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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Unser Adel.
1.

An meine sämmtlichen Beamten und Dienerschaft, die mein Brod essen,
und denen mich Gott zum Herrn gesetzt*) Folgen die Namen.......

Jeder, der es gelesen, schreibe seinen Namen in aller Unterthänigkeit ne¬
benan -- damit ich mich überzeuge, daß Jedem mein Wille bekannt geworden
ist. und daß Selbige auch die ihnen unterordneten Leute dazu anhalten werden. --

Da die guten alten Sitten der Hahnschen durch die vielen neuen aus¬
ländischen Beamten und Diener, welche anzunehmen ich mich leider genöthigt
sehe, da viele der eingebornen Hahnschen ihr Amt untreu warteten, immer
mehr schwinden -- auch von denen, die noch unter meinen hochverehrten, in
Gott ruhenden seligen Eltern gedient haben, nicht mehr aufrecht erhalten
werden, so bemerke ich -- von Gott als der Herr über die von mir abhängigen
Bediensteten eingesetzt -- durch das Recht und die Pflicht, die die Herrschaft
hat. Ehrerbietung und Untertänigkeit in Wort und Werk von ihren Beamten
und Dienern entgegen zu nehmen, Folgendes:

Jeder Beamter oder Diener, der dem Tagelöhner an Bildung überlegen,
und wiederum über Andere nur Untergebene gesetzt ist, um sie in Gottesfurcht
ZU treuem unterthänigen Dienste anzuhalten -- hat eine doppelte Verpflichtung,
solchen Dienst nicht nach seinem natürlichen Menschen als eine Erniedrigung,
ändern in der rechten Christentreue als eine höchst wichtige Pflicht seines
Berufs anzusehen, und wenn sein Herz in der rechten Ehrerbietung, Dienst-
ergebenheit, Gehorsam. Liebe und Werthschätzung zu seiner Herrschaft steht.
Wie uns das vierte Gebot gelehrt, um sich dadurch den Segen desselben zu
erwerben, wird er auch um Gottes Willen die guten alten Hahnschen Sitten,
die Untertänigkeit in Wort und Werk von Herzen seiner Herrschaft darbringen.

1) Wenn eine in meinem Dienst stehende Person der Herrschaft eine
Meldung zu bringen hat, oder zu kommen befohlen ist, hat selbige mit an-
ständiger züchtiger Manier, an der Thür stehen bleibend, die Hände auf dem


') Das nachfolgende Schriftstück ist nicht, wie man vermuthen sollte, aus der guten al-
sondern aus der allerneuesten Zeit. Das "Hahnsche" ist eine jener Herrschaften im ge>
>°sucker Lande Mecklenburg, deren Besitzer das Bewußtsein haben, wenigstens halbe Souverän"
sein. Im Uebrigen spricht das Document seinen Charakter zu deutlich aus. als dß ta"
aew
D. R. trüber zu bemerken wäre.
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Unser Adel.
1.

An meine sämmtlichen Beamten und Dienerschaft, die mein Brod essen,
und denen mich Gott zum Herrn gesetzt*) Folgen die Namen.......

Jeder, der es gelesen, schreibe seinen Namen in aller Unterthänigkeit ne¬
benan — damit ich mich überzeuge, daß Jedem mein Wille bekannt geworden
ist. und daß Selbige auch die ihnen unterordneten Leute dazu anhalten werden. —

Da die guten alten Sitten der Hahnschen durch die vielen neuen aus¬
ländischen Beamten und Diener, welche anzunehmen ich mich leider genöthigt
sehe, da viele der eingebornen Hahnschen ihr Amt untreu warteten, immer
mehr schwinden — auch von denen, die noch unter meinen hochverehrten, in
Gott ruhenden seligen Eltern gedient haben, nicht mehr aufrecht erhalten
werden, so bemerke ich — von Gott als der Herr über die von mir abhängigen
Bediensteten eingesetzt — durch das Recht und die Pflicht, die die Herrschaft
hat. Ehrerbietung und Untertänigkeit in Wort und Werk von ihren Beamten
und Dienern entgegen zu nehmen, Folgendes:

Jeder Beamter oder Diener, der dem Tagelöhner an Bildung überlegen,
und wiederum über Andere nur Untergebene gesetzt ist, um sie in Gottesfurcht
ZU treuem unterthänigen Dienste anzuhalten — hat eine doppelte Verpflichtung,
solchen Dienst nicht nach seinem natürlichen Menschen als eine Erniedrigung,
ändern in der rechten Christentreue als eine höchst wichtige Pflicht seines
Berufs anzusehen, und wenn sein Herz in der rechten Ehrerbietung, Dienst-
ergebenheit, Gehorsam. Liebe und Werthschätzung zu seiner Herrschaft steht.
Wie uns das vierte Gebot gelehrt, um sich dadurch den Segen desselben zu
erwerben, wird er auch um Gottes Willen die guten alten Hahnschen Sitten,
die Untertänigkeit in Wort und Werk von Herzen seiner Herrschaft darbringen.

1) Wenn eine in meinem Dienst stehende Person der Herrschaft eine
Meldung zu bringen hat, oder zu kommen befohlen ist, hat selbige mit an-
ständiger züchtiger Manier, an der Thür stehen bleibend, die Hände auf dem


') Das nachfolgende Schriftstück ist nicht, wie man vermuthen sollte, aus der guten al-
sondern aus der allerneuesten Zeit. Das „Hahnsche" ist eine jener Herrschaften im ge>
>°sucker Lande Mecklenburg, deren Besitzer das Bewußtsein haben, wenigstens halbe Souverän«
sein. Im Uebrigen spricht das Document seinen Charakter zu deutlich aus. als dß ta«
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[0317] Unser Adel. 1. An meine sämmtlichen Beamten und Dienerschaft, die mein Brod essen, und denen mich Gott zum Herrn gesetzt*) Folgen die Namen....... Jeder, der es gelesen, schreibe seinen Namen in aller Unterthänigkeit ne¬ benan — damit ich mich überzeuge, daß Jedem mein Wille bekannt geworden ist. und daß Selbige auch die ihnen unterordneten Leute dazu anhalten werden. — Da die guten alten Sitten der Hahnschen durch die vielen neuen aus¬ ländischen Beamten und Diener, welche anzunehmen ich mich leider genöthigt sehe, da viele der eingebornen Hahnschen ihr Amt untreu warteten, immer mehr schwinden — auch von denen, die noch unter meinen hochverehrten, in Gott ruhenden seligen Eltern gedient haben, nicht mehr aufrecht erhalten werden, so bemerke ich — von Gott als der Herr über die von mir abhängigen Bediensteten eingesetzt — durch das Recht und die Pflicht, die die Herrschaft hat. Ehrerbietung und Untertänigkeit in Wort und Werk von ihren Beamten und Dienern entgegen zu nehmen, Folgendes: Jeder Beamter oder Diener, der dem Tagelöhner an Bildung überlegen, und wiederum über Andere nur Untergebene gesetzt ist, um sie in Gottesfurcht ZU treuem unterthänigen Dienste anzuhalten — hat eine doppelte Verpflichtung, solchen Dienst nicht nach seinem natürlichen Menschen als eine Erniedrigung, ändern in der rechten Christentreue als eine höchst wichtige Pflicht seines Berufs anzusehen, und wenn sein Herz in der rechten Ehrerbietung, Dienst- ergebenheit, Gehorsam. Liebe und Werthschätzung zu seiner Herrschaft steht. Wie uns das vierte Gebot gelehrt, um sich dadurch den Segen desselben zu erwerben, wird er auch um Gottes Willen die guten alten Hahnschen Sitten, die Untertänigkeit in Wort und Werk von Herzen seiner Herrschaft darbringen. 1) Wenn eine in meinem Dienst stehende Person der Herrschaft eine Meldung zu bringen hat, oder zu kommen befohlen ist, hat selbige mit an- ständiger züchtiger Manier, an der Thür stehen bleibend, die Hände auf dem ') Das nachfolgende Schriftstück ist nicht, wie man vermuthen sollte, aus der guten al- sondern aus der allerneuesten Zeit. Das „Hahnsche" ist eine jener Herrschaften im ge> >°sucker Lande Mecklenburg, deren Besitzer das Bewußtsein haben, wenigstens halbe Souverän« sein. Im Uebrigen spricht das Document seinen Charakter zu deutlich aus. als dß ta« aew D. R. trüber zu bemerken wäre. 39*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/317>, abgerufen am 03.07.2024.