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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Es mögen diesem Verzeichnisse einige erläuternde Bemerkungen folgen:

Die dänische Schraubenflotte ist in ihrer Gesammtheit der preußischen
nur in der Manövrirfähigkeit nicht überlegen -- ein Resultat, welches das
entgegengesetzte sein könnte, wenn man in Preußen zur Zeit vor der Regent¬
schaft den Schiffsbau mit größerer Energie betrieben hätte.

Ein wesentlicher Unterschied findet sich in der Größe der Schiffe. In
Preußen hat man mehr auf die Herstellung von Kanonenbooten gesehen, in
Dänemark mehr auf die größerer Schiffe. In Preußen hat hierzu den nächsten
Anlaß gegeben, daß man eine genügende Küstenvertheidigung herstellen wollte,
indessen kann es in Frage kommen, ob namentlich in dem theilweise seichten
und von Inseln durchschnittenen Fahrwasser der Ostsee ein Uebergewicht an
kleineren Schiffen nicht schlechthin ein Uebergewicht gibt. Die Schraubenka¬
nonenboote sind ebensowol im Kampfe auf offener See, als an den Küsten
und ebensowol zum Angriff als zur Vertheidigung zu verwenden. Falls
dieselben sich an größere Schraubenschiffe anlehnen können, sind sie selbst beim
Kampf gegen größere Schraubenschiffe auf offener See von wesentlichem Nutzen.
Den Kampf gegen Segelschiffe brauchen sie auch ohne diese Voraussetzung
nicht zu scheuen; für das Aufbringen von Handelsfahrzeugcn sind sie beson¬
ders geeignet.

Wenn die geringe Anzahl kleiner Schraubenschiffe ein wesentlicher Mangel
der dänischen Flotte ist, so dürfte die geringe Anzahl der größeren Schrau¬
benschiffe in der preußischen Flotte ebensosehr außer Verhältniß zu der
Zahl der Kanonenboote stehen. Die im Bau begriffenen und dazu bestimmten
Corvetten werden diesem Mangel wesentlich abhelfen.

Die preußische sowol, wie die dänische Schraubenflotte sind beide erst
nach 1852 entstanden, die preußische ist sogar noch jünger und sind daher
beide in dieser Hinsicht gleich gut. Eine Ausnahme macht (abgesehen von
einem unbrauchbaren dänischen Kanonenboot) nur das dänische Linienschiff
Skjold. dessen Alter es wol vor der Ehre, in ein Schraubenschiff verwandelt
zu werden, hätte schützen sollen. Als die gewöhnliche Altersgrenze, welche
ein Schiff, ohne seine Kriegstüchtigkeit einzubüßen, erreichen kann, be¬
trachtet man das 22. Jahr, die dänische Marine hat das 30. Jahr als
Grenze der Reparaturen und daher zugleich der Brauchbarkeit angenommen;
die meisten Nationen setzen die Schiffe schon lange vor dem 22. Jahr außer
Dienst, nach den gewöhnlichen Angaben: die Russen schon mit dem 10., die
Engländer mit dem 12. Jahre, und es kann als unzweifelhaft gelten,
daß, wenn schon an sich ein Segelschiff, welchem eine Schraube eingesetzt
wird, kein wirkliches Schraubenschiff wird, die Kriegstüchtigkeit eines Schiffes
von 28 Jahren durch diese Verwandlung nicht gesteigert wird. In den Ge¬
wässern der Ostsee sind überdieß Linienschiffe von sehr beschränkter Verwendbarkeit.


Es mögen diesem Verzeichnisse einige erläuternde Bemerkungen folgen:

Die dänische Schraubenflotte ist in ihrer Gesammtheit der preußischen
nur in der Manövrirfähigkeit nicht überlegen — ein Resultat, welches das
entgegengesetzte sein könnte, wenn man in Preußen zur Zeit vor der Regent¬
schaft den Schiffsbau mit größerer Energie betrieben hätte.

Ein wesentlicher Unterschied findet sich in der Größe der Schiffe. In
Preußen hat man mehr auf die Herstellung von Kanonenbooten gesehen, in
Dänemark mehr auf die größerer Schiffe. In Preußen hat hierzu den nächsten
Anlaß gegeben, daß man eine genügende Küstenvertheidigung herstellen wollte,
indessen kann es in Frage kommen, ob namentlich in dem theilweise seichten
und von Inseln durchschnittenen Fahrwasser der Ostsee ein Uebergewicht an
kleineren Schiffen nicht schlechthin ein Uebergewicht gibt. Die Schraubenka¬
nonenboote sind ebensowol im Kampfe auf offener See, als an den Küsten
und ebensowol zum Angriff als zur Vertheidigung zu verwenden. Falls
dieselben sich an größere Schraubenschiffe anlehnen können, sind sie selbst beim
Kampf gegen größere Schraubenschiffe auf offener See von wesentlichem Nutzen.
Den Kampf gegen Segelschiffe brauchen sie auch ohne diese Voraussetzung
nicht zu scheuen; für das Aufbringen von Handelsfahrzeugcn sind sie beson¬
ders geeignet.

Wenn die geringe Anzahl kleiner Schraubenschiffe ein wesentlicher Mangel
der dänischen Flotte ist, so dürfte die geringe Anzahl der größeren Schrau¬
benschiffe in der preußischen Flotte ebensosehr außer Verhältniß zu der
Zahl der Kanonenboote stehen. Die im Bau begriffenen und dazu bestimmten
Corvetten werden diesem Mangel wesentlich abhelfen.

Die preußische sowol, wie die dänische Schraubenflotte sind beide erst
nach 1852 entstanden, die preußische ist sogar noch jünger und sind daher
beide in dieser Hinsicht gleich gut. Eine Ausnahme macht (abgesehen von
einem unbrauchbaren dänischen Kanonenboot) nur das dänische Linienschiff
Skjold. dessen Alter es wol vor der Ehre, in ein Schraubenschiff verwandelt
zu werden, hätte schützen sollen. Als die gewöhnliche Altersgrenze, welche
ein Schiff, ohne seine Kriegstüchtigkeit einzubüßen, erreichen kann, be¬
trachtet man das 22. Jahr, die dänische Marine hat das 30. Jahr als
Grenze der Reparaturen und daher zugleich der Brauchbarkeit angenommen;
die meisten Nationen setzen die Schiffe schon lange vor dem 22. Jahr außer
Dienst, nach den gewöhnlichen Angaben: die Russen schon mit dem 10., die
Engländer mit dem 12. Jahre, und es kann als unzweifelhaft gelten,
daß, wenn schon an sich ein Segelschiff, welchem eine Schraube eingesetzt
wird, kein wirkliches Schraubenschiff wird, die Kriegstüchtigkeit eines Schiffes
von 28 Jahren durch diese Verwandlung nicht gesteigert wird. In den Ge¬
wässern der Ostsee sind überdieß Linienschiffe von sehr beschränkter Verwendbarkeit.


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[0486] Es mögen diesem Verzeichnisse einige erläuternde Bemerkungen folgen: Die dänische Schraubenflotte ist in ihrer Gesammtheit der preußischen nur in der Manövrirfähigkeit nicht überlegen — ein Resultat, welches das entgegengesetzte sein könnte, wenn man in Preußen zur Zeit vor der Regent¬ schaft den Schiffsbau mit größerer Energie betrieben hätte. Ein wesentlicher Unterschied findet sich in der Größe der Schiffe. In Preußen hat man mehr auf die Herstellung von Kanonenbooten gesehen, in Dänemark mehr auf die größerer Schiffe. In Preußen hat hierzu den nächsten Anlaß gegeben, daß man eine genügende Küstenvertheidigung herstellen wollte, indessen kann es in Frage kommen, ob namentlich in dem theilweise seichten und von Inseln durchschnittenen Fahrwasser der Ostsee ein Uebergewicht an kleineren Schiffen nicht schlechthin ein Uebergewicht gibt. Die Schraubenka¬ nonenboote sind ebensowol im Kampfe auf offener See, als an den Küsten und ebensowol zum Angriff als zur Vertheidigung zu verwenden. Falls dieselben sich an größere Schraubenschiffe anlehnen können, sind sie selbst beim Kampf gegen größere Schraubenschiffe auf offener See von wesentlichem Nutzen. Den Kampf gegen Segelschiffe brauchen sie auch ohne diese Voraussetzung nicht zu scheuen; für das Aufbringen von Handelsfahrzeugcn sind sie beson¬ ders geeignet. Wenn die geringe Anzahl kleiner Schraubenschiffe ein wesentlicher Mangel der dänischen Flotte ist, so dürfte die geringe Anzahl der größeren Schrau¬ benschiffe in der preußischen Flotte ebensosehr außer Verhältniß zu der Zahl der Kanonenboote stehen. Die im Bau begriffenen und dazu bestimmten Corvetten werden diesem Mangel wesentlich abhelfen. Die preußische sowol, wie die dänische Schraubenflotte sind beide erst nach 1852 entstanden, die preußische ist sogar noch jünger und sind daher beide in dieser Hinsicht gleich gut. Eine Ausnahme macht (abgesehen von einem unbrauchbaren dänischen Kanonenboot) nur das dänische Linienschiff Skjold. dessen Alter es wol vor der Ehre, in ein Schraubenschiff verwandelt zu werden, hätte schützen sollen. Als die gewöhnliche Altersgrenze, welche ein Schiff, ohne seine Kriegstüchtigkeit einzubüßen, erreichen kann, be¬ trachtet man das 22. Jahr, die dänische Marine hat das 30. Jahr als Grenze der Reparaturen und daher zugleich der Brauchbarkeit angenommen; die meisten Nationen setzen die Schiffe schon lange vor dem 22. Jahr außer Dienst, nach den gewöhnlichen Angaben: die Russen schon mit dem 10., die Engländer mit dem 12. Jahre, und es kann als unzweifelhaft gelten, daß, wenn schon an sich ein Segelschiff, welchem eine Schraube eingesetzt wird, kein wirkliches Schraubenschiff wird, die Kriegstüchtigkeit eines Schiffes von 28 Jahren durch diese Verwandlung nicht gesteigert wird. In den Ge¬ wässern der Ostsee sind überdieß Linienschiffe von sehr beschränkter Verwendbarkeit.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/486>, abgerufen am 26.06.2024.