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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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der aus ihren Pfannen tretenden Achselknochenköpfe hörte. Im gelinderen
Falle wurde er hieraus mit zwei Fackeln zugleich in den Seiten gebrannt, im
verschärften mit einer Fackel abwechselnd jede Seite. Im Jahre 1492 wurde
die Grausamkeit bei dem Kämmerer Karg so weit getrieben, daß er vierzehn
Mal mit Steinen ausgezogen und seine Arme für immer gelähmt wurden. Ihm
war aufgebürdet worden, daß er die Stadt habe verrathen wollen, unrecht an
der Gemeinde und dem Kaiser widerwärtig gehandelt habe. Im Grund¬
balken des Triangels befinden sich zwei hölzerne Zapfen. Eine andere Art der
Tortur bestand darin, daß der zu Torquirende an den Triangel so gebunden
wurde, daß die Zapfen auf seine Brust gerichtet waren, worauf er ebenfalls
in die Höhe gezogen und sein Rücken durch Geißelhiebe zerfleischt wurde.
Weiter befindet sich in dieser Folterkammer der sogenannte ..spanische Esel", ein
aufrecht stehendes oben scharf zugespitztes Brett, nahezu 6 Schuh hoch und
1'/- Zoll dick, worauf der Delinquent entkleidet rittlings gesetzt wurde. Die
Füße wurden durch Steine beschwert und straff angezogen. Man bezeichnete
dies durch den Ausdruck, ihm die Sporen anlegen. Ein anderes Marter¬
instrument ist der Beichtstuhl oder Jungfrauenschooß. welcher die Form eines
Armsessels hat. Der Sitz desselben besteht in einem hölzernen Kissen mit
hundert konischen hölzernen Zwecken versehen, worauf der Inquisit entkleidet
gesetzt, ihm ein Centnerstein auf den Schooß gelegt, durch seine Arme rück¬
wärts eine achtkantige Walze gesteckt und die Hände auf der Brust zusammen¬
gebunden wurden. Die Walze wurde an beiden Enden fortwährend durch
die Henkersknechte umgedreht. Noch befindet sich daselbst eine ungefähr
20 Schuh hohe, mit vier drcischneidigen beweglichen Walzen versehene Leiter,
in der Haut'ersprachc Rutschbahn genannt, auf welcher der Delinquent auf-
und niedergezogen oder wie bei der "schlimmen Liesel" ausgespannt und ge¬
brannt wurde. Ein ungefähr 4 Schuh hoher hölzerner Leuchter auf dessen
beiden Armen je ein Kerzenlicht brannte, ist mit einem Crucifix zum Troste
der armen Sünder versehen.

Von den vielen Hunderten, welche da gepeinigt wurden, muß bei der
Jahrzahl 1472 jenes Erlbacher gedacht werden, welcher dreimal ledig, achtmal
mit Steinen aufgezogen, geschupft und auf der Leiter gebrannt wurde, weil
man wollte, daß er auf der Folter stürbe, aber umsonst! Ferner des Bürger-
Meisters Wolfgang Lißkirchncr, der als ein altersschwacher Greis, weil 200
Pfund in der Rechnung fehlten, in der Christmartcrwoche siebenmal an einem
Tag aufgezogen wurde, um Geständnisse von ihm zu erpressen. Am Montag
"ach Ostern 1513 wurde er in Folge der erzwungenen Geständnisse hinzeuch¬
st. Hier war es auch, wo jener des Einverständnisses mit Wallensteins Ab¬
fall verdächtige General Hans Ulrich Schaasgotsche -- um Geständnisse von
'hin zu erpressen, obgleich er schon bei seiner Festsetzung dem Tode verfallen


Grcnzliotcn II, 1861. 25

der aus ihren Pfannen tretenden Achselknochenköpfe hörte. Im gelinderen
Falle wurde er hieraus mit zwei Fackeln zugleich in den Seiten gebrannt, im
verschärften mit einer Fackel abwechselnd jede Seite. Im Jahre 1492 wurde
die Grausamkeit bei dem Kämmerer Karg so weit getrieben, daß er vierzehn
Mal mit Steinen ausgezogen und seine Arme für immer gelähmt wurden. Ihm
war aufgebürdet worden, daß er die Stadt habe verrathen wollen, unrecht an
der Gemeinde und dem Kaiser widerwärtig gehandelt habe. Im Grund¬
balken des Triangels befinden sich zwei hölzerne Zapfen. Eine andere Art der
Tortur bestand darin, daß der zu Torquirende an den Triangel so gebunden
wurde, daß die Zapfen auf seine Brust gerichtet waren, worauf er ebenfalls
in die Höhe gezogen und sein Rücken durch Geißelhiebe zerfleischt wurde.
Weiter befindet sich in dieser Folterkammer der sogenannte ..spanische Esel", ein
aufrecht stehendes oben scharf zugespitztes Brett, nahezu 6 Schuh hoch und
1'/- Zoll dick, worauf der Delinquent entkleidet rittlings gesetzt wurde. Die
Füße wurden durch Steine beschwert und straff angezogen. Man bezeichnete
dies durch den Ausdruck, ihm die Sporen anlegen. Ein anderes Marter¬
instrument ist der Beichtstuhl oder Jungfrauenschooß. welcher die Form eines
Armsessels hat. Der Sitz desselben besteht in einem hölzernen Kissen mit
hundert konischen hölzernen Zwecken versehen, worauf der Inquisit entkleidet
gesetzt, ihm ein Centnerstein auf den Schooß gelegt, durch seine Arme rück¬
wärts eine achtkantige Walze gesteckt und die Hände auf der Brust zusammen¬
gebunden wurden. Die Walze wurde an beiden Enden fortwährend durch
die Henkersknechte umgedreht. Noch befindet sich daselbst eine ungefähr
20 Schuh hohe, mit vier drcischneidigen beweglichen Walzen versehene Leiter,
in der Haut'ersprachc Rutschbahn genannt, auf welcher der Delinquent auf-
und niedergezogen oder wie bei der „schlimmen Liesel" ausgespannt und ge¬
brannt wurde. Ein ungefähr 4 Schuh hoher hölzerner Leuchter auf dessen
beiden Armen je ein Kerzenlicht brannte, ist mit einem Crucifix zum Troste
der armen Sünder versehen.

Von den vielen Hunderten, welche da gepeinigt wurden, muß bei der
Jahrzahl 1472 jenes Erlbacher gedacht werden, welcher dreimal ledig, achtmal
mit Steinen aufgezogen, geschupft und auf der Leiter gebrannt wurde, weil
man wollte, daß er auf der Folter stürbe, aber umsonst! Ferner des Bürger-
Meisters Wolfgang Lißkirchncr, der als ein altersschwacher Greis, weil 200
Pfund in der Rechnung fehlten, in der Christmartcrwoche siebenmal an einem
Tag aufgezogen wurde, um Geständnisse von ihm zu erpressen. Am Montag
"ach Ostern 1513 wurde er in Folge der erzwungenen Geständnisse hinzeuch¬
st. Hier war es auch, wo jener des Einverständnisses mit Wallensteins Ab¬
fall verdächtige General Hans Ulrich Schaasgotsche — um Geständnisse von
'hin zu erpressen, obgleich er schon bei seiner Festsetzung dem Tode verfallen


Grcnzliotcn II, 1861. 25
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/203>, abgerufen am 22.07.2024.