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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Zur deutschen Kriegsmariue.
' -i)neu"-,se Alt^titi^Ul.

Die Grundsätze welche seit Jahrhunderten das Marinewesen Europas be¬
herrschten und in ihrer ausgebildeten Form unumstößlich zu sein schienen,
haben seit einem Jahrzehent durch vervollkommnete Anwendung der Dampf¬
kraft und die Fortschritte der Artilleriewissenschnst weitgreifende Veränderungen
erlitten.

Die Anwendung der Dampfkraft auf die Schifffahrt legte die bewegende
Kraft in das Schiff selbst und machte dasselbe dadurch von den Zufälligkeiten
des Windes unabhängig. Indeß die, bei allen Dampfschiffen gleichmäßig
vorhandene Schwierigkeit, für größere Kohlenvorräthe genügende Räume zu
gewinnen, läßt für dieselben die Anwendung der Segel nicht entbehrlich
erscheinen. Die Näderdampfer können aber wegen der hohen Lage der Maschine
nur eine geringe Beseglung erhalten; überdieß nehmen die Schaufelräder ei¬
nen bedeutenden, sonst für die Geschütze bestimmten, Raum ein und sind, so
wie die Maschine, der Zerstörung ausgesetzt. Bei den Näderdampfern über¬
wiegen daher die Mängel der Bewaffnung die Vortheile der Bewegung; die¬
selben vermochten keineswegs die Segelschiffe zu verdrängen und überflüssig zu
machen.

Dieß blieb erst den Schraubenschiffen vorbehalten. Die Erfindung der
Schraube legte die Bewegungsvorrichtungen, die Maschine und die Schraube
selbst, unter den Wasserspiegel und damit außerhalb des Bereiches der feind¬
lichen Geschosse. Dadurch wurde zugleich ermöglicht, daß'das Schraubenschiff
die volle Seitenbewaffnung und die volle Beseglung eines Segelschiffes erhielt.
Die Schraubenschiffe sind gemischte Schiffe; es sind Segelschiffe, welche, für
den Fall eines ungenügenden oder widrigen Windes, durch die Dampfkraft
selbständig bewegt werden können, ohne dadurch irgend eines Vortheils des
Segelschiffes beraubt zu werden. Die Unabhängigkeit, zu welcher das Schiff
dadurch in Betreff der Natur und des Feindes gelangt ist, führt dazu, daß
künftig im Wesentlichen nur noch Flotten von Schraubenschiffen existiren werden.

Die Bewaffnung der Kriegsschiffe hat jetzt ebenso bedeutende Verände-


Zur deutschen Kriegsmariue.
' -i)neu«-,se Alt^titi^Ul.

Die Grundsätze welche seit Jahrhunderten das Marinewesen Europas be¬
herrschten und in ihrer ausgebildeten Form unumstößlich zu sein schienen,
haben seit einem Jahrzehent durch vervollkommnete Anwendung der Dampf¬
kraft und die Fortschritte der Artilleriewissenschnst weitgreifende Veränderungen
erlitten.

Die Anwendung der Dampfkraft auf die Schifffahrt legte die bewegende
Kraft in das Schiff selbst und machte dasselbe dadurch von den Zufälligkeiten
des Windes unabhängig. Indeß die, bei allen Dampfschiffen gleichmäßig
vorhandene Schwierigkeit, für größere Kohlenvorräthe genügende Räume zu
gewinnen, läßt für dieselben die Anwendung der Segel nicht entbehrlich
erscheinen. Die Näderdampfer können aber wegen der hohen Lage der Maschine
nur eine geringe Beseglung erhalten; überdieß nehmen die Schaufelräder ei¬
nen bedeutenden, sonst für die Geschütze bestimmten, Raum ein und sind, so
wie die Maschine, der Zerstörung ausgesetzt. Bei den Näderdampfern über¬
wiegen daher die Mängel der Bewaffnung die Vortheile der Bewegung; die¬
selben vermochten keineswegs die Segelschiffe zu verdrängen und überflüssig zu
machen.

Dieß blieb erst den Schraubenschiffen vorbehalten. Die Erfindung der
Schraube legte die Bewegungsvorrichtungen, die Maschine und die Schraube
selbst, unter den Wasserspiegel und damit außerhalb des Bereiches der feind¬
lichen Geschosse. Dadurch wurde zugleich ermöglicht, daß'das Schraubenschiff
die volle Seitenbewaffnung und die volle Beseglung eines Segelschiffes erhielt.
Die Schraubenschiffe sind gemischte Schiffe; es sind Segelschiffe, welche, für
den Fall eines ungenügenden oder widrigen Windes, durch die Dampfkraft
selbständig bewegt werden können, ohne dadurch irgend eines Vortheils des
Segelschiffes beraubt zu werden. Die Unabhängigkeit, zu welcher das Schiff
dadurch in Betreff der Natur und des Feindes gelangt ist, führt dazu, daß
künftig im Wesentlichen nur noch Flotten von Schraubenschiffen existiren werden.

Die Bewaffnung der Kriegsschiffe hat jetzt ebenso bedeutende Verände-


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[0479] Zur deutschen Kriegsmariue. ' -i)neu«-,se Alt^titi^Ul. Die Grundsätze welche seit Jahrhunderten das Marinewesen Europas be¬ herrschten und in ihrer ausgebildeten Form unumstößlich zu sein schienen, haben seit einem Jahrzehent durch vervollkommnete Anwendung der Dampf¬ kraft und die Fortschritte der Artilleriewissenschnst weitgreifende Veränderungen erlitten. Die Anwendung der Dampfkraft auf die Schifffahrt legte die bewegende Kraft in das Schiff selbst und machte dasselbe dadurch von den Zufälligkeiten des Windes unabhängig. Indeß die, bei allen Dampfschiffen gleichmäßig vorhandene Schwierigkeit, für größere Kohlenvorräthe genügende Räume zu gewinnen, läßt für dieselben die Anwendung der Segel nicht entbehrlich erscheinen. Die Näderdampfer können aber wegen der hohen Lage der Maschine nur eine geringe Beseglung erhalten; überdieß nehmen die Schaufelräder ei¬ nen bedeutenden, sonst für die Geschütze bestimmten, Raum ein und sind, so wie die Maschine, der Zerstörung ausgesetzt. Bei den Näderdampfern über¬ wiegen daher die Mängel der Bewaffnung die Vortheile der Bewegung; die¬ selben vermochten keineswegs die Segelschiffe zu verdrängen und überflüssig zu machen. Dieß blieb erst den Schraubenschiffen vorbehalten. Die Erfindung der Schraube legte die Bewegungsvorrichtungen, die Maschine und die Schraube selbst, unter den Wasserspiegel und damit außerhalb des Bereiches der feind¬ lichen Geschosse. Dadurch wurde zugleich ermöglicht, daß'das Schraubenschiff die volle Seitenbewaffnung und die volle Beseglung eines Segelschiffes erhielt. Die Schraubenschiffe sind gemischte Schiffe; es sind Segelschiffe, welche, für den Fall eines ungenügenden oder widrigen Windes, durch die Dampfkraft selbständig bewegt werden können, ohne dadurch irgend eines Vortheils des Segelschiffes beraubt zu werden. Die Unabhängigkeit, zu welcher das Schiff dadurch in Betreff der Natur und des Feindes gelangt ist, führt dazu, daß künftig im Wesentlichen nur noch Flotten von Schraubenschiffen existiren werden. Die Bewaffnung der Kriegsschiffe hat jetzt ebenso bedeutende Verände-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/479>, abgerufen am 26.06.2024.