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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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chen. "Verlöbniß und Ehe wird dem Bruder in solchem Fall zwar nicht
verwehrt -- er bleibt in dieser Beziehung frei und selbständig -- aber die
ihm zu Theil gewordene Warnung verstärkt sich von selbst durch das zweite
Alinea §. 22" -- d. h. er wird aus der Genossenschaft gestoßen. Gleiche
Strafe trifft ihn, wenn er eine andere Beschäftigung übernimmt, als wozu
ihn der Vorsteher ausgesandt hat, oder wenn er von seinem Posten eigen¬
mächtig scheidet. Kann er nicht bleiben, so darf er nur durch Vermittelung
des Vorstehers -- den er von allen Ereignissen in seiner Familie sowie von
allen tiefer eingreifenden Dingen, die seine Berufsarbeit betreffen, in Kenntniß
zu setzen hat -- eine andere Stelle suchen. Endlich verpflichtet sich der Bru¬
der, (wohl zu bemerken: "als vor dem Herrn", d. h. doch wol an Eidesstatt)
"wo er in seinem Beruf eines Gehülfen bedarf, bei seinem Vorgesetzten dahin
zu wirken, daß ein solcher womöglich nicht aus einem andern Bruderhause berufen
werde, es sei denn, daß ein solches mit dem Rauben Hause in organischer Ver¬
bindung stände. Als Anspruch der Brüderschaft ist dies bei einigen später
entsandten Brüdern bereits contractlich festgesetzt und wird in allen künstigen
Füllen ausdrücklich festgesetzt werden." -- "Diese Regel soll dazu dienen, sonst
unvermeidliche Conflicte zwischen den Verwaltungen und Ordnungen verschie¬
dener Genossenschaften zu verhindern."

Das Mitgetheilte wird hinreichen, um den Charakter der Schöpfung des
Dr. Wiehern zu bezeichnen. Wir haben oamit einen Orden eomme it kaut
geschildert, der einige Aehnlichkeit mit dem Freimaurerorden hat, aber in seinem
Organismus noch weit mehr Vergleichspunkte mit einer Gesellschaft bietet,
welche eine Zeit lang als die Hauptgegnerin der Maurerlogen angesehen wurde.
Diese Hierarchie von Brüdern, Helfern, Oberbrüdern, Oberhelfern, Convict-
weistern, diese Complete und Convente, diese dreihundert Männer mit ihrem
Mutterhaus in Horn, ihrem so gut wie unbeschränkten Vorsteher und Ober-
convictmeister, ihrer Regel, ihrer Verpflichtung "als vor dem Herrn", ihrer
^hifferschrift, ihren eigenthümlichen Riten und Exercitien sind ein Orden, der,
uns in sehr wesentlichen Dingen an die Anfänge der Gesellschaft Jesu
erinnert.

Wir sagen damit nicht, daß wir in den Statuten den Grundsatz, daß
der Zweck die Mittel heilige, durchscheinen sehen. Aber die streitende Kirche.
Zu der sich die Rauben Brüder bekennen (man vergleiche das in der Broschüre
mitgetheilte Bundeslied derselben, ein wahres Kriegslied!) weiß nur zu gut,
daß die "Welt" auch diplomatisch bekämpft werden muß. Die Brüderschaft
bekennt sich nicht zu katholischen Dogmen, aber sie macht in der entschiedensten
Weise Progaganda für eine andere Confession. Sie behauptet kein Gelübde
abzulegen, aber sie verpflichtet ihre Sendboten an Eidesstatt auf ihre Regel.
Sie betet nicht nach dem Brevier, aber nach der "dreifachen Schnur" des


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chen. „Verlöbniß und Ehe wird dem Bruder in solchem Fall zwar nicht
verwehrt — er bleibt in dieser Beziehung frei und selbständig — aber die
ihm zu Theil gewordene Warnung verstärkt sich von selbst durch das zweite
Alinea §. 22" — d. h. er wird aus der Genossenschaft gestoßen. Gleiche
Strafe trifft ihn, wenn er eine andere Beschäftigung übernimmt, als wozu
ihn der Vorsteher ausgesandt hat, oder wenn er von seinem Posten eigen¬
mächtig scheidet. Kann er nicht bleiben, so darf er nur durch Vermittelung
des Vorstehers — den er von allen Ereignissen in seiner Familie sowie von
allen tiefer eingreifenden Dingen, die seine Berufsarbeit betreffen, in Kenntniß
zu setzen hat — eine andere Stelle suchen. Endlich verpflichtet sich der Bru¬
der, (wohl zu bemerken: „als vor dem Herrn", d. h. doch wol an Eidesstatt)
„wo er in seinem Beruf eines Gehülfen bedarf, bei seinem Vorgesetzten dahin
zu wirken, daß ein solcher womöglich nicht aus einem andern Bruderhause berufen
werde, es sei denn, daß ein solches mit dem Rauben Hause in organischer Ver¬
bindung stände. Als Anspruch der Brüderschaft ist dies bei einigen später
entsandten Brüdern bereits contractlich festgesetzt und wird in allen künstigen
Füllen ausdrücklich festgesetzt werden." — „Diese Regel soll dazu dienen, sonst
unvermeidliche Conflicte zwischen den Verwaltungen und Ordnungen verschie¬
dener Genossenschaften zu verhindern."

Das Mitgetheilte wird hinreichen, um den Charakter der Schöpfung des
Dr. Wiehern zu bezeichnen. Wir haben oamit einen Orden eomme it kaut
geschildert, der einige Aehnlichkeit mit dem Freimaurerorden hat, aber in seinem
Organismus noch weit mehr Vergleichspunkte mit einer Gesellschaft bietet,
welche eine Zeit lang als die Hauptgegnerin der Maurerlogen angesehen wurde.
Diese Hierarchie von Brüdern, Helfern, Oberbrüdern, Oberhelfern, Convict-
weistern, diese Complete und Convente, diese dreihundert Männer mit ihrem
Mutterhaus in Horn, ihrem so gut wie unbeschränkten Vorsteher und Ober-
convictmeister, ihrer Regel, ihrer Verpflichtung „als vor dem Herrn", ihrer
^hifferschrift, ihren eigenthümlichen Riten und Exercitien sind ein Orden, der,
uns in sehr wesentlichen Dingen an die Anfänge der Gesellschaft Jesu
erinnert.

Wir sagen damit nicht, daß wir in den Statuten den Grundsatz, daß
der Zweck die Mittel heilige, durchscheinen sehen. Aber die streitende Kirche.
Zu der sich die Rauben Brüder bekennen (man vergleiche das in der Broschüre
mitgetheilte Bundeslied derselben, ein wahres Kriegslied!) weiß nur zu gut,
daß die „Welt" auch diplomatisch bekämpft werden muß. Die Brüderschaft
bekennt sich nicht zu katholischen Dogmen, aber sie macht in der entschiedensten
Weise Progaganda für eine andere Confession. Sie behauptet kein Gelübde
abzulegen, aber sie verpflichtet ihre Sendboten an Eidesstatt auf ihre Regel.
Sie betet nicht nach dem Brevier, aber nach der „dreifachen Schnur" des


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/101>, abgerufen am 22.07.2024.