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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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die Bestimmungen über den Kostenpunkt sind sehr human im Interesse der
Gläubiger gegen den Fiscus abgefaßt, ferner im Ganzen achtundzwanzig
Klassen von Gläubigern unterschieden und denselben zum Theil wahrhaft diabo¬
lische Beweise auferlegt. Andrerseits darf nicht verschwiegen werden, daß diese
Locatorie, obwol sie 520 Thlr. kostete, ziemlich flüchtig gearbeitet ist und sogar
grobe Actenwidrigkeiten enthält. So ist beispielweise einem Karl von Giesar
eine Post von 400 Fi. und eine von 500 Fi. zugesprochen, die derselbe gar nicht
liquidirt hatte, dem Stifte Lvirtae Naria.<z VirZ. zu Erfurt, welches 800 Fi.
liquidirt hatte, sind 1500 Fi. zuerkannt und dergleichen mehr.

Es wurde denn auch gegen diese Locatorie von allen Seiten Appellation
eingewendet und dieselbe somit vor der Hand nicht rechtskräftig.

In dieser Lage befand sich die Angelegenheit, als der größte Theil der
sächsischen Grafschaft Mansfeld im Jahre 1808 durch die Convention vom 19-
März desselben Jahres von Sachsen an das neuentstandene Königreich West-
phalen abgetreten wurde. Die näheren Bestimmungen dieser Convention ge¬
hören nicht hierher, es genügt nur das Eine zu erwähnen, daß Sachsen sich
in Art. 3 verbindlich machte, dem König von Westphalen den Genuß von
7/lo des Mansfeld'schen Bergwcrkszehnten, dessen Ertrag damals zu 11,660
Thlr. 16 Ngr. gemeinjährig angeschlagen wurde, frei von allen Ansprüchen
zu gewähren und zu diesem Zwecke statt seiner in den Proceß einzutreten,
den der Stadtrath zu Leipzig wegen einer im Liquidationstermine auf 4,169,562
Thlr. 6 Ngr. 2 Pf. angegebenen Capital- und Zinsensorderung aus Grund
eines ihm für diese Forderung zustehenden Retcntionsrechtes an den erwähnten
des Bcrgwcrkszehnten anhängig gemacht hatte. Hinsichtlich des in Eis¬
leben anhängigen Mansfeld'sehen Creditwesens wurde bestimmt, daß solches von
einem Miewm mixtum festgestellt und der König von Westphalen an demselben
zu °Vs betheiligt sein sollte. Die beiderseitigen Commissarien traten denn auch zu¬
sammen und einigten sich zuletzt zu dem denkwürdigen Beschlusse "daß die
Gläubiger nötigenfalls durch Erkenntnisse gezwungen werden sollten, sich
vergleichen." Ehe jedoch die beiden Regierungen sich über die vorgeschlagene
allerdings etwas radicale Heilmethode für hartnäckige Proceßparteien entschie¬
den, nahm die Herrlichkeit des jungen Königreichs Westphalen in Folge der
glorreichen Kriege jener Zeit wieder ein Ende, und es ging in Folge des
Wiener Friedens sowol der von Sachsen an Westphalen abgetretene, als auch
der dem ersteren bisher noch reservirt gewesene Theil der Grafschaft und
damit das', (wenn man die Zeit der bloßen Sequestration mitrechnet) damals
bereits 241 Jahre alte gräflich Mansfeld'sche Creditwesen an Preußen über.

Im Vorhergehenden haben wir die wechselvolle Laufbahn des gräflich
Mansfeld'schen Concurscs unter sächsischer Herrschaft verfolgt; es bleibt
uns nur noch übrig, die Schicksale desselben unter der Krone Preußen darzu-
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die Bestimmungen über den Kostenpunkt sind sehr human im Interesse der
Gläubiger gegen den Fiscus abgefaßt, ferner im Ganzen achtundzwanzig
Klassen von Gläubigern unterschieden und denselben zum Theil wahrhaft diabo¬
lische Beweise auferlegt. Andrerseits darf nicht verschwiegen werden, daß diese
Locatorie, obwol sie 520 Thlr. kostete, ziemlich flüchtig gearbeitet ist und sogar
grobe Actenwidrigkeiten enthält. So ist beispielweise einem Karl von Giesar
eine Post von 400 Fi. und eine von 500 Fi. zugesprochen, die derselbe gar nicht
liquidirt hatte, dem Stifte Lvirtae Naria.<z VirZ. zu Erfurt, welches 800 Fi.
liquidirt hatte, sind 1500 Fi. zuerkannt und dergleichen mehr.

Es wurde denn auch gegen diese Locatorie von allen Seiten Appellation
eingewendet und dieselbe somit vor der Hand nicht rechtskräftig.

In dieser Lage befand sich die Angelegenheit, als der größte Theil der
sächsischen Grafschaft Mansfeld im Jahre 1808 durch die Convention vom 19-
März desselben Jahres von Sachsen an das neuentstandene Königreich West-
phalen abgetreten wurde. Die näheren Bestimmungen dieser Convention ge¬
hören nicht hierher, es genügt nur das Eine zu erwähnen, daß Sachsen sich
in Art. 3 verbindlich machte, dem König von Westphalen den Genuß von
7/lo des Mansfeld'schen Bergwcrkszehnten, dessen Ertrag damals zu 11,660
Thlr. 16 Ngr. gemeinjährig angeschlagen wurde, frei von allen Ansprüchen
zu gewähren und zu diesem Zwecke statt seiner in den Proceß einzutreten,
den der Stadtrath zu Leipzig wegen einer im Liquidationstermine auf 4,169,562
Thlr. 6 Ngr. 2 Pf. angegebenen Capital- und Zinsensorderung aus Grund
eines ihm für diese Forderung zustehenden Retcntionsrechtes an den erwähnten
des Bcrgwcrkszehnten anhängig gemacht hatte. Hinsichtlich des in Eis¬
leben anhängigen Mansfeld'sehen Creditwesens wurde bestimmt, daß solches von
einem Miewm mixtum festgestellt und der König von Westphalen an demselben
zu °Vs betheiligt sein sollte. Die beiderseitigen Commissarien traten denn auch zu¬
sammen und einigten sich zuletzt zu dem denkwürdigen Beschlusse „daß die
Gläubiger nötigenfalls durch Erkenntnisse gezwungen werden sollten, sich
vergleichen." Ehe jedoch die beiden Regierungen sich über die vorgeschlagene
allerdings etwas radicale Heilmethode für hartnäckige Proceßparteien entschie¬
den, nahm die Herrlichkeit des jungen Königreichs Westphalen in Folge der
glorreichen Kriege jener Zeit wieder ein Ende, und es ging in Folge des
Wiener Friedens sowol der von Sachsen an Westphalen abgetretene, als auch
der dem ersteren bisher noch reservirt gewesene Theil der Grafschaft und
damit das', (wenn man die Zeit der bloßen Sequestration mitrechnet) damals
bereits 241 Jahre alte gräflich Mansfeld'sche Creditwesen an Preußen über.

Im Vorhergehenden haben wir die wechselvolle Laufbahn des gräflich
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/268>, abgerufen am 23.07.2024.