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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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wissen wir nicht, können aber sagen, welche er vor Allem meinen konnte. In
surren, Prince George, Charles City und James, Grafschaften, welche am
James River liegen, von Natur einen vortrefflichen Boden haben und sich
überdieß des Vortheils erfreuen, daß die Umgebung seit zwei Jahrhunderten
in Cultur ist, beträgt der Durchschnittswerth der Landgüter nur 6 Dollars
per Acker. Die Zahl der Sklaven aber kommt hier der Zahl der freien Be¬
völkerung fast gleich. Auf Fairfax County konnte der Redner nur theilweise
anspielen. Hier hatte das Land vor zwanzig Jahren noch weniger Werth als
in den Grafschaften am James River, aber jetzt hat sich das sehr gebessert.
Vormals war die Sklavenbevöikerung hier größer als die der Freien, jetzt be¬
trägt sie in Folge von Auswanderung und Verkauf nur noch die Hälfte der
letztern. An die Stelle der Sklaven sind sreie Arbeiter getreten und der Segen
der Umwandelung prägt sich allenthalben aus. Tausende und aber Tausende
von Ackern Landes, welche früher mit Tabak bepflanzt, erschöpft, verlassen wor¬
den und verwildert waren, sind von Einwanderern aus Pennsylvanien gekauft,
in Parcellen zerschlagen und einem neuen Anbau unterworfen worden, und wo
früher nichts als von Kiefern überwachsene Wildniß zu sehen war, erfreuen
jetzt schöne Farmhäuser und Scheuern, von Feldern und Wiesen umgeben, das
Auge des Wandrers. Vor zehn Jahren fragte man sich noch, ob Ländereien
in Fairfax County die Kosten des Anbau's lohnen könnten. Diese Frage ist
jetzt beantwortet und mit ihr zugleich die Frage, wie ganz Virginien zu heben
wäre. Die Antwort lautet- Durch möglichste Beschränkung und allmälige Auf¬
hebung der Sklaverei, die nur in der Form von Negergestüten einigen Nutzen
abwirft und im Allgemeinen wol Einzelne, nicht aber den Staat reich ma¬
chen kann.

Einiges, was noch hierher gehören könnte, fügt sich besser in einen
späteren Zusammenhang, in welchem wir unsre Mittheilungen über Vir¬
ginien durch eine kurze Schilderung der gesellschaftlichen Verhältnisse des
Landes beschließen werden. Hier thun wir nur noch einen Blick auf die wich¬
tigsten Städte desselben. Richmond, die Hauptstadt des Staates, etwa 28
deutsche Meilen südwestlich von Washington am James River und an der
großen Haupteisenbahn von Boston nach Neuorleans gelegen und von unge'
fähr 32.000 Menschen bewohnt, ist eine sehr hübsche Mittelstadt. Es besteht
aus einem obern und einem untern Theil, von denen der erstere die Höhe ei¬
ner steilen sandigen Uferwand krönt, der letztere sich unmittelbar am Flusse
hinzieht. Das zwischen der Hauptstraße und dem Wasser gelegene Viertel,
in welchem vorzüglich die Gewölbe der Großhändler stehen, ist dunkel und
enge. Dagegen sind die Straßen der Oberstadt breit, hell und zum Theil
von recht eleganten Häusern eingefaßt. Hier auf dem Shockhoe-Hill befindet
sich auch das Capitol, ein Gebäude, welches, in einem Styl erbaut, den nur


wissen wir nicht, können aber sagen, welche er vor Allem meinen konnte. In
surren, Prince George, Charles City und James, Grafschaften, welche am
James River liegen, von Natur einen vortrefflichen Boden haben und sich
überdieß des Vortheils erfreuen, daß die Umgebung seit zwei Jahrhunderten
in Cultur ist, beträgt der Durchschnittswerth der Landgüter nur 6 Dollars
per Acker. Die Zahl der Sklaven aber kommt hier der Zahl der freien Be¬
völkerung fast gleich. Auf Fairfax County konnte der Redner nur theilweise
anspielen. Hier hatte das Land vor zwanzig Jahren noch weniger Werth als
in den Grafschaften am James River, aber jetzt hat sich das sehr gebessert.
Vormals war die Sklavenbevöikerung hier größer als die der Freien, jetzt be¬
trägt sie in Folge von Auswanderung und Verkauf nur noch die Hälfte der
letztern. An die Stelle der Sklaven sind sreie Arbeiter getreten und der Segen
der Umwandelung prägt sich allenthalben aus. Tausende und aber Tausende
von Ackern Landes, welche früher mit Tabak bepflanzt, erschöpft, verlassen wor¬
den und verwildert waren, sind von Einwanderern aus Pennsylvanien gekauft,
in Parcellen zerschlagen und einem neuen Anbau unterworfen worden, und wo
früher nichts als von Kiefern überwachsene Wildniß zu sehen war, erfreuen
jetzt schöne Farmhäuser und Scheuern, von Feldern und Wiesen umgeben, das
Auge des Wandrers. Vor zehn Jahren fragte man sich noch, ob Ländereien
in Fairfax County die Kosten des Anbau's lohnen könnten. Diese Frage ist
jetzt beantwortet und mit ihr zugleich die Frage, wie ganz Virginien zu heben
wäre. Die Antwort lautet- Durch möglichste Beschränkung und allmälige Auf¬
hebung der Sklaverei, die nur in der Form von Negergestüten einigen Nutzen
abwirft und im Allgemeinen wol Einzelne, nicht aber den Staat reich ma¬
chen kann.

Einiges, was noch hierher gehören könnte, fügt sich besser in einen
späteren Zusammenhang, in welchem wir unsre Mittheilungen über Vir¬
ginien durch eine kurze Schilderung der gesellschaftlichen Verhältnisse des
Landes beschließen werden. Hier thun wir nur noch einen Blick auf die wich¬
tigsten Städte desselben. Richmond, die Hauptstadt des Staates, etwa 28
deutsche Meilen südwestlich von Washington am James River und an der
großen Haupteisenbahn von Boston nach Neuorleans gelegen und von unge'
fähr 32.000 Menschen bewohnt, ist eine sehr hübsche Mittelstadt. Es besteht
aus einem obern und einem untern Theil, von denen der erstere die Höhe ei¬
ner steilen sandigen Uferwand krönt, der letztere sich unmittelbar am Flusse
hinzieht. Das zwischen der Hauptstraße und dem Wasser gelegene Viertel,
in welchem vorzüglich die Gewölbe der Großhändler stehen, ist dunkel und
enge. Dagegen sind die Straßen der Oberstadt breit, hell und zum Theil
von recht eleganten Häusern eingefaßt. Hier auf dem Shockhoe-Hill befindet
sich auch das Capitol, ein Gebäude, welches, in einem Styl erbaut, den nur


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/474>, abgerufen am 22.07.2024.