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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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alle Zufuhren verweigert -- an Munition u. s. w. ist großer Mangel. Es
hat die Unfähigkeit Rußlands erkannt ihm Schutz zu gewähren; und schlechte
Verpflegungseinrichtungen haben zu Unordnungen geführt, welche der guten
Uebereinstimmung zwischen den Verbündeten sehr geschadet haben. Ist es mög¬
lich, daß Preußen unter östreichischer Vermittlung einen Frieden mit Frankreich
ausschlägt, der ihm seine Wiederherstellung und Unabhängigkeit sichert, es von
der schweren Bürde des Kriegs befreit und ihm die Lorbeern läßt, die es
dann wohlfeil gewonnen hat? Wird es nicht auch ein politisches Bündniß
mit Oestreich der Verbindung mit Nußland vorziehen, die es stets zu einem
Vasallen und der Vorhut einer russischen, feindlichen Armee gegen Oestreich,
Frankreich, Deutschland und Dänemark machen wird? Preußen hat, meiner
Meinung nach, keinen Beweggrund den Krieg fortzusetzen, so lange Oestreich
keine verbündete, kriegführende Macht ist und es hat keine Wahl gegen den
Willen Oestreichs. Rusland hat sein Gebiet vom Feinde gereinigt; es hat
einen ehrenvollen Versuch gemacht, seine Macht und seinen Einfluß zu zeigen;
es hat Preußen die Mittel und die Gelegenheit gewährt, seinen alten militä¬
rischen Ruf wieder zu gewinnen -- sich in der Achtung Europa's als kriege¬
rischer Staat wieder herzustellen. Welches Interesse kann Rußland an der
Fortsetzung des Krieges haben, wenn Oestreich nicht mitwirken will, sondern
Frieden verlangt? Es führte den Krieg, um sich von dem Joche Frankreichs
zu befreien; es hat dieses Joch in Stücken zerbrochen und was ein Merkmal
der Knechtschaft war. ist jetzt ein Zeichen des größten Erfolgs, den ein vom
auswärtigen Feinde überranntes Land errungen hat. . . . Setzt Nußland
den Krieg fort, so muß es sich darauf gesaßt machen, sich nicht bloß den An¬
griffen Frankreichs, sondern auch wahrscheinlich der Türkei und gewiß Schwe¬
dens ausgesetzt zu sehen. Nachdem so,viele seiner Provinzen wüste gelegt
und rlachdem während des gegenwärtigen Kriegs so schwere Anforderungen
an seine Bevölkerung gemacht worden sind, muß es eine Pause machen, ehe
es verzweiflungsvoll den weiteren Kampf beginnt.

"Es wäre glorreich, das ganze, besiegte Europa von der Macht Frank¬
reichs zu erlösen, zu vollbringen, was das Schicksal dem Fürsten Kutusow
so oft und so zudringlich angeboten hat; aber wenn die oberste Sprosse der
Leiter nicht mit einem Sprunge zu erreichen ist. warum soll sich Rußland
dann zurückwerfen lassen, anstatt auf die Zukunft zu vertrauen, und wie ein
eigensinniges Kind dauernden Schaden vorübergehendem Nachtheil vorziehen?"

Seltsamer Weise behauptet Wilson auch, die preußische Armee sei in
dieser kritischen Pause des Waffenstillstands nicht so kriegslustig gewesen, wie
die Nation. Von dieser sagt er dagegen, sie sei, mit Ausnahme Schlesiens,
Wo weder der kriegerische Geist noch die Anhänglichkeit sich sehr lebhast ge¬
zeigt habe (was abermals eine schreiende Ungerechtigkeit ist) so exaltirt und


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alle Zufuhren verweigert — an Munition u. s. w. ist großer Mangel. Es
hat die Unfähigkeit Rußlands erkannt ihm Schutz zu gewähren; und schlechte
Verpflegungseinrichtungen haben zu Unordnungen geführt, welche der guten
Uebereinstimmung zwischen den Verbündeten sehr geschadet haben. Ist es mög¬
lich, daß Preußen unter östreichischer Vermittlung einen Frieden mit Frankreich
ausschlägt, der ihm seine Wiederherstellung und Unabhängigkeit sichert, es von
der schweren Bürde des Kriegs befreit und ihm die Lorbeern läßt, die es
dann wohlfeil gewonnen hat? Wird es nicht auch ein politisches Bündniß
mit Oestreich der Verbindung mit Nußland vorziehen, die es stets zu einem
Vasallen und der Vorhut einer russischen, feindlichen Armee gegen Oestreich,
Frankreich, Deutschland und Dänemark machen wird? Preußen hat, meiner
Meinung nach, keinen Beweggrund den Krieg fortzusetzen, so lange Oestreich
keine verbündete, kriegführende Macht ist und es hat keine Wahl gegen den
Willen Oestreichs. Rusland hat sein Gebiet vom Feinde gereinigt; es hat
einen ehrenvollen Versuch gemacht, seine Macht und seinen Einfluß zu zeigen;
es hat Preußen die Mittel und die Gelegenheit gewährt, seinen alten militä¬
rischen Ruf wieder zu gewinnen — sich in der Achtung Europa's als kriege¬
rischer Staat wieder herzustellen. Welches Interesse kann Rußland an der
Fortsetzung des Krieges haben, wenn Oestreich nicht mitwirken will, sondern
Frieden verlangt? Es führte den Krieg, um sich von dem Joche Frankreichs
zu befreien; es hat dieses Joch in Stücken zerbrochen und was ein Merkmal
der Knechtschaft war. ist jetzt ein Zeichen des größten Erfolgs, den ein vom
auswärtigen Feinde überranntes Land errungen hat. . . . Setzt Nußland
den Krieg fort, so muß es sich darauf gesaßt machen, sich nicht bloß den An¬
griffen Frankreichs, sondern auch wahrscheinlich der Türkei und gewiß Schwe¬
dens ausgesetzt zu sehen. Nachdem so,viele seiner Provinzen wüste gelegt
und rlachdem während des gegenwärtigen Kriegs so schwere Anforderungen
an seine Bevölkerung gemacht worden sind, muß es eine Pause machen, ehe
es verzweiflungsvoll den weiteren Kampf beginnt.

„Es wäre glorreich, das ganze, besiegte Europa von der Macht Frank¬
reichs zu erlösen, zu vollbringen, was das Schicksal dem Fürsten Kutusow
so oft und so zudringlich angeboten hat; aber wenn die oberste Sprosse der
Leiter nicht mit einem Sprunge zu erreichen ist. warum soll sich Rußland
dann zurückwerfen lassen, anstatt auf die Zukunft zu vertrauen, und wie ein
eigensinniges Kind dauernden Schaden vorübergehendem Nachtheil vorziehen?"

Seltsamer Weise behauptet Wilson auch, die preußische Armee sei in
dieser kritischen Pause des Waffenstillstands nicht so kriegslustig gewesen, wie
die Nation. Von dieser sagt er dagegen, sie sei, mit Ausnahme Schlesiens,
Wo weder der kriegerische Geist noch die Anhänglichkeit sich sehr lebhast ge¬
zeigt habe (was abermals eine schreiende Ungerechtigkeit ist) so exaltirt und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/259>, abgerufen am 23.12.2024.