Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.die Kanonen dahin, wo sie stehen sollen, und dort bleiben sie, denn die Pferde Da die meisten Regimenter Zelte besitzen, so müssen sie sich selbstverständ¬ Die Unisormirung der Milizen ist nichts weniger als gleich. Es gibt Weniger vermuthlich bei europäischen Soldaten, wagen wir zu behaupten. Wie einen beliebigen Namen und beliebige Uniform, so wählen sich diese die Kanonen dahin, wo sie stehen sollen, und dort bleiben sie, denn die Pferde Da die meisten Regimenter Zelte besitzen, so müssen sie sich selbstverständ¬ Die Unisormirung der Milizen ist nichts weniger als gleich. Es gibt Weniger vermuthlich bei europäischen Soldaten, wagen wir zu behaupten. Wie einen beliebigen Namen und beliebige Uniform, so wählen sich diese <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0353" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111785"/> <p xml:id="ID_1148" prev="#ID_1147"> die Kanonen dahin, wo sie stehen sollen, und dort bleiben sie, denn die Pferde<lb/> stehen nicht im Feuer.</p><lb/> <p xml:id="ID_1149"> Da die meisten Regimenter Zelte besitzen, so müssen sie sich selbstverständ¬<lb/> lich auch bisweilen das Vergnügen eines Lagers verschaffen. Ein solches ver¬<lb/> schönerte im Sommer vorigen Jahres auf zehn Tage das hübsche Staaten-<lb/> Island bei Neuyork. Es war das 2. Regiment, welches man als die Garde<lb/> der Mnnhattanstadt bezeichnet. Die Leute entwickelten ungewöhnlichen Eifer,<lb/> und so mag wol beinahe die Hälfte des Regiments angethan haben. Es<lb/> waren ungemein heitere Tage: früh etwas Exerciren, dann vergnügtes Zu¬<lb/> sammenleben mit den Herren Kameraden, guten Freunden und der Frau Ge¬<lb/> mahlin nebst Familie, zum Schluß das erhebende Bewußtsein, im Kriege ge¬<lb/> wesen zu sein; denn daß dies wirtlich der Krieg ist, wird kein Neuyorker<lb/> Milizmann in Abrede stellen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1150"> Die Unisormirung der Milizen ist nichts weniger als gleich. Es gibt<lb/> Regimenter, die wir gewöhnliche nennen wollen, und dann sogenannte unab¬<lb/> hängige Corps. Die ersteren tragen meist Civiltieider und erhalten ihre Waffen<lb/> vom Staate. Die letzteren, größtentheils aus eingewanderten Bürgern zusam¬<lb/> mengesetzt, müssen sich Montur und Ausrüstung selbst anschaffen, haben aber dafür<lb/> die Freiheit, ihrem Corps einen prächtigen, heldenmüthigen Namen zu geben und<lb/> ihr Sterbliches in eine eben so prächtige und nicht weniger heldenmüthige<lb/> Haut zu hüllen, die im Vergleich mit ihrer Haltung die Fremden an eine<lb/> bekannte Löwenhaut und deren ungeschickten Gebrauch erinnert, aber doch den<lb/> Einheimischen, besonders denen vom schönen Geschlecht imponirt. Da hat man<lb/> eine Lafayettegucird, eine Steubenguard, freilich auch eine Butcherguard und eine<lb/> Bäckerguard. Da gibt's französische Grcnadierunisormen, gewürfelte Berg-<lb/> ichotten, grüne Jrländer, Tiroler Scharfschützen, Tambourmajors und Sappeure,<lb/> die ganz Bart und Bärmütze sind, Husaren und Dragoner, mit ihren Pelzen und<lb/> Helmbüschen so grimmig anzuschauen, daß man nur und Zittern daran-denkt,<lb/> welche blutigen Thaten in den Herzen dieser trotzigen Kriegsleute für den<lb/> Augenblick lauern, wo sie gereizt werden, schwarze Jäger, oder andere wilde<lb/> Gestalten mit Schnurrbärten, entsetzlich langen, furchtbaren Schnurrbärten, von<lb/> denen man wochenlang in seinen Träumen verfolgt wird und die, wenn sich<lb/> Noch damit ein Backenbart verbindet, absolut unwiderstehlich sein müssen,<lb/> namentlich bei der Damenbekanntschaft ihrer Träger.</p><lb/> <p xml:id="ID_1151"> Weniger vermuthlich bei europäischen Soldaten, wagen wir zu behaupten.<lb/> "Aber laßt sie nur kommen, diese Engländer, diese Franzosen! Hauen sie sofort<lb/> w die PfanneI Hurrah für die Söhne der Freiheit!" So spricht der Held<lb/> von der Bürgerwehr und pflanzt mit entschlossener Miene sein Bajonett auf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1152" next="#ID_1153"> Wie einen beliebigen Namen und beliebige Uniform, so wählen sich diese<lb/> "Unabhängigen" Regimenter und Compagnien auch beliebig viele Offiziere.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0353]
die Kanonen dahin, wo sie stehen sollen, und dort bleiben sie, denn die Pferde
stehen nicht im Feuer.
Da die meisten Regimenter Zelte besitzen, so müssen sie sich selbstverständ¬
lich auch bisweilen das Vergnügen eines Lagers verschaffen. Ein solches ver¬
schönerte im Sommer vorigen Jahres auf zehn Tage das hübsche Staaten-
Island bei Neuyork. Es war das 2. Regiment, welches man als die Garde
der Mnnhattanstadt bezeichnet. Die Leute entwickelten ungewöhnlichen Eifer,
und so mag wol beinahe die Hälfte des Regiments angethan haben. Es
waren ungemein heitere Tage: früh etwas Exerciren, dann vergnügtes Zu¬
sammenleben mit den Herren Kameraden, guten Freunden und der Frau Ge¬
mahlin nebst Familie, zum Schluß das erhebende Bewußtsein, im Kriege ge¬
wesen zu sein; denn daß dies wirtlich der Krieg ist, wird kein Neuyorker
Milizmann in Abrede stellen.
Die Unisormirung der Milizen ist nichts weniger als gleich. Es gibt
Regimenter, die wir gewöhnliche nennen wollen, und dann sogenannte unab¬
hängige Corps. Die ersteren tragen meist Civiltieider und erhalten ihre Waffen
vom Staate. Die letzteren, größtentheils aus eingewanderten Bürgern zusam¬
mengesetzt, müssen sich Montur und Ausrüstung selbst anschaffen, haben aber dafür
die Freiheit, ihrem Corps einen prächtigen, heldenmüthigen Namen zu geben und
ihr Sterbliches in eine eben so prächtige und nicht weniger heldenmüthige
Haut zu hüllen, die im Vergleich mit ihrer Haltung die Fremden an eine
bekannte Löwenhaut und deren ungeschickten Gebrauch erinnert, aber doch den
Einheimischen, besonders denen vom schönen Geschlecht imponirt. Da hat man
eine Lafayettegucird, eine Steubenguard, freilich auch eine Butcherguard und eine
Bäckerguard. Da gibt's französische Grcnadierunisormen, gewürfelte Berg-
ichotten, grüne Jrländer, Tiroler Scharfschützen, Tambourmajors und Sappeure,
die ganz Bart und Bärmütze sind, Husaren und Dragoner, mit ihren Pelzen und
Helmbüschen so grimmig anzuschauen, daß man nur und Zittern daran-denkt,
welche blutigen Thaten in den Herzen dieser trotzigen Kriegsleute für den
Augenblick lauern, wo sie gereizt werden, schwarze Jäger, oder andere wilde
Gestalten mit Schnurrbärten, entsetzlich langen, furchtbaren Schnurrbärten, von
denen man wochenlang in seinen Träumen verfolgt wird und die, wenn sich
Noch damit ein Backenbart verbindet, absolut unwiderstehlich sein müssen,
namentlich bei der Damenbekanntschaft ihrer Träger.
Weniger vermuthlich bei europäischen Soldaten, wagen wir zu behaupten.
"Aber laßt sie nur kommen, diese Engländer, diese Franzosen! Hauen sie sofort
w die PfanneI Hurrah für die Söhne der Freiheit!" So spricht der Held
von der Bürgerwehr und pflanzt mit entschlossener Miene sein Bajonett auf.
Wie einen beliebigen Namen und beliebige Uniform, so wählen sich diese
"Unabhängigen" Regimenter und Compagnien auch beliebig viele Offiziere.
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