#ID_1388"> ohne deren Anweisung bei den Kriegskassen weder Gelder ausbezahlt noch<lb/> einkassirt. noch Lebensmittel. Waffen und Munition an die Truppen verab¬<lb/> folgt, bei diesen verwendet oder abgeliefert werden dürfen. Der Kommissar<lb/> bestätigt die Nichtigkeit der Rechnungen und der denselben beigelegten Docu-<lb/> mente. fertigt die Marschrouten, Quartierentwürfe und ähnliche Acte, fungirt<lb/> bei verschiedenen Commissionen, bestimmt die für gewisse Fälle zu erfolgenden<lb/> Gebühren, kurz er ist die Person, ohne deren Unterschrift kein administrativer<lb/> Act zur Vollziehung gelangen darf. Sein Wirkungskreis ist also ebenso aus¬<lb/> gedehnt, als seine Stellung einträglich und angesehen. Aber die Bedingungen<lb/> zur Erlangung eines solchen Postens und die mit selbem verbundene Verant¬<lb/> wortlichkeit halten mit den Vortheilen der Stellung keineswegs gleichen Schritt.<lb/> Obgleich der Commissär in vielen Fällen die Dienste eines Notars versieht,<lb/> werden von ihm keine juridischen Kenntnisse verlangt, eben so wenig braucht er<lb/> bei der Dienstleistung in einem Verpflegsmagazin, Zeughause, einer Monturs-<lb/> commission u. tgi. in diesen Fächern bewandert zu sein. Ein zweijähriger<lb/> Lehrcurs. dessen Candidaten oft mehr durch Protection. als nach ihren Fähig¬<lb/> keiten ausgewählt werden, und in welchem außer der Kenntniß der Heeres¬<lb/> organisation und der administrativen Gesetze wenig Gründliches gelehrt wird,<lb/> befähigt die Aspiranten (Offiziere und Verpflcgsbeamte) zur Anstellung im<lb/> Kriegscommissariat. Der Commissär soll die ihm vorgelegten Rechnungen erst<lb/> nach genauer Prüfung bestätigen und die nicht gebührenden Geldbezüge streichen<lb/> oder verringern. Aber „auch Commissäre können irren" und bei einem später<lb/> entdeckten Fehler sind nicht sie, sondern die ursprünglichen Rechnungsleger<lb/> verantwortlich. Ja. es ist schon oft vorgekommen, daß der Commissär auf<lb/> eine Anfrage über eine zweifelhafte Geldgcbühr bejahend antwortete, ja direct<lb/> zur Aufrechnung aufforderte, später aber nicht er, sondern die betreffende Partei<lb/> zur Rückzahlung angehalten wurde. Die fast zahllosen, seit einer Reihe von<lb/> 50—60 Jahren erflossenen, sich gegenseitig widersprechenden, aber noch immer<lb/> giltigen Verordnungen wären im Stande, auch den genialsten Kopf zu ver¬<lb/> wirren, und so kommt es. daß die Mehrzahl der Commissäre. stets nur gedanken¬<lb/> los dem todten Buchstaben der ihnen eben bekannten Vorschriften folgend, in<lb/> etwas schwierigen Fällen rathlos dasteht und dann aus lauter Gewissenhastig'<lb/> keit die größten Ungeheuerlichkeiten begeht. Nur Wenige können sich so weit<lb/> erheben, um einfach nach ihrem besten Ermessen zu handeln. Was einzelne<lb/> Individuen auf dem Gebiete der Absurdität bereits geleistet haben und was<lb/> man überhaupt bei diesen Leuten für möglich hält, zeigen die zahlreichen Anek¬<lb/> doten, die man in den meisten Garnisonen von dem Kriegscommissar des Ortes<lb/> zu erzählen weiß. Man erinnere sich nur der köstlichen Geschichte von dem<lb/> Manne mit den großen Füßen, für den der Commissär den Ankauf eigener<lb/> Schuhe, welche 3 Gulden gekostet hätten, als ungesetzlich verweigerte. dafM</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0426]
ohne deren Anweisung bei den Kriegskassen weder Gelder ausbezahlt noch
einkassirt. noch Lebensmittel. Waffen und Munition an die Truppen verab¬
folgt, bei diesen verwendet oder abgeliefert werden dürfen. Der Kommissar
bestätigt die Nichtigkeit der Rechnungen und der denselben beigelegten Docu-
mente. fertigt die Marschrouten, Quartierentwürfe und ähnliche Acte, fungirt
bei verschiedenen Commissionen, bestimmt die für gewisse Fälle zu erfolgenden
Gebühren, kurz er ist die Person, ohne deren Unterschrift kein administrativer
Act zur Vollziehung gelangen darf. Sein Wirkungskreis ist also ebenso aus¬
gedehnt, als seine Stellung einträglich und angesehen. Aber die Bedingungen
zur Erlangung eines solchen Postens und die mit selbem verbundene Verant¬
wortlichkeit halten mit den Vortheilen der Stellung keineswegs gleichen Schritt.
Obgleich der Commissär in vielen Fällen die Dienste eines Notars versieht,
werden von ihm keine juridischen Kenntnisse verlangt, eben so wenig braucht er
bei der Dienstleistung in einem Verpflegsmagazin, Zeughause, einer Monturs-
commission u. tgi. in diesen Fächern bewandert zu sein. Ein zweijähriger
Lehrcurs. dessen Candidaten oft mehr durch Protection. als nach ihren Fähig¬
keiten ausgewählt werden, und in welchem außer der Kenntniß der Heeres¬
organisation und der administrativen Gesetze wenig Gründliches gelehrt wird,
befähigt die Aspiranten (Offiziere und Verpflcgsbeamte) zur Anstellung im
Kriegscommissariat. Der Commissär soll die ihm vorgelegten Rechnungen erst
nach genauer Prüfung bestätigen und die nicht gebührenden Geldbezüge streichen
oder verringern. Aber „auch Commissäre können irren" und bei einem später
entdeckten Fehler sind nicht sie, sondern die ursprünglichen Rechnungsleger
verantwortlich. Ja. es ist schon oft vorgekommen, daß der Commissär auf
eine Anfrage über eine zweifelhafte Geldgcbühr bejahend antwortete, ja direct
zur Aufrechnung aufforderte, später aber nicht er, sondern die betreffende Partei
zur Rückzahlung angehalten wurde. Die fast zahllosen, seit einer Reihe von
50—60 Jahren erflossenen, sich gegenseitig widersprechenden, aber noch immer
giltigen Verordnungen wären im Stande, auch den genialsten Kopf zu ver¬
wirren, und so kommt es. daß die Mehrzahl der Commissäre. stets nur gedanken¬
los dem todten Buchstaben der ihnen eben bekannten Vorschriften folgend, in
etwas schwierigen Fällen rathlos dasteht und dann aus lauter Gewissenhastig'
keit die größten Ungeheuerlichkeiten begeht. Nur Wenige können sich so weit
erheben, um einfach nach ihrem besten Ermessen zu handeln. Was einzelne
Individuen auf dem Gebiete der Absurdität bereits geleistet haben und was
man überhaupt bei diesen Leuten für möglich hält, zeigen die zahlreichen Anek¬
doten, die man in den meisten Garnisonen von dem Kriegscommissar des Ortes
zu erzählen weiß. Man erinnere sich nur der köstlichen Geschichte von dem
Manne mit den großen Füßen, für den der Commissär den Ankauf eigener
Schuhe, welche 3 Gulden gekostet hätten, als ungesetzlich verweigerte. dafM
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |