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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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dessen Rücken weiter zurück im Ocean mehrere Inseln gelegen sind. Um die
vierte Nachtstunde sehen wir das Land der Nortmannen, auch Dania genannt,
an dessen Stirn die Elbe liegt; früher ward es Maurungani genannt. Die
Elbe hat seit vielen Jahren die Grenze des Frankenlandes gebildet. Nach
vorn zu an der Elbe liegt Dacia minor, daran stößt das große, weite und
gebirgige Dacier auch Gispidien genannt, jetzt von dem Volke der Hüner
(Unorum gens) bewohnt."

Dieser Schriftsteller bezeichnet mithin die Elbe als Grenze des an die
Stelle des alten Germaniens getretenen Frankenreiches und an einem andern
Orte erwähnt er der Vistula als des größten Stromes, der das Land der
Roxolanen, Suariker und Sauromaten bespüle.

Zur Zeit des großen Ostgothcnkönigs Theodorich sitzen deutsche Nationen,
namentlich Franken, Memannen. Schwaben, Burgunder am linken Rheinufer,
in Belgien. Lothringen, Elsaß, der Schweiz, Tirol und Baiern bis zur Donau;
fränkische Nationen in der Mitte und dem Süden Deutschlands; im Südosten
die Thüringer; im Norden und Nordosten Friesen und Sachsen. Nur wenig
Deutsche beherbergt das rechte Elbufer, und zwar bloß die Niederelbe, wäh¬
rend in dem heutigen Sachsen bis zur Saale slavische Nationen Hausen und
diese selbst einen großen Theil vom Südosten Deutschlands eingenommen
haben.

Als Kaiser Karl das mächtige fränkische Reich stiftete, bildete Deutschland
oder Germanien einen Theil desselben, ohne daß es bestimmte Grenzen gehabt.
Einhard, in dem Leben Kaiser Karls, versichert, daß dieser Fürst das Reich
der Franken während seiner 47jährigen Regierung so erweitert hätte, daß sein
Umfang fast verdoppelt worden. Früher habe nichts weiter als der zwischen
Rhein und Loire, zwischen Ocean und den balearischen Inseln gelegene Theil
Galliens, und der Theil von Deutschland zwischen Sachsen und der Donau,
dem Rhein und der Saale, welche die Grenze der Thüringer und Sorben
bilde, und von den sogenannten Ostfranken bewohnt werde, sowie nur noch
die Memannen und Baiern zu dem Frankenreiche gehört, er aber habe sich
noch Italien, ferner Sachsen, das keinen kleinen Theil von Deutschland aus¬
mache, und doppelt so groß als der von Franken bewohnte Theil sei; sodann
beide Pannonien. das auf der andern Donauseite belegene Dacier, auch
Jstrien. Liburnicn und Dalmatien mit Ausnahme der Seestädte, unterworfen;
und sich alle die barbarischen und wilden Völkerschaften, die zwischen Rhein
und Weichsel, dem Meere und der Donau Deutschland bewohnten, so ziemlich
einerlei Sprache redeten, in Sitte und Kleidung aber sehr verschieden wären,
und unter welchen vorzüglich die Welataben, Sorben, Obotriten und Bömcmen
hervorzuheben, zinsbar gemacht.

Geht nun auch aus Obigem hervor, daß zur Zelt der Blüthe des römi-


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dessen Rücken weiter zurück im Ocean mehrere Inseln gelegen sind. Um die
vierte Nachtstunde sehen wir das Land der Nortmannen, auch Dania genannt,
an dessen Stirn die Elbe liegt; früher ward es Maurungani genannt. Die
Elbe hat seit vielen Jahren die Grenze des Frankenlandes gebildet. Nach
vorn zu an der Elbe liegt Dacia minor, daran stößt das große, weite und
gebirgige Dacier auch Gispidien genannt, jetzt von dem Volke der Hüner
(Unorum gens) bewohnt."

Dieser Schriftsteller bezeichnet mithin die Elbe als Grenze des an die
Stelle des alten Germaniens getretenen Frankenreiches und an einem andern
Orte erwähnt er der Vistula als des größten Stromes, der das Land der
Roxolanen, Suariker und Sauromaten bespüle.

Zur Zeit des großen Ostgothcnkönigs Theodorich sitzen deutsche Nationen,
namentlich Franken, Memannen. Schwaben, Burgunder am linken Rheinufer,
in Belgien. Lothringen, Elsaß, der Schweiz, Tirol und Baiern bis zur Donau;
fränkische Nationen in der Mitte und dem Süden Deutschlands; im Südosten
die Thüringer; im Norden und Nordosten Friesen und Sachsen. Nur wenig
Deutsche beherbergt das rechte Elbufer, und zwar bloß die Niederelbe, wäh¬
rend in dem heutigen Sachsen bis zur Saale slavische Nationen Hausen und
diese selbst einen großen Theil vom Südosten Deutschlands eingenommen
haben.

Als Kaiser Karl das mächtige fränkische Reich stiftete, bildete Deutschland
oder Germanien einen Theil desselben, ohne daß es bestimmte Grenzen gehabt.
Einhard, in dem Leben Kaiser Karls, versichert, daß dieser Fürst das Reich
der Franken während seiner 47jährigen Regierung so erweitert hätte, daß sein
Umfang fast verdoppelt worden. Früher habe nichts weiter als der zwischen
Rhein und Loire, zwischen Ocean und den balearischen Inseln gelegene Theil
Galliens, und der Theil von Deutschland zwischen Sachsen und der Donau,
dem Rhein und der Saale, welche die Grenze der Thüringer und Sorben
bilde, und von den sogenannten Ostfranken bewohnt werde, sowie nur noch
die Memannen und Baiern zu dem Frankenreiche gehört, er aber habe sich
noch Italien, ferner Sachsen, das keinen kleinen Theil von Deutschland aus¬
mache, und doppelt so groß als der von Franken bewohnte Theil sei; sodann
beide Pannonien. das auf der andern Donauseite belegene Dacier, auch
Jstrien. Liburnicn und Dalmatien mit Ausnahme der Seestädte, unterworfen;
und sich alle die barbarischen und wilden Völkerschaften, die zwischen Rhein
und Weichsel, dem Meere und der Donau Deutschland bewohnten, so ziemlich
einerlei Sprache redeten, in Sitte und Kleidung aber sehr verschieden wären,
und unter welchen vorzüglich die Welataben, Sorben, Obotriten und Bömcmen
hervorzuheben, zinsbar gemacht.

Geht nun auch aus Obigem hervor, daß zur Zelt der Blüthe des römi-


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[0093] dessen Rücken weiter zurück im Ocean mehrere Inseln gelegen sind. Um die vierte Nachtstunde sehen wir das Land der Nortmannen, auch Dania genannt, an dessen Stirn die Elbe liegt; früher ward es Maurungani genannt. Die Elbe hat seit vielen Jahren die Grenze des Frankenlandes gebildet. Nach vorn zu an der Elbe liegt Dacia minor, daran stößt das große, weite und gebirgige Dacier auch Gispidien genannt, jetzt von dem Volke der Hüner (Unorum gens) bewohnt." Dieser Schriftsteller bezeichnet mithin die Elbe als Grenze des an die Stelle des alten Germaniens getretenen Frankenreiches und an einem andern Orte erwähnt er der Vistula als des größten Stromes, der das Land der Roxolanen, Suariker und Sauromaten bespüle. Zur Zeit des großen Ostgothcnkönigs Theodorich sitzen deutsche Nationen, namentlich Franken, Memannen. Schwaben, Burgunder am linken Rheinufer, in Belgien. Lothringen, Elsaß, der Schweiz, Tirol und Baiern bis zur Donau; fränkische Nationen in der Mitte und dem Süden Deutschlands; im Südosten die Thüringer; im Norden und Nordosten Friesen und Sachsen. Nur wenig Deutsche beherbergt das rechte Elbufer, und zwar bloß die Niederelbe, wäh¬ rend in dem heutigen Sachsen bis zur Saale slavische Nationen Hausen und diese selbst einen großen Theil vom Südosten Deutschlands eingenommen haben. Als Kaiser Karl das mächtige fränkische Reich stiftete, bildete Deutschland oder Germanien einen Theil desselben, ohne daß es bestimmte Grenzen gehabt. Einhard, in dem Leben Kaiser Karls, versichert, daß dieser Fürst das Reich der Franken während seiner 47jährigen Regierung so erweitert hätte, daß sein Umfang fast verdoppelt worden. Früher habe nichts weiter als der zwischen Rhein und Loire, zwischen Ocean und den balearischen Inseln gelegene Theil Galliens, und der Theil von Deutschland zwischen Sachsen und der Donau, dem Rhein und der Saale, welche die Grenze der Thüringer und Sorben bilde, und von den sogenannten Ostfranken bewohnt werde, sowie nur noch die Memannen und Baiern zu dem Frankenreiche gehört, er aber habe sich noch Italien, ferner Sachsen, das keinen kleinen Theil von Deutschland aus¬ mache, und doppelt so groß als der von Franken bewohnte Theil sei; sodann beide Pannonien. das auf der andern Donauseite belegene Dacier, auch Jstrien. Liburnicn und Dalmatien mit Ausnahme der Seestädte, unterworfen; und sich alle die barbarischen und wilden Völkerschaften, die zwischen Rhein und Weichsel, dem Meere und der Donau Deutschland bewohnten, so ziemlich einerlei Sprache redeten, in Sitte und Kleidung aber sehr verschieden wären, und unter welchen vorzüglich die Welataben, Sorben, Obotriten und Bömcmen hervorzuheben, zinsbar gemacht. Geht nun auch aus Obigem hervor, daß zur Zelt der Blüthe des römi- 11*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/93>, abgerufen am 03.07.2024.