Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Position der Beanen. die sogar eine gesetzlich autorisirte Ceremonie war. ist
sicher nur als eine weitere Ausbildung jener alten Possen anzusehen.

Was die Zahl und die sonstigen Verhältnisse der spätern Professoren an¬
langt, so bestimmt wenigstens ein Gesetz des Kaisers Theodosius des
Zweiten (425 nach Chr.) die Zahl der öffentlichen Professoren zu Konstant!'
nopel. wobei man vielleicht das Muster der älteren kaiserlichen Universität
in Rom vor Augen hatte. Darnach sollten im Ganzen 31 Professoren sein
und zwar drei römische und fünf griechische Rhetoren, zehn.Grammatiker für
jede der beiden Sprachen, ein Philosoph und zwei Juristen. Jedem akade¬
mischen Lehrer wurde ein besonderes Auditorium angewiesen, und zwar bestand
das Universitätsgebäude aus einer großen Porticus (im achten Distrikte der
Stadt), in deren schattigen Säulengängen halbmondförmige Ausbiegungen
mit amphitheatralisch ansteigenden hölzernen Sitzreihen in solchen Zwischen-
räumen angebracht waren, daß die Vortragenden sich gegenseitig nicht stören
konnten. Außerdem gab es auch kleinere Zimmer (xergulg-o). Die nicht
öffentlichen Lehrer (Privatdocenten), die zum Aerger der ordentlichen Professoren
zuweilen mit der größeren Zahl ihrer Zuhörer prahlend die öffentlichen Unter-
richtslocale benutzten, wies das Gesetz bei Strafe der Ausweisung in die
Schranken der Privatwohnungen zurück. Die wirklichen Professoren sollten
dagegen nie Privatunterricht ertheilen; sonst verloren sie ihre Privilegien und
den Anspruch auf die nach zwanzigjähriger, tadelloser Dienstzeit seit Konstantin
ihnen ertheilten Jnsignien und Titel der ersten Verdienstklasse. Es setzt diese
Beschränkung der im Staatsdienst stehenden Universitätslehrer einen aus¬
reichenden Gehalt voraus. LeiNer können wir aber kaum einen der Herren
Professoren genau nachrechnen. Die Besoldung aus dem Fiscus bestand größten¬
teils aus Getreidcliefcrungcn und kann wol in ihrem Werthe ermittelt wer¬
den. Das Deputat our.de nämlich nach den Gctrcideportionen (tmnonae) be¬
stimmt, welche die ärmern Bewohner Roms seit alter Zeit theils unentgeld-
lich. theils zu geringem Preise aus den öffentlichen Magazinen bezogen.
Gewöhnlich rechnete man auf den Kopf monatlich fünf römische Scheffel,
also jährlich 60 9-/, preußische Scheffel. Nun dotirte, der Kaiser Gratian
(36?) die Rhetoren in Gallien mit 24 Ammonem (228 pr. Scheffel), die
Grammatiker mit der Hälfte (sie standen sich stets schlechter als die Lehrer
der Beredsamkeit); nur unter den Professoren zu Trier, dem reichen Moselathen,
wurde der Rhetor nut 30 Ammonem (285 sah.). der lateinische Grammatiker
um 20. der griechische, "wenn ein würdiger aufgetrieben werden könnte."
"Ut 12 bedacht. Nimmt man aber bei dem Schwanken der Waizenpreise als
^ehe hohen Durchschnittspreis für den preußischen Scheffel 1 Thaler an. so sieht
">an klar, daß die Lehrer von diesen Getreiderationcn nicht leben konnien. und
Wenn man auch anzunehmen geneigt wäre, daß die Professoren zu Rom und


Grenzboten. II, 1861.

Position der Beanen. die sogar eine gesetzlich autorisirte Ceremonie war. ist
sicher nur als eine weitere Ausbildung jener alten Possen anzusehen.

Was die Zahl und die sonstigen Verhältnisse der spätern Professoren an¬
langt, so bestimmt wenigstens ein Gesetz des Kaisers Theodosius des
Zweiten (425 nach Chr.) die Zahl der öffentlichen Professoren zu Konstant!'
nopel. wobei man vielleicht das Muster der älteren kaiserlichen Universität
in Rom vor Augen hatte. Darnach sollten im Ganzen 31 Professoren sein
und zwar drei römische und fünf griechische Rhetoren, zehn.Grammatiker für
jede der beiden Sprachen, ein Philosoph und zwei Juristen. Jedem akade¬
mischen Lehrer wurde ein besonderes Auditorium angewiesen, und zwar bestand
das Universitätsgebäude aus einer großen Porticus (im achten Distrikte der
Stadt), in deren schattigen Säulengängen halbmondförmige Ausbiegungen
mit amphitheatralisch ansteigenden hölzernen Sitzreihen in solchen Zwischen-
räumen angebracht waren, daß die Vortragenden sich gegenseitig nicht stören
konnten. Außerdem gab es auch kleinere Zimmer (xergulg-o). Die nicht
öffentlichen Lehrer (Privatdocenten), die zum Aerger der ordentlichen Professoren
zuweilen mit der größeren Zahl ihrer Zuhörer prahlend die öffentlichen Unter-
richtslocale benutzten, wies das Gesetz bei Strafe der Ausweisung in die
Schranken der Privatwohnungen zurück. Die wirklichen Professoren sollten
dagegen nie Privatunterricht ertheilen; sonst verloren sie ihre Privilegien und
den Anspruch auf die nach zwanzigjähriger, tadelloser Dienstzeit seit Konstantin
ihnen ertheilten Jnsignien und Titel der ersten Verdienstklasse. Es setzt diese
Beschränkung der im Staatsdienst stehenden Universitätslehrer einen aus¬
reichenden Gehalt voraus. LeiNer können wir aber kaum einen der Herren
Professoren genau nachrechnen. Die Besoldung aus dem Fiscus bestand größten¬
teils aus Getreidcliefcrungcn und kann wol in ihrem Werthe ermittelt wer¬
den. Das Deputat our.de nämlich nach den Gctrcideportionen (tmnonae) be¬
stimmt, welche die ärmern Bewohner Roms seit alter Zeit theils unentgeld-
lich. theils zu geringem Preise aus den öffentlichen Magazinen bezogen.
Gewöhnlich rechnete man auf den Kopf monatlich fünf römische Scheffel,
also jährlich 60 9-/, preußische Scheffel. Nun dotirte, der Kaiser Gratian
(36?) die Rhetoren in Gallien mit 24 Ammonem (228 pr. Scheffel), die
Grammatiker mit der Hälfte (sie standen sich stets schlechter als die Lehrer
der Beredsamkeit); nur unter den Professoren zu Trier, dem reichen Moselathen,
wurde der Rhetor nut 30 Ammonem (285 sah.). der lateinische Grammatiker
um 20. der griechische, „wenn ein würdiger aufgetrieben werden könnte."
"Ut 12 bedacht. Nimmt man aber bei dem Schwanken der Waizenpreise als
^ehe hohen Durchschnittspreis für den preußischen Scheffel 1 Thaler an. so sieht
">an klar, daß die Lehrer von diesen Getreiderationcn nicht leben konnien. und
Wenn man auch anzunehmen geneigt wäre, daß die Professoren zu Rom und


Grenzboten. II, 1861.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0187" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111619"/>
          <p xml:id="ID_563" prev="#ID_562"> Position der Beanen. die sogar eine gesetzlich autorisirte Ceremonie war. ist<lb/>
sicher nur als eine weitere Ausbildung jener alten Possen anzusehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_564" next="#ID_565"> Was die Zahl und die sonstigen Verhältnisse der spätern Professoren an¬<lb/>
langt, so  bestimmt wenigstens ein  Gesetz des Kaisers Theodosius des<lb/>
Zweiten (425 nach Chr.) die Zahl der öffentlichen Professoren zu Konstant!'<lb/>
nopel. wobei man vielleicht das Muster der älteren kaiserlichen Universität<lb/>
in Rom vor Augen hatte.  Darnach sollten im Ganzen 31 Professoren sein<lb/>
und zwar drei römische und fünf griechische Rhetoren, zehn.Grammatiker für<lb/>
jede der beiden Sprachen, ein Philosoph und zwei Juristen.  Jedem akade¬<lb/>
mischen Lehrer wurde ein besonderes Auditorium angewiesen, und zwar bestand<lb/>
das Universitätsgebäude aus einer großen Porticus (im achten Distrikte der<lb/>
Stadt), in deren schattigen Säulengängen halbmondförmige Ausbiegungen<lb/>
mit amphitheatralisch ansteigenden hölzernen Sitzreihen in solchen Zwischen-<lb/>
räumen angebracht waren, daß die Vortragenden sich gegenseitig nicht stören<lb/>
konnten.  Außerdem gab es auch kleinere Zimmer (xergulg-o).  Die nicht<lb/>
öffentlichen Lehrer (Privatdocenten), die zum Aerger der ordentlichen Professoren<lb/>
zuweilen mit der größeren Zahl ihrer Zuhörer prahlend die öffentlichen Unter-<lb/>
richtslocale benutzten, wies das Gesetz bei Strafe der Ausweisung in die<lb/>
Schranken der Privatwohnungen zurück.  Die wirklichen Professoren sollten<lb/>
dagegen nie Privatunterricht ertheilen; sonst verloren sie ihre Privilegien und<lb/>
den Anspruch auf die nach zwanzigjähriger, tadelloser Dienstzeit seit Konstantin<lb/>
ihnen ertheilten Jnsignien und Titel der ersten Verdienstklasse.  Es setzt diese<lb/>
Beschränkung der im Staatsdienst stehenden Universitätslehrer einen aus¬<lb/>
reichenden Gehalt voraus.  LeiNer können wir aber kaum einen der Herren<lb/>
Professoren genau nachrechnen. Die Besoldung aus dem Fiscus bestand größten¬<lb/>
teils aus Getreidcliefcrungcn und kann wol in ihrem Werthe ermittelt wer¬<lb/>
den. Das Deputat our.de nämlich nach den Gctrcideportionen (tmnonae) be¬<lb/>
stimmt, welche die ärmern Bewohner Roms seit alter Zeit theils unentgeld-<lb/>
lich. theils zu geringem Preise aus den öffentlichen Magazinen bezogen.<lb/>
Gewöhnlich rechnete man auf den Kopf monatlich fünf römische Scheffel,<lb/>
also jährlich 60   9-/, preußische Scheffel.  Nun dotirte, der Kaiser Gratian<lb/>
(36?) die Rhetoren in Gallien mit 24 Ammonem (228 pr. Scheffel), die<lb/>
Grammatiker mit der Hälfte (sie standen sich stets schlechter als die Lehrer<lb/>
der Beredsamkeit); nur unter den Professoren zu Trier, dem reichen Moselathen,<lb/>
wurde der Rhetor nut 30 Ammonem (285 sah.). der lateinische Grammatiker<lb/>
um 20. der griechische, &#x201E;wenn ein würdiger aufgetrieben werden könnte."<lb/>
"Ut 12 bedacht.  Nimmt man aber bei dem Schwanken der Waizenpreise als<lb/>
^ehe hohen Durchschnittspreis für den preußischen Scheffel 1 Thaler an. so sieht<lb/>
"&gt;an klar, daß die Lehrer von diesen Getreiderationcn nicht leben konnien. und<lb/>
Wenn man auch anzunehmen geneigt wäre, daß die Professoren zu Rom und</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten. II, 1861.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0187] Position der Beanen. die sogar eine gesetzlich autorisirte Ceremonie war. ist sicher nur als eine weitere Ausbildung jener alten Possen anzusehen. Was die Zahl und die sonstigen Verhältnisse der spätern Professoren an¬ langt, so bestimmt wenigstens ein Gesetz des Kaisers Theodosius des Zweiten (425 nach Chr.) die Zahl der öffentlichen Professoren zu Konstant!' nopel. wobei man vielleicht das Muster der älteren kaiserlichen Universität in Rom vor Augen hatte. Darnach sollten im Ganzen 31 Professoren sein und zwar drei römische und fünf griechische Rhetoren, zehn.Grammatiker für jede der beiden Sprachen, ein Philosoph und zwei Juristen. Jedem akade¬ mischen Lehrer wurde ein besonderes Auditorium angewiesen, und zwar bestand das Universitätsgebäude aus einer großen Porticus (im achten Distrikte der Stadt), in deren schattigen Säulengängen halbmondförmige Ausbiegungen mit amphitheatralisch ansteigenden hölzernen Sitzreihen in solchen Zwischen- räumen angebracht waren, daß die Vortragenden sich gegenseitig nicht stören konnten. Außerdem gab es auch kleinere Zimmer (xergulg-o). Die nicht öffentlichen Lehrer (Privatdocenten), die zum Aerger der ordentlichen Professoren zuweilen mit der größeren Zahl ihrer Zuhörer prahlend die öffentlichen Unter- richtslocale benutzten, wies das Gesetz bei Strafe der Ausweisung in die Schranken der Privatwohnungen zurück. Die wirklichen Professoren sollten dagegen nie Privatunterricht ertheilen; sonst verloren sie ihre Privilegien und den Anspruch auf die nach zwanzigjähriger, tadelloser Dienstzeit seit Konstantin ihnen ertheilten Jnsignien und Titel der ersten Verdienstklasse. Es setzt diese Beschränkung der im Staatsdienst stehenden Universitätslehrer einen aus¬ reichenden Gehalt voraus. LeiNer können wir aber kaum einen der Herren Professoren genau nachrechnen. Die Besoldung aus dem Fiscus bestand größten¬ teils aus Getreidcliefcrungcn und kann wol in ihrem Werthe ermittelt wer¬ den. Das Deputat our.de nämlich nach den Gctrcideportionen (tmnonae) be¬ stimmt, welche die ärmern Bewohner Roms seit alter Zeit theils unentgeld- lich. theils zu geringem Preise aus den öffentlichen Magazinen bezogen. Gewöhnlich rechnete man auf den Kopf monatlich fünf römische Scheffel, also jährlich 60 9-/, preußische Scheffel. Nun dotirte, der Kaiser Gratian (36?) die Rhetoren in Gallien mit 24 Ammonem (228 pr. Scheffel), die Grammatiker mit der Hälfte (sie standen sich stets schlechter als die Lehrer der Beredsamkeit); nur unter den Professoren zu Trier, dem reichen Moselathen, wurde der Rhetor nut 30 Ammonem (285 sah.). der lateinische Grammatiker um 20. der griechische, „wenn ein würdiger aufgetrieben werden könnte." "Ut 12 bedacht. Nimmt man aber bei dem Schwanken der Waizenpreise als ^ehe hohen Durchschnittspreis für den preußischen Scheffel 1 Thaler an. so sieht ">an klar, daß die Lehrer von diesen Getreiderationcn nicht leben konnien. und Wenn man auch anzunehmen geneigt wäre, daß die Professoren zu Rom und Grenzboten. II, 1861.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/187
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/187>, abgerufen am 22.07.2024.