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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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linier, welche die Franzosen noch an der Weichsel, an der Oder und an der
Elbe besetzt hielten, voller Besorgniß vor einem Aufstand der Polen, und da
er nicht glaubte, daß die Verbündeten nach Abzug der zur Blokade der vom
Feinde besetzten Festungen nöthigen Truppen ohne die Hilfe Oestreichs 80,000
Mann gegen Napolen in's Feld führen könnten, sieht er kein anderes Rettungs¬
mittel, als den Rückzug nach Schlesien und an die Weichsel. Dort, mit der
hinzukommenden Unterstützung der Schweden, könnten sie dann eine Stellung
einnehmen, die Bonaparte aufhalten und ihn nöthigen würde einen Frieden
unter mäßigen Bedingungen einer Fortsetzung des Kriegs vorzuziehen, von
dem Wechselsülle des Glücks und große Anstrengungen unzertrennlich sein
würden, welche letztere, selbst bei einem Siege über die Verbündeten, ihn von
Oestreich abhängiger machen müßten.

Zu der eben angeführten Aeußerung gibt dem General Wilson eine Zusammen¬
kunft mit General York (in Dessau, 11. April) Anlaß, der. schwarzsichtig wie
immer, wenigstens zum Theil von denselben Besorgnissen erfüllt war wie der
englische General, obgleich es ihm gewiß nie eingefallen ist, einen so schüchternen
Operationsplan zu empfehle". Er hatte gegen Wilson geäußert, er halte Wi¬
derstand für unmöglich, außer wenn Oestreich sich den Verbündeten anschlösse
und Schweden und ein Aufstand von ganz Deutschland durch kräftigste und
unmittelbarste Anstrengungen zu Hilfe komme. Wenn so kräftige Charaktere
wie der alte Jscgnmm, wie ihn seine Soldaten nannten, sich von solchen Be¬
denken beklemmt fühlten, so gereicht den Anderen, die mit größerer Zuversicht
auf die dem Aufschwung des preußischen Volkes innewohnende Kraft, selbst
noch nach zwei verlorenen Schlachten, vertrauten und eine Fortsetzung des
Kampfes anempfahlen, ihre Stnndhaftigkeit um so mehr zur Ehre.

In der Schlacht von Lützen standen die beiden feindlichen Hauptheere
zum ersten Male einander gegenüber. Wilson nahm nicht als bloßer Zuschauer
an der Schlacht theil, sondern führte eine preußische Colonne zum Sturm
gegen "Glogau" (wahrscheinlich Kaja) vor, aus dem sie eben erst herausge¬
worfen worden. Er klagt bei dieser Gelegenheit über die schlechte Führung
der preußischen Infanterie, die an ungestümem Muth und gutem Willen von
knner andern Truppe übertroffen würde, aber zu locker in's Gefecht gebracht
und unnütz aufgeopfert worden sei. Bei der großen Anzahl noch ganz junger
und unerfahrener Offiziere in dem schnell und unverhältnißmäßig vermehrten
Heere mag manches Fehlerhafte vorgekommen sein, aber es zeigt von echt
englischem Hochmuth, wenn Wilson die preußische Armee der Führung durch
englische Offiziere bedürftig glaubt, wie die Portugiesen. Der Herzog von
Wellington, der seine Leute kannte, hatte immer einen sehr geringen Begriff
bon der militärischen Bildung der großen Mehrzahl seiner englischen Offiziere,


linier, welche die Franzosen noch an der Weichsel, an der Oder und an der
Elbe besetzt hielten, voller Besorgniß vor einem Aufstand der Polen, und da
er nicht glaubte, daß die Verbündeten nach Abzug der zur Blokade der vom
Feinde besetzten Festungen nöthigen Truppen ohne die Hilfe Oestreichs 80,000
Mann gegen Napolen in's Feld führen könnten, sieht er kein anderes Rettungs¬
mittel, als den Rückzug nach Schlesien und an die Weichsel. Dort, mit der
hinzukommenden Unterstützung der Schweden, könnten sie dann eine Stellung
einnehmen, die Bonaparte aufhalten und ihn nöthigen würde einen Frieden
unter mäßigen Bedingungen einer Fortsetzung des Kriegs vorzuziehen, von
dem Wechselsülle des Glücks und große Anstrengungen unzertrennlich sein
würden, welche letztere, selbst bei einem Siege über die Verbündeten, ihn von
Oestreich abhängiger machen müßten.

Zu der eben angeführten Aeußerung gibt dem General Wilson eine Zusammen¬
kunft mit General York (in Dessau, 11. April) Anlaß, der. schwarzsichtig wie
immer, wenigstens zum Theil von denselben Besorgnissen erfüllt war wie der
englische General, obgleich es ihm gewiß nie eingefallen ist, einen so schüchternen
Operationsplan zu empfehle». Er hatte gegen Wilson geäußert, er halte Wi¬
derstand für unmöglich, außer wenn Oestreich sich den Verbündeten anschlösse
und Schweden und ein Aufstand von ganz Deutschland durch kräftigste und
unmittelbarste Anstrengungen zu Hilfe komme. Wenn so kräftige Charaktere
wie der alte Jscgnmm, wie ihn seine Soldaten nannten, sich von solchen Be¬
denken beklemmt fühlten, so gereicht den Anderen, die mit größerer Zuversicht
auf die dem Aufschwung des preußischen Volkes innewohnende Kraft, selbst
noch nach zwei verlorenen Schlachten, vertrauten und eine Fortsetzung des
Kampfes anempfahlen, ihre Stnndhaftigkeit um so mehr zur Ehre.

In der Schlacht von Lützen standen die beiden feindlichen Hauptheere
zum ersten Male einander gegenüber. Wilson nahm nicht als bloßer Zuschauer
an der Schlacht theil, sondern führte eine preußische Colonne zum Sturm
gegen „Glogau" (wahrscheinlich Kaja) vor, aus dem sie eben erst herausge¬
worfen worden. Er klagt bei dieser Gelegenheit über die schlechte Führung
der preußischen Infanterie, die an ungestümem Muth und gutem Willen von
knner andern Truppe übertroffen würde, aber zu locker in's Gefecht gebracht
und unnütz aufgeopfert worden sei. Bei der großen Anzahl noch ganz junger
und unerfahrener Offiziere in dem schnell und unverhältnißmäßig vermehrten
Heere mag manches Fehlerhafte vorgekommen sein, aber es zeigt von echt
englischem Hochmuth, wenn Wilson die preußische Armee der Führung durch
englische Offiziere bedürftig glaubt, wie die Portugiesen. Der Herzog von
Wellington, der seine Leute kannte, hatte immer einen sehr geringen Begriff
bon der militärischen Bildung der großen Mehrzahl seiner englischen Offiziere,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/255>, abgerufen am 23.12.2024.