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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Verfassung überträgt sie den Diplomaten der Bundesversammlung. Unter ihnen
steht eine Commission von Militärs (darunter zu Zeiten auch ein dänischer
Offizier), im Wesentlichen eine begutachtende Behörde.

Im Juni 1859 trug diese Militärcommission bei der Bundesversammlung
darauf an. die unleidlichen Zollvcrhältnisse innerhalb der Bundesfestung zu
beseitigen. Sie war so bescheiden, nicht die sofortige Aufhebung der Zoll¬
linie zu beantragen, sondern wünschte nur die Befreiung des Festungsmaterials
und insbesondere der Proviantartikel von Abgaben und Controlen.

Sie bat um thunlichste Beschleunigung.

Erst vier Wochen später war es dem betreffenden Ausschuß der Bundes
Versammlung möglich geworden, sein Gutachten abzugeben.

Es war von großer Einfachheit. Auch der Ausschuß fand es höchst wün¬
schenswert!), daß der dienstliche Verkehr innerhalb der Bundcssestung Ulm
möglichst erleichtert werde und insbesondere hierbei der Territorialunterschicd
der beiden Festungstheile möglichst wenig Einfluß übe.

Nach diesem vielverheißcnden Anfang erklärt dann der Ausschuß, er sei
jedoch nicht im Stande, aus dem Berichte der Militürcommission bestimmte
Anhaltepunkte zu gewinnen, um die der Fcstungsverwaltung bisher durch die
Territvrialverschicdeuheit erwachsenen Cvntroleschwierigkeiten und Kosten näher
beurtheilen zu können, und gebe sich auch der festen Ueberzeugung hin, daß
die beiden hohen Regierungen ohne Zweifel alle Erleichterungen in dem Festungs¬
verkehr eintreten lassen würden, die ohne Nachtheil für den allgemeinen Ver¬
kehr stattfinden können.

Also, weil die Controleschwierigkeiten und Kohle", welche bisher durch
jene Zolllinie der Bundesfcstung erwachsen waren, von der Militärcvininission
nicht mit unnützer Breite, sondern nur mit militärischer Präcision dargelegt
waren, trat der Ausschuß dem künftigen Fortbestande der Zolllinie nicht
entgegen. Aber er ordnete auch nicht die überflüssige, aber von ihm selbst
für nothwendig erklärte Untersuchung der bisherigen Unzuträglichkeiten an. Er
begnügte sich, eine Hoffnung auszusprechen, welche bis dcihiu. wie die Militär-
commissiou gezeigt hatte, getäuscht geblieben war. er begnügte sich also mit
einer Phrase. Ja seine hoffnungsreiche Phrase geht nicht auf die Aufhebung
der Zolllinie, nicht einmal auf die Befreiung des Festungsverkehrs, sondern
nur auf solche Erleichterungen, mit denen die Zolllinie bestehen könne.

Die Bundesversammlung aber erhob den Antrag ihres Ausschusses zum
Beschluß, und statt die Aufhebung der Zoltliuie zu befehlen, brachte sie die
Wünsche der Militärcommission durch Aufnahme in das Protokoll zur Kenntniß
der betreffenden Regierungen.

Und man glaube nicht, daß die Persönlichkeit der Gesandten, welche grade
>ehe die Bundesversammlung bilden, an diesem ungenügenden Beschluß Schuld


Verfassung überträgt sie den Diplomaten der Bundesversammlung. Unter ihnen
steht eine Commission von Militärs (darunter zu Zeiten auch ein dänischer
Offizier), im Wesentlichen eine begutachtende Behörde.

Im Juni 1859 trug diese Militärcommission bei der Bundesversammlung
darauf an. die unleidlichen Zollvcrhältnisse innerhalb der Bundesfestung zu
beseitigen. Sie war so bescheiden, nicht die sofortige Aufhebung der Zoll¬
linie zu beantragen, sondern wünschte nur die Befreiung des Festungsmaterials
und insbesondere der Proviantartikel von Abgaben und Controlen.

Sie bat um thunlichste Beschleunigung.

Erst vier Wochen später war es dem betreffenden Ausschuß der Bundes
Versammlung möglich geworden, sein Gutachten abzugeben.

Es war von großer Einfachheit. Auch der Ausschuß fand es höchst wün¬
schenswert!), daß der dienstliche Verkehr innerhalb der Bundcssestung Ulm
möglichst erleichtert werde und insbesondere hierbei der Territorialunterschicd
der beiden Festungstheile möglichst wenig Einfluß übe.

Nach diesem vielverheißcnden Anfang erklärt dann der Ausschuß, er sei
jedoch nicht im Stande, aus dem Berichte der Militürcommission bestimmte
Anhaltepunkte zu gewinnen, um die der Fcstungsverwaltung bisher durch die
Territvrialverschicdeuheit erwachsenen Cvntroleschwierigkeiten und Kosten näher
beurtheilen zu können, und gebe sich auch der festen Ueberzeugung hin, daß
die beiden hohen Regierungen ohne Zweifel alle Erleichterungen in dem Festungs¬
verkehr eintreten lassen würden, die ohne Nachtheil für den allgemeinen Ver¬
kehr stattfinden können.

Also, weil die Controleschwierigkeiten und Kohle», welche bisher durch
jene Zolllinie der Bundesfcstung erwachsen waren, von der Militärcvininission
nicht mit unnützer Breite, sondern nur mit militärischer Präcision dargelegt
waren, trat der Ausschuß dem künftigen Fortbestande der Zolllinie nicht
entgegen. Aber er ordnete auch nicht die überflüssige, aber von ihm selbst
für nothwendig erklärte Untersuchung der bisherigen Unzuträglichkeiten an. Er
begnügte sich, eine Hoffnung auszusprechen, welche bis dcihiu. wie die Militär-
commissiou gezeigt hatte, getäuscht geblieben war. er begnügte sich also mit
einer Phrase. Ja seine hoffnungsreiche Phrase geht nicht auf die Aufhebung
der Zolllinie, nicht einmal auf die Befreiung des Festungsverkehrs, sondern
nur auf solche Erleichterungen, mit denen die Zolllinie bestehen könne.

Die Bundesversammlung aber erhob den Antrag ihres Ausschusses zum
Beschluß, und statt die Aufhebung der Zoltliuie zu befehlen, brachte sie die
Wünsche der Militärcommission durch Aufnahme in das Protokoll zur Kenntniß
der betreffenden Regierungen.

Und man glaube nicht, daß die Persönlichkeit der Gesandten, welche grade
>ehe die Bundesversammlung bilden, an diesem ungenügenden Beschluß Schuld


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[0094] Verfassung überträgt sie den Diplomaten der Bundesversammlung. Unter ihnen steht eine Commission von Militärs (darunter zu Zeiten auch ein dänischer Offizier), im Wesentlichen eine begutachtende Behörde. Im Juni 1859 trug diese Militärcommission bei der Bundesversammlung darauf an. die unleidlichen Zollvcrhältnisse innerhalb der Bundesfestung zu beseitigen. Sie war so bescheiden, nicht die sofortige Aufhebung der Zoll¬ linie zu beantragen, sondern wünschte nur die Befreiung des Festungsmaterials und insbesondere der Proviantartikel von Abgaben und Controlen. Sie bat um thunlichste Beschleunigung. Erst vier Wochen später war es dem betreffenden Ausschuß der Bundes Versammlung möglich geworden, sein Gutachten abzugeben. Es war von großer Einfachheit. Auch der Ausschuß fand es höchst wün¬ schenswert!), daß der dienstliche Verkehr innerhalb der Bundcssestung Ulm möglichst erleichtert werde und insbesondere hierbei der Territorialunterschicd der beiden Festungstheile möglichst wenig Einfluß übe. Nach diesem vielverheißcnden Anfang erklärt dann der Ausschuß, er sei jedoch nicht im Stande, aus dem Berichte der Militürcommission bestimmte Anhaltepunkte zu gewinnen, um die der Fcstungsverwaltung bisher durch die Territvrialverschicdeuheit erwachsenen Cvntroleschwierigkeiten und Kosten näher beurtheilen zu können, und gebe sich auch der festen Ueberzeugung hin, daß die beiden hohen Regierungen ohne Zweifel alle Erleichterungen in dem Festungs¬ verkehr eintreten lassen würden, die ohne Nachtheil für den allgemeinen Ver¬ kehr stattfinden können. Also, weil die Controleschwierigkeiten und Kohle», welche bisher durch jene Zolllinie der Bundesfcstung erwachsen waren, von der Militärcvininission nicht mit unnützer Breite, sondern nur mit militärischer Präcision dargelegt waren, trat der Ausschuß dem künftigen Fortbestande der Zolllinie nicht entgegen. Aber er ordnete auch nicht die überflüssige, aber von ihm selbst für nothwendig erklärte Untersuchung der bisherigen Unzuträglichkeiten an. Er begnügte sich, eine Hoffnung auszusprechen, welche bis dcihiu. wie die Militär- commissiou gezeigt hatte, getäuscht geblieben war. er begnügte sich also mit einer Phrase. Ja seine hoffnungsreiche Phrase geht nicht auf die Aufhebung der Zolllinie, nicht einmal auf die Befreiung des Festungsverkehrs, sondern nur auf solche Erleichterungen, mit denen die Zolllinie bestehen könne. Die Bundesversammlung aber erhob den Antrag ihres Ausschusses zum Beschluß, und statt die Aufhebung der Zoltliuie zu befehlen, brachte sie die Wünsche der Militärcommission durch Aufnahme in das Protokoll zur Kenntniß der betreffenden Regierungen. Und man glaube nicht, daß die Persönlichkeit der Gesandten, welche grade >ehe die Bundesversammlung bilden, an diesem ungenügenden Beschluß Schuld

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/94>, abgerufen am 02.10.2024.