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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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(p. 436 vgl. 305).") Mit diesen Anschauungen aufs innigste verknüpft ist
die ausgesprochene Vorliebe des Verfassers für die Vereinigten Staaten:
"Sieht man den Amerikaner vom Morgen bis Abend bei seinen Geschäften,
immer bemüht Reichthümer auf Reichthümer zu häufen, immer aus neue Un¬
ternehmungen, auf größere Vortheile sinnend, so könnte man glauben. Leute
solcher Art würden sich nicht um öffentliche Angelegenheiten kümmern. Hört
man wie dieselben Leute die öffentlichen Angelegenheiten ihres Ortes und
ihrer Grafschaft, ihres Staates und der Union besprechen, sieht man. wie
sie sich bei allen menschlichen Angelegenheiten in Betreff der Religion, der Er¬
ziehung und des Rechtes betheiligen, so könnte man im Gegentheil versucht
sein zu glauben. Leute ^solchen Treibens hätten keine Privatgeschäfte, oder
opferten die eigenen Vortheile dem öffentlichen Wohle. Die eine wie die
andere Ansicht würde auf Irrthum beruhen, auf Unkenntniß von Land und
Leuten.

Der Amerikaner kennt die innige Verbindung des öffentlichen und bürger¬
lichen Lebens, er weiß, daß das letztere ein bloßer Ausfluß ist des ersteren,
wie sein eigenes Wohl unzertrennlich mit dem öffentlichen Wohle zusammen¬
hängt" (x. 170, vgl. auch noch p. 358). "Der Staat Kalifornien ist ein
erhebendes, ein einziges Schauspiel in der ganzen Weltgeschichte; nur die
fabelhafte Gründung und das Emporwachsen Roms aus zusammengelaufenen
Rotten vermag hiermit verglichen zu werden" (p. 167). Es ist damit doch
wohl etwas idealisirt; und in einer zweiten Auflage, die wir dem Buche von
Herzen wünschen und gönnen, sollte, denken wir. der Verfasser an der Hand
der allerneuesten Begebenheiten die allzulichten und glänzenden Farben etwas
dämpfen.

Versuchen wir nunmehr den Gang des Buches in aller Kürze zu skizziren.
Der eigentliche Ausgangspunkt der Verwicklungen Englands mit dem Reich
der Mitte war das Aufhören des Monopols, welches die ostindische Compagnie
tur den englisch, chinesischen Handel besessen hatte, im Jahr 1334. Die chi¬
nesische Regierung beschränkte grundsätzlich den Handel mit Fremden und ge¬
stattete ihn nur verantwortlichen chinesischen Compagnien (den sogenannten
Hong. richtiger Paohing. d. h. Sicherheitskaufleuten). Die Fremden durften
kein Grundeigenthum erwerben und waren auf jedem Punkt überwacht und
"usspionirt. So lange nun der chinesischen Regierung eine bloße Handelsge¬
sellschaft gegenüberstand, der es nur um Gewinn zu thun war, konnte man
diese ungestraft schmählich behandeln. Anders seit ein hoher englischer Be-
"Meer (zuerst Lord Napier) Aufseher in China geworden war, dem die chine-
s'sche Negierung den Aufenthalt in Canton (statt in Macao) und den directen



*) Auch in der Vorrede und Einleitung zu sehnet'erger's Reisen hat der Verfasser man-
"'gfache Gelegenheiten benutzt. uns über seinen Standpunkt im Allgemeinen aufzuklären.
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(p. 436 vgl. 305).") Mit diesen Anschauungen aufs innigste verknüpft ist
die ausgesprochene Vorliebe des Verfassers für die Vereinigten Staaten:
„Sieht man den Amerikaner vom Morgen bis Abend bei seinen Geschäften,
immer bemüht Reichthümer auf Reichthümer zu häufen, immer aus neue Un¬
ternehmungen, auf größere Vortheile sinnend, so könnte man glauben. Leute
solcher Art würden sich nicht um öffentliche Angelegenheiten kümmern. Hört
man wie dieselben Leute die öffentlichen Angelegenheiten ihres Ortes und
ihrer Grafschaft, ihres Staates und der Union besprechen, sieht man. wie
sie sich bei allen menschlichen Angelegenheiten in Betreff der Religion, der Er¬
ziehung und des Rechtes betheiligen, so könnte man im Gegentheil versucht
sein zu glauben. Leute ^solchen Treibens hätten keine Privatgeschäfte, oder
opferten die eigenen Vortheile dem öffentlichen Wohle. Die eine wie die
andere Ansicht würde auf Irrthum beruhen, auf Unkenntniß von Land und
Leuten.

Der Amerikaner kennt die innige Verbindung des öffentlichen und bürger¬
lichen Lebens, er weiß, daß das letztere ein bloßer Ausfluß ist des ersteren,
wie sein eigenes Wohl unzertrennlich mit dem öffentlichen Wohle zusammen¬
hängt" (x. 170, vgl. auch noch p. 358). „Der Staat Kalifornien ist ein
erhebendes, ein einziges Schauspiel in der ganzen Weltgeschichte; nur die
fabelhafte Gründung und das Emporwachsen Roms aus zusammengelaufenen
Rotten vermag hiermit verglichen zu werden" (p. 167). Es ist damit doch
wohl etwas idealisirt; und in einer zweiten Auflage, die wir dem Buche von
Herzen wünschen und gönnen, sollte, denken wir. der Verfasser an der Hand
der allerneuesten Begebenheiten die allzulichten und glänzenden Farben etwas
dämpfen.

Versuchen wir nunmehr den Gang des Buches in aller Kürze zu skizziren.
Der eigentliche Ausgangspunkt der Verwicklungen Englands mit dem Reich
der Mitte war das Aufhören des Monopols, welches die ostindische Compagnie
tur den englisch, chinesischen Handel besessen hatte, im Jahr 1334. Die chi¬
nesische Regierung beschränkte grundsätzlich den Handel mit Fremden und ge¬
stattete ihn nur verantwortlichen chinesischen Compagnien (den sogenannten
Hong. richtiger Paohing. d. h. Sicherheitskaufleuten). Die Fremden durften
kein Grundeigenthum erwerben und waren auf jedem Punkt überwacht und
«usspionirt. So lange nun der chinesischen Regierung eine bloße Handelsge¬
sellschaft gegenüberstand, der es nur um Gewinn zu thun war, konnte man
diese ungestraft schmählich behandeln. Anders seit ein hoher englischer Be-
«Meer (zuerst Lord Napier) Aufseher in China geworden war, dem die chine-
s'sche Negierung den Aufenthalt in Canton (statt in Macao) und den directen



*) Auch in der Vorrede und Einleitung zu sehnet'erger's Reisen hat der Verfasser man-
"'gfache Gelegenheiten benutzt. uns über seinen Standpunkt im Allgemeinen aufzuklären.
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[0341] (p. 436 vgl. 305).") Mit diesen Anschauungen aufs innigste verknüpft ist die ausgesprochene Vorliebe des Verfassers für die Vereinigten Staaten: „Sieht man den Amerikaner vom Morgen bis Abend bei seinen Geschäften, immer bemüht Reichthümer auf Reichthümer zu häufen, immer aus neue Un¬ ternehmungen, auf größere Vortheile sinnend, so könnte man glauben. Leute solcher Art würden sich nicht um öffentliche Angelegenheiten kümmern. Hört man wie dieselben Leute die öffentlichen Angelegenheiten ihres Ortes und ihrer Grafschaft, ihres Staates und der Union besprechen, sieht man. wie sie sich bei allen menschlichen Angelegenheiten in Betreff der Religion, der Er¬ ziehung und des Rechtes betheiligen, so könnte man im Gegentheil versucht sein zu glauben. Leute ^solchen Treibens hätten keine Privatgeschäfte, oder opferten die eigenen Vortheile dem öffentlichen Wohle. Die eine wie die andere Ansicht würde auf Irrthum beruhen, auf Unkenntniß von Land und Leuten. Der Amerikaner kennt die innige Verbindung des öffentlichen und bürger¬ lichen Lebens, er weiß, daß das letztere ein bloßer Ausfluß ist des ersteren, wie sein eigenes Wohl unzertrennlich mit dem öffentlichen Wohle zusammen¬ hängt" (x. 170, vgl. auch noch p. 358). „Der Staat Kalifornien ist ein erhebendes, ein einziges Schauspiel in der ganzen Weltgeschichte; nur die fabelhafte Gründung und das Emporwachsen Roms aus zusammengelaufenen Rotten vermag hiermit verglichen zu werden" (p. 167). Es ist damit doch wohl etwas idealisirt; und in einer zweiten Auflage, die wir dem Buche von Herzen wünschen und gönnen, sollte, denken wir. der Verfasser an der Hand der allerneuesten Begebenheiten die allzulichten und glänzenden Farben etwas dämpfen. Versuchen wir nunmehr den Gang des Buches in aller Kürze zu skizziren. Der eigentliche Ausgangspunkt der Verwicklungen Englands mit dem Reich der Mitte war das Aufhören des Monopols, welches die ostindische Compagnie tur den englisch, chinesischen Handel besessen hatte, im Jahr 1334. Die chi¬ nesische Regierung beschränkte grundsätzlich den Handel mit Fremden und ge¬ stattete ihn nur verantwortlichen chinesischen Compagnien (den sogenannten Hong. richtiger Paohing. d. h. Sicherheitskaufleuten). Die Fremden durften kein Grundeigenthum erwerben und waren auf jedem Punkt überwacht und «usspionirt. So lange nun der chinesischen Regierung eine bloße Handelsge¬ sellschaft gegenüberstand, der es nur um Gewinn zu thun war, konnte man diese ungestraft schmählich behandeln. Anders seit ein hoher englischer Be- «Meer (zuerst Lord Napier) Aufseher in China geworden war, dem die chine- s'sche Negierung den Aufenthalt in Canton (statt in Macao) und den directen *) Auch in der Vorrede und Einleitung zu sehnet'erger's Reisen hat der Verfasser man- "'gfache Gelegenheiten benutzt. uns über seinen Standpunkt im Allgemeinen aufzuklären. * 42

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/341>, abgerufen am 23.12.2024.