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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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gierung nicht berücksichtigt worden. Sie hält an der Bildung eines Reichs¬
raths fest, will weder denselben anders zusammensetzen, noch ein besseres
Wahlgesetz geben. Die einzige wesentliche Aenderung besteht darin, daß die
vom König zu ernennenden Mitglieder eine erste Kammer bilden und die bis¬
herigen Vorschriften über die Vertheilung dieser Mitglieder auf die einzelnen
Länder der Monarchie wegfallen sollen. Eine solche erste Kammer aber, frei
gewählt von einer Regierung, in welcher das dänische Element entschieden
überwiegt, muß, statt ein Gegengewicht zu bieten, den auf den Herzogthümern
lastenden Druck nur noch vermehren, und ebenso klar ist, daß die in Aussicht
genommene Erweiterung der constitutionellen Befugnisse einer Vertretung, deren
Existenz schon für die Herzogtümer eine Gefahr ist, die Besorgnisse der letz¬
teren nicht beseitigen kann.

Der Ausschuß schlägt daher der Versammlung vor, die Erklärung abzu¬
geben, "daß sie auf solche Vorschläge für die' Organisation der Monarchie, wie
sie durch die Allerhöchste Eröffnung in Aussicht gestellt sind, nicht werde ein¬
gehen können." Er knüpft daran aber noch weiter gehende Bemerkungen.
Indem er auf die zehnjährige erfolglose Bemühung zu einer endgiltigen Re¬
organisation der Monarchie hinweist, bezeichnet er den neuen Plan der Regie¬
rung als einen neuen Beweis, daß auf dem bisherigen Wege eine Lösung
nicht zu erreichen sei, und "daß dieser Schwebezustand, in welchem Schleswig
die ihm gebührende Stellung forwährend vorenthalten wird, wie in den letzten
zehn Jahren so auch für die Zukunft euren fortdauernden innern Krieg mit
sich bringt, in dem die besten Kräfte, welche der Entwicklung des Volks gehö¬
ren, in nutzlosen Kämpfen vergeudet werden." -- "Jahrhunderte hat zwischen
den Herzogthümern eine enge staatsrechtliche Verbindung bestanden, ihr Streben
ist immer aus engere Vereinigung gegangen. Die feste entschiedene Richtung
eines Volkes, die Frucht lauger, an Kämpfen und Mühen reicher Jahrhunderte
wird nicht so leicht preisgegeben; am wenigsten, wenn das Neue, das an ihre
Stelle treten soll, zu keinem bestimmten Ziele fuhrt, die fortgährende Quelle
neuer Verwicklungen ist. Die Versammlung hat in dein Bedenken, welches
sie in ihrer letzten Diät über die Verfassungsvcrhältnisse der Monarchie erstattete,
dem innigen Verlangen des Landes nach Wiederherstellung und zeitgemäßer
Entwicklung der altberechtigten Verbindung der Herzogthümer dringende Worte
gegeben. Ihre Worte haben bei den Vertretern Schleswigs einen lauten
Widerhall gefunden. Sie wird es für ihre Pflicht ansehen müssen, aufs Neue
mit allem Ernst und aller Entschiedenheit zu erklären, daß nach ihrer tiefsten
Ueberzeugung der wahre Frieden dem Lande nicht wiederkehren wird, so lange
nicht jenem Verlangen vollständig Genüge geschehen." -- "Wiederholt hat die
Königliche Regierung das Verlangen ausgesprochen, mit einer neugewählten
Versammlung in neue Verhandlungen zu treten." "Jetzt besteht die Versamin-


gierung nicht berücksichtigt worden. Sie hält an der Bildung eines Reichs¬
raths fest, will weder denselben anders zusammensetzen, noch ein besseres
Wahlgesetz geben. Die einzige wesentliche Aenderung besteht darin, daß die
vom König zu ernennenden Mitglieder eine erste Kammer bilden und die bis¬
herigen Vorschriften über die Vertheilung dieser Mitglieder auf die einzelnen
Länder der Monarchie wegfallen sollen. Eine solche erste Kammer aber, frei
gewählt von einer Regierung, in welcher das dänische Element entschieden
überwiegt, muß, statt ein Gegengewicht zu bieten, den auf den Herzogthümern
lastenden Druck nur noch vermehren, und ebenso klar ist, daß die in Aussicht
genommene Erweiterung der constitutionellen Befugnisse einer Vertretung, deren
Existenz schon für die Herzogtümer eine Gefahr ist, die Besorgnisse der letz¬
teren nicht beseitigen kann.

Der Ausschuß schlägt daher der Versammlung vor, die Erklärung abzu¬
geben, „daß sie auf solche Vorschläge für die' Organisation der Monarchie, wie
sie durch die Allerhöchste Eröffnung in Aussicht gestellt sind, nicht werde ein¬
gehen können." Er knüpft daran aber noch weiter gehende Bemerkungen.
Indem er auf die zehnjährige erfolglose Bemühung zu einer endgiltigen Re¬
organisation der Monarchie hinweist, bezeichnet er den neuen Plan der Regie¬
rung als einen neuen Beweis, daß auf dem bisherigen Wege eine Lösung
nicht zu erreichen sei, und „daß dieser Schwebezustand, in welchem Schleswig
die ihm gebührende Stellung forwährend vorenthalten wird, wie in den letzten
zehn Jahren so auch für die Zukunft euren fortdauernden innern Krieg mit
sich bringt, in dem die besten Kräfte, welche der Entwicklung des Volks gehö¬
ren, in nutzlosen Kämpfen vergeudet werden." — „Jahrhunderte hat zwischen
den Herzogthümern eine enge staatsrechtliche Verbindung bestanden, ihr Streben
ist immer aus engere Vereinigung gegangen. Die feste entschiedene Richtung
eines Volkes, die Frucht lauger, an Kämpfen und Mühen reicher Jahrhunderte
wird nicht so leicht preisgegeben; am wenigsten, wenn das Neue, das an ihre
Stelle treten soll, zu keinem bestimmten Ziele fuhrt, die fortgährende Quelle
neuer Verwicklungen ist. Die Versammlung hat in dein Bedenken, welches
sie in ihrer letzten Diät über die Verfassungsvcrhältnisse der Monarchie erstattete,
dem innigen Verlangen des Landes nach Wiederherstellung und zeitgemäßer
Entwicklung der altberechtigten Verbindung der Herzogthümer dringende Worte
gegeben. Ihre Worte haben bei den Vertretern Schleswigs einen lauten
Widerhall gefunden. Sie wird es für ihre Pflicht ansehen müssen, aufs Neue
mit allem Ernst und aller Entschiedenheit zu erklären, daß nach ihrer tiefsten
Ueberzeugung der wahre Frieden dem Lande nicht wiederkehren wird, so lange
nicht jenem Verlangen vollständig Genüge geschehen." — „Wiederholt hat die
Königliche Regierung das Verlangen ausgesprochen, mit einer neugewählten
Versammlung in neue Verhandlungen zu treten." „Jetzt besteht die Versamin-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/12>, abgerufen am 01.07.2024.