Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.des Gesandten die interimistische Wohnung des Concommissarius war. Weggehen Sehr verdrießliche Händel entstanden im Jahre 1679, wie schon früher öfters des Gesandten die interimistische Wohnung des Concommissarius war. Weggehen Sehr verdrießliche Händel entstanden im Jahre 1679, wie schon früher öfters <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112218"/> <p xml:id="ID_818" prev="#ID_817"> des Gesandten die interimistische Wohnung des Concommissarius war. Weggehen<lb/> konnte er nicht, denn die Sache war dringend, aber auch vergeben durste er sich nichts.<lb/> Demnach verwahrte er sich beim Eintreten mit den ersten Worten, daß sein Erscheinen<lb/> keine Visite sei, sondern nur den Austrag des Kurfürsten betreffe, dessen er sich dann<lb/> entledigte. Als aber der Gesandte vernahm, daß sich der Concommissarius im Ge¬<lb/> spräch mit dem Mainzischen Gesandten geäußert, er habe vom kurbairischen Ge¬<lb/> sandten die erste Visite bekommen und erwarte sie auch von den andern Gesandten,<lb/> da protestirte Johann Wämpel öffentlich im Kurfürstcnrathe dagegen und erklärte<lb/> brieflich dem Concommissarius, daß er ihm keine Visite gemacht habe und noch<lb/> seines Besuchs als erster Visite gewärtig sei.</p><lb/> <p xml:id="ID_819" next="#ID_820"> Sehr verdrießliche Händel entstanden im Jahre 1679, wie schon früher öfters<lb/> geschehen war, durch den Tod des Mainzer Erzbischofs, der das Directorium auf<lb/> dem Reichstage führte. Das Domcapitel wollte es fortführen. Dagegen trat der<lb/> kurfürstlich sächsische Gesandte auf, gestützt auf die früher vor der Entwickelung der<lb/> Rechte des Kanzlers geübten und später häufig beanspruchten Befugnisse des Erz¬<lb/> marschallamtes und übernahm sofort das Directorium. Diesem wollten sich wie¬<lb/> derum Eöln und Trier nicht fügen, und so konnte vor der Wahl des neuen Kur¬<lb/> fürsten von Mainz selbst im Kurfürstcnrathe nichts Ordentliches zu Stande kommen.<lb/> Unterdessen war für allgemeine Berathungen schon längst ein völliger Stillstand ein¬<lb/> getreten, der vom Mai bis gegen Ende November dauerte. Es war nämlich im<lb/> Mai ein für die Sicherstellung der Rcichsintercsscn sehr dringliches Reichsgutachten, wel¬<lb/> ches die Ratification des vom Kaiser mit Ludwig geschlossenen Friedens betraf, in so weit<lb/> fertig, daß es nur noch des Diclions und der Correlation des schon vereinbarten<lb/> und ordnungsgemäß vom Ncichsdirectorium entworfenen Beschlusses in der allgemei¬<lb/> nen Sitzung der Reichsstände bedürfte. Vor diesem Acte nahmen die Fürstlichen<lb/> auf Anregung des überhaupt auf die Selbständigkeit seines Herrn sehr ängstlich be¬<lb/> dachten Braunschweigisch-Cclleschcn Gesandten an dem im Gutachten vorkommenden<lb/> Ausdrucke „Kurfürsten und Stände" Anstoß und verlangten dafür „Kurfürsten, Für¬<lb/> sten und Stände". Da die Kurfürstlichen gegen die Aenderung jener seither öfters<lb/> neben dieser gebrauchten Formel protestirten, so kam bis zum November keine all¬<lb/> gemeine Berathung zu Stande, und erst in diesem Monat wurde das Decret wieder<lb/> vorgenommen, als es größtentheils alle Bedeutung verloren hatte. Die ganze Zwi¬<lb/> schenzeit, die Ludwig bestens benutzte, war mit allerhand schriftlichen Versuchen einer<lb/> Ausgleichung ausgefüllt, die lange Zeit ohne allen Erfolg waren. „Man würde<lb/> sich wol verschrieben haben" meinten die Fürstlichen in ihrer ersten Auslassung, als<lb/> ob die diesmal gebrauchte Formel niemals in Rcichstagsbcschlüssen vorgekommen wäre,<lb/> worauf die Kurfürstlichen antworteten, daß sie sich keines Verschreibens zu entsinnen<lb/> wüßten, sondern vielmehr vermutheten, daß sich die Fürstlichen verrcdet hätten/<lb/> Später rückten die Fürstlichen langsam zu und erklärten allmälig, „daß, da die beiden<lb/> Formeln seither promiseus gebraucht worden, sie sich jetzt beruhigen wollten, wenn<lb/> die Kurfürstlichen versprachen, auch künftig die Formeln pi-omisous brauchen zu wol¬<lb/> len," verlangten aber Wiederholung des Dictions und der Korrelation, welche die Kur¬<lb/> fürstlichen mit den Abgeordneten der Städte allein vorgenommen hatten, da die<lb/> Fürstlichen weggeblieben waren. Die Kurfürstlichen meinten, „ein Versprechen über den<lb/> Gebrauch der Formeln könnten sie nicht geben, übrigens sei die Sache abgemacht,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0248]
des Gesandten die interimistische Wohnung des Concommissarius war. Weggehen
konnte er nicht, denn die Sache war dringend, aber auch vergeben durste er sich nichts.
Demnach verwahrte er sich beim Eintreten mit den ersten Worten, daß sein Erscheinen
keine Visite sei, sondern nur den Austrag des Kurfürsten betreffe, dessen er sich dann
entledigte. Als aber der Gesandte vernahm, daß sich der Concommissarius im Ge¬
spräch mit dem Mainzischen Gesandten geäußert, er habe vom kurbairischen Ge¬
sandten die erste Visite bekommen und erwarte sie auch von den andern Gesandten,
da protestirte Johann Wämpel öffentlich im Kurfürstcnrathe dagegen und erklärte
brieflich dem Concommissarius, daß er ihm keine Visite gemacht habe und noch
seines Besuchs als erster Visite gewärtig sei.
Sehr verdrießliche Händel entstanden im Jahre 1679, wie schon früher öfters
geschehen war, durch den Tod des Mainzer Erzbischofs, der das Directorium auf
dem Reichstage führte. Das Domcapitel wollte es fortführen. Dagegen trat der
kurfürstlich sächsische Gesandte auf, gestützt auf die früher vor der Entwickelung der
Rechte des Kanzlers geübten und später häufig beanspruchten Befugnisse des Erz¬
marschallamtes und übernahm sofort das Directorium. Diesem wollten sich wie¬
derum Eöln und Trier nicht fügen, und so konnte vor der Wahl des neuen Kur¬
fürsten von Mainz selbst im Kurfürstcnrathe nichts Ordentliches zu Stande kommen.
Unterdessen war für allgemeine Berathungen schon längst ein völliger Stillstand ein¬
getreten, der vom Mai bis gegen Ende November dauerte. Es war nämlich im
Mai ein für die Sicherstellung der Rcichsintercsscn sehr dringliches Reichsgutachten, wel¬
ches die Ratification des vom Kaiser mit Ludwig geschlossenen Friedens betraf, in so weit
fertig, daß es nur noch des Diclions und der Correlation des schon vereinbarten
und ordnungsgemäß vom Ncichsdirectorium entworfenen Beschlusses in der allgemei¬
nen Sitzung der Reichsstände bedürfte. Vor diesem Acte nahmen die Fürstlichen
auf Anregung des überhaupt auf die Selbständigkeit seines Herrn sehr ängstlich be¬
dachten Braunschweigisch-Cclleschcn Gesandten an dem im Gutachten vorkommenden
Ausdrucke „Kurfürsten und Stände" Anstoß und verlangten dafür „Kurfürsten, Für¬
sten und Stände". Da die Kurfürstlichen gegen die Aenderung jener seither öfters
neben dieser gebrauchten Formel protestirten, so kam bis zum November keine all¬
gemeine Berathung zu Stande, und erst in diesem Monat wurde das Decret wieder
vorgenommen, als es größtentheils alle Bedeutung verloren hatte. Die ganze Zwi¬
schenzeit, die Ludwig bestens benutzte, war mit allerhand schriftlichen Versuchen einer
Ausgleichung ausgefüllt, die lange Zeit ohne allen Erfolg waren. „Man würde
sich wol verschrieben haben" meinten die Fürstlichen in ihrer ersten Auslassung, als
ob die diesmal gebrauchte Formel niemals in Rcichstagsbcschlüssen vorgekommen wäre,
worauf die Kurfürstlichen antworteten, daß sie sich keines Verschreibens zu entsinnen
wüßten, sondern vielmehr vermutheten, daß sich die Fürstlichen verrcdet hätten/
Später rückten die Fürstlichen langsam zu und erklärten allmälig, „daß, da die beiden
Formeln seither promiseus gebraucht worden, sie sich jetzt beruhigen wollten, wenn
die Kurfürstlichen versprachen, auch künftig die Formeln pi-omisous brauchen zu wol¬
len," verlangten aber Wiederholung des Dictions und der Korrelation, welche die Kur¬
fürstlichen mit den Abgeordneten der Städte allein vorgenommen hatten, da die
Fürstlichen weggeblieben waren. Die Kurfürstlichen meinten, „ein Versprechen über den
Gebrauch der Formeln könnten sie nicht geben, übrigens sei die Sache abgemacht,
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