Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.Schos von Brixen der von Trient und andere Priester die Sisyphusarbeit -- Grenzbotm II. 1801. 30-
Schos von Brixen der von Trient und andere Priester die Sisyphusarbeit — Grenzbotm II. 1801. 30-
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Schos von Brixen der von Trient und andere Priester die Sisyphusarbeit —
versuchten, den Stein ihrer Intoleranz mit dem Hebel der Sophistik und sal¬
bungsvollen Phrasen auf den Berg, zu wälzen und wie er ihnen jedesmal zu¬
rückrollte, sondern weisen hier nur noch auf die Reden einiger bäuerlichen Abge¬
ordneten hin. welche auch noch andere Motive durchschimmern ließen als religiöse.
Es war die Furcht vor dem Uebergewicht protestantischen Wissens, protestan¬
tischen Capitals, was weiter die träge Zunge löste. Die Oberinnthaler besorg¬
ten durch it,re protestantischen Gläubiger im Engadin von Haus und Hos ge¬
trieben zu werden; als ob ein Bürger der freien Schweiz eine solche Sehn¬
sucht hätte, östreichischer Unterthan zu werden und die dermalige Glückseligkeit
unserer Zustände zu genießen! Die Liberalen haben sich mannhaft gewehrt,
ihre zum Theil gediegenen Reden flössen jedoch durch das Sieb der Danai-
den und brachten keine andere Wirkung hervor, als daß sie aller Orten
denuncirt wurden. Wir nennen die Namen der Männer. Sie haben
Anspruch auf den Dank des gebildeten Deutschlands, wenn sie auch nicht
im Stande waren, eine schon entschiedene Sache rückgängig zu machen. Voran
ficht Pfretzschner. Doctor der Medicin aus dem Unterinnthale, weicher auch
bereits 18 48 'auf der Linken des Reichstages zu Wien und Krcmsier saß. Er
wies darauf hin. daß es nicht passend sei, der Regierung im gegenwärtigen
Augenblicke neue Verlegenheiten zu bereiten; er hätte freilich wissen sollen,
daß die gerühmte Loyalität unserer Fanatiker nur soweit reicht, als die Re¬
gierung ihrem selbstsüchtigen Zelotismus Raum gönnt. Putzer aus Botzen
rügte es scharf. daß man eine engherzige Kirchthurmspolitik dem Wohle des
Gesammtstaates vorziehe. M. Meyr. ein Kaufmann aus Innsbruck, sagte: man
dürfe Deutschland nicht zurückstoßen, da man dessen Hilfe vielleicht recht bald
nöthig habe; denn nicht von unsern protestantischen Brüdern im Norden, son¬
dern vom Mazzinismus, im rothen Gewand, drohe uns aus Süden Gefahr.
Das widerlegte ein Geistlicher mit dem Ausrufe: „Der Mazzinismus sei der
Sohn des Protestantismus!" Goldegg schilderte in bittern Worten das Trei¬
ben der reactionären Partei. Alles vergebens! Zuletzt trat Herr Haselwanter
als Berichterstatter auf und bekämpfte die Liberalen nicht mit vernünftigen
Gründen, sondern mit Grobheiten im Style des Tirolerwastcls. Man wies
'hu allerdings zurecht; sein klericales Publicum schämte sich jedoch nicht, ihm
Beifall zu zollen. Nun wurde abgestimmt. Der Antrag des Bischofs von
^nxen erhielt die Majorität mit 37 gegen 11 Stimmen. Jetzt fragt es sich,
was die Regierung thun wird. Ob unsere Schützen ausrücken oder nicht,
wie einige Zeloten für den Fall, daß die Protestanten als gleichberechtigt erklärt
würden, drohten, kann ihr ziemlich gleichgiltig sein, der militärische Werth dieser
Hilfe reducirt sich nach dem Urtheile aller Verständigen ohnehin auf Null,
^in Aufstand wie 1809 wird keiner erfolgen. Schmerling kann also energisch auf-
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