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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Händler in Schleswig (Dr. Heiberg) ohne rechtlichen Grund und gegen die
gerichtliche Verfügung auf polizeilichem Wege sein Geschäststrieb ein Jahr
lang entzogen. Beamte, welche den politischen Verfolgungsgelüsten nicht
mit hinreichendem Eifer dienen oder zur eifrigen Theilnahme an den Wahl¬
umtrieben sich nicht verstehen, werden beseitigt. In Scklcswig werden die
sogenannten Uebelgesinnte" durch förmliche Proscriptionslisten stigmatisirt, ohne
daß der betreffende Beamte zur Verantwortung gezogen wird. Gegen jede
den Tendenzen der Regierung widerstrebende Richtung im deutschen Sinn wer¬
den alle Mittel der Staatsgewalt aufgeboten, die gröbsten Ausschreitungen in
dänischer Richtung werden geduldet oder selbst begünstigt. Die sämmtlichen
niedern Anstellungen im Zoll- und Postfach werden den Reserveoffizieren und
Unteroffizieren vorbehalten, und die Zoll- und Postcvmtoristen sind im October
vorigen Jahres nusgefordert. sich zum Dienst in der dänischen Armee zu stellen,
wen" sie den Anspruch auf Berücksichtigung bei Besetzung solcher Posten nicht
gänzlich verlieren wollten. Auf den Zoll- und Postdienst kann diese Einrich¬
tung nur einen sehr nachtheiligen Einfluß haben. Durch dieselbe wird ein
verstärkter Einschub dänischer, der Verhältnisse unkundiger, der Bevölkerung
fremder Beamten vorbereitet. Auf die deutschen Angestellten, welche von dieser
Verfügung betroffen sind, wird ein demornlisirender Druck geübt, indem ihnen
nur die Wahl bleibt, entweder alle Aussicht auf ein Fortkommen in ihrem
Fach aufzugeben oder im Hinblick aus die dänischerseits vielfach geltend gemachte
Möglichkeit eines baldigen Kriegs mit Deutschland, sich in eine Lage zu ver¬
setzen, in welcher sie befürchten müssen, die Waffen gegen ihr eignes Vater¬
land zu führen."

Der Ausschuß weist dann darauf hin, wie nichts geschieht, um die Ver¬
fassungswirren ihrer endlichen Lösung zuzuführen, wie die Aussichten auf Ver¬
ständigung immer mehr schwinden, wie jedes Zugeständniß der Regierung von
der Bemerkung begleitet ist, man weiche damit nur dem Druck der Umstände,
und geht hiernach zu der Stellung über, welche die Stände zu der im Vorigen
bezeichneten zweiten Vorlage der Negierung einzunehmen hätten, wobei er sich
wieder auf das Patent vom 28. Januar 1852 stützt. Holstein hat nach letz¬
terem ein Recht auf eine selbständige und gleichberechtigte Stellung zu den
übrigen Theilen der Monarchie, und diesem Recht entspricht die Forderung,
daß in allen Angelegenheiten, die es mit Schleswig und Dänemark gemein
hat, die Vertretung des Herzogthums als ein der schleswigschen und dänischen
Vertretung coordinirter Factor an der Gesetzgebung theilnehme. Holstein hat
ferner nach dem Januarpatent ein Recht darauf, daß Schleswig nicht noch
mehr als bisher von ihm getrennt, nicht enger mit Dänemark verbunden
werde, und diesem Recht entspricht die Forderung, daß alle staatlichen An¬
gelegenheiten, welche Schleswig mit Dänemark gemein hat, auch ferner wie


Händler in Schleswig (Dr. Heiberg) ohne rechtlichen Grund und gegen die
gerichtliche Verfügung auf polizeilichem Wege sein Geschäststrieb ein Jahr
lang entzogen. Beamte, welche den politischen Verfolgungsgelüsten nicht
mit hinreichendem Eifer dienen oder zur eifrigen Theilnahme an den Wahl¬
umtrieben sich nicht verstehen, werden beseitigt. In Scklcswig werden die
sogenannten Uebelgesinnte» durch förmliche Proscriptionslisten stigmatisirt, ohne
daß der betreffende Beamte zur Verantwortung gezogen wird. Gegen jede
den Tendenzen der Regierung widerstrebende Richtung im deutschen Sinn wer¬
den alle Mittel der Staatsgewalt aufgeboten, die gröbsten Ausschreitungen in
dänischer Richtung werden geduldet oder selbst begünstigt. Die sämmtlichen
niedern Anstellungen im Zoll- und Postfach werden den Reserveoffizieren und
Unteroffizieren vorbehalten, und die Zoll- und Postcvmtoristen sind im October
vorigen Jahres nusgefordert. sich zum Dienst in der dänischen Armee zu stellen,
wen» sie den Anspruch auf Berücksichtigung bei Besetzung solcher Posten nicht
gänzlich verlieren wollten. Auf den Zoll- und Postdienst kann diese Einrich¬
tung nur einen sehr nachtheiligen Einfluß haben. Durch dieselbe wird ein
verstärkter Einschub dänischer, der Verhältnisse unkundiger, der Bevölkerung
fremder Beamten vorbereitet. Auf die deutschen Angestellten, welche von dieser
Verfügung betroffen sind, wird ein demornlisirender Druck geübt, indem ihnen
nur die Wahl bleibt, entweder alle Aussicht auf ein Fortkommen in ihrem
Fach aufzugeben oder im Hinblick aus die dänischerseits vielfach geltend gemachte
Möglichkeit eines baldigen Kriegs mit Deutschland, sich in eine Lage zu ver¬
setzen, in welcher sie befürchten müssen, die Waffen gegen ihr eignes Vater¬
land zu führen."

Der Ausschuß weist dann darauf hin, wie nichts geschieht, um die Ver¬
fassungswirren ihrer endlichen Lösung zuzuführen, wie die Aussichten auf Ver¬
ständigung immer mehr schwinden, wie jedes Zugeständniß der Regierung von
der Bemerkung begleitet ist, man weiche damit nur dem Druck der Umstände,
und geht hiernach zu der Stellung über, welche die Stände zu der im Vorigen
bezeichneten zweiten Vorlage der Negierung einzunehmen hätten, wobei er sich
wieder auf das Patent vom 28. Januar 1852 stützt. Holstein hat nach letz¬
terem ein Recht auf eine selbständige und gleichberechtigte Stellung zu den
übrigen Theilen der Monarchie, und diesem Recht entspricht die Forderung,
daß in allen Angelegenheiten, die es mit Schleswig und Dänemark gemein
hat, die Vertretung des Herzogthums als ein der schleswigschen und dänischen
Vertretung coordinirter Factor an der Gesetzgebung theilnehme. Holstein hat
ferner nach dem Januarpatent ein Recht darauf, daß Schleswig nicht noch
mehr als bisher von ihm getrennt, nicht enger mit Dänemark verbunden
werde, und diesem Recht entspricht die Forderung, daß alle staatlichen An¬
gelegenheiten, welche Schleswig mit Dänemark gemein hat, auch ferner wie


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[0014] Händler in Schleswig (Dr. Heiberg) ohne rechtlichen Grund und gegen die gerichtliche Verfügung auf polizeilichem Wege sein Geschäststrieb ein Jahr lang entzogen. Beamte, welche den politischen Verfolgungsgelüsten nicht mit hinreichendem Eifer dienen oder zur eifrigen Theilnahme an den Wahl¬ umtrieben sich nicht verstehen, werden beseitigt. In Scklcswig werden die sogenannten Uebelgesinnte» durch förmliche Proscriptionslisten stigmatisirt, ohne daß der betreffende Beamte zur Verantwortung gezogen wird. Gegen jede den Tendenzen der Regierung widerstrebende Richtung im deutschen Sinn wer¬ den alle Mittel der Staatsgewalt aufgeboten, die gröbsten Ausschreitungen in dänischer Richtung werden geduldet oder selbst begünstigt. Die sämmtlichen niedern Anstellungen im Zoll- und Postfach werden den Reserveoffizieren und Unteroffizieren vorbehalten, und die Zoll- und Postcvmtoristen sind im October vorigen Jahres nusgefordert. sich zum Dienst in der dänischen Armee zu stellen, wen» sie den Anspruch auf Berücksichtigung bei Besetzung solcher Posten nicht gänzlich verlieren wollten. Auf den Zoll- und Postdienst kann diese Einrich¬ tung nur einen sehr nachtheiligen Einfluß haben. Durch dieselbe wird ein verstärkter Einschub dänischer, der Verhältnisse unkundiger, der Bevölkerung fremder Beamten vorbereitet. Auf die deutschen Angestellten, welche von dieser Verfügung betroffen sind, wird ein demornlisirender Druck geübt, indem ihnen nur die Wahl bleibt, entweder alle Aussicht auf ein Fortkommen in ihrem Fach aufzugeben oder im Hinblick aus die dänischerseits vielfach geltend gemachte Möglichkeit eines baldigen Kriegs mit Deutschland, sich in eine Lage zu ver¬ setzen, in welcher sie befürchten müssen, die Waffen gegen ihr eignes Vater¬ land zu führen." Der Ausschuß weist dann darauf hin, wie nichts geschieht, um die Ver¬ fassungswirren ihrer endlichen Lösung zuzuführen, wie die Aussichten auf Ver¬ ständigung immer mehr schwinden, wie jedes Zugeständniß der Regierung von der Bemerkung begleitet ist, man weiche damit nur dem Druck der Umstände, und geht hiernach zu der Stellung über, welche die Stände zu der im Vorigen bezeichneten zweiten Vorlage der Negierung einzunehmen hätten, wobei er sich wieder auf das Patent vom 28. Januar 1852 stützt. Holstein hat nach letz¬ terem ein Recht auf eine selbständige und gleichberechtigte Stellung zu den übrigen Theilen der Monarchie, und diesem Recht entspricht die Forderung, daß in allen Angelegenheiten, die es mit Schleswig und Dänemark gemein hat, die Vertretung des Herzogthums als ein der schleswigschen und dänischen Vertretung coordinirter Factor an der Gesetzgebung theilnehme. Holstein hat ferner nach dem Januarpatent ein Recht darauf, daß Schleswig nicht noch mehr als bisher von ihm getrennt, nicht enger mit Dänemark verbunden werde, und diesem Recht entspricht die Forderung, daß alle staatlichen An¬ gelegenheiten, welche Schleswig mit Dänemark gemein hat, auch ferner wie

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/14>, abgerufen am 03.07.2024.