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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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auf die Bezeichnung einer Stadt einigermaßen Anspruch haben und die große
Mehrzahl besteht nur aus ein paar Dutzend Breterhüttcn, von denen eine
ein Kramladen, eine andere eine Schmiede, eine dritte eine Mahl- oder Bret-
mühle ist, während in einer vierten die Bedürfnisse des Orts an spirituösen
befriedigt werden, und eine fünfte das Gerichtshaus, eine sechste die Kirche
vorstellt. Die politische Hauptstadt von Texas ist Austin. am linken User
des Colorado gelegen, von etwa 800 Menschen bewohnt, und nicht zu ver¬
wechseln mit San Felipe de Austin am Brazos. der frühern Hauptstadt, jetzt
eine Gruppe ärmlicher Hütten mit etwa 1000 Einwohnern. Die größte Stadt
und der Haupthafenplatz der Republik ist Galveston, auf einer Insel in der
nach der Stadt benannten großen Bai erbaut. Während die flache sandige
Insel einen wenig anmuthigen Anblick gewährt, zeigen der Hasen der Stadt
und ihre mit zierlichen, weißangestrichnen Bretcrhäusern besetzten, mit Bäumen
bepflanzten Straßen ein sehr reges Treiben. Vor 15 Jahren noch war Gal¬
veston eine Gruppe elender Hütten, jetzt ist es eine Stadt von über 10,000
Einwohnern, die mit Neuorleans und mit den Ansiedelungen am Buffalo Bayou,
am Sabine und Trinidad, am Brazos und der La Vacca-Bai in regelmäßiger Ver¬
bindung steht, mehre Kirchen hat und verschiedene Etablissements für gesellige
Zwecke besitzt. Andere Städte von einiger Wichtigkeit sind Houston mit 3000 Ein¬
wohnern, früher, vor Einverleibung des Staates in die Union, eine Zufluchtsstätte
für alle Bummler und Gurgelabschneider des Südens und Westens, jetzt weniger
berüchtigt; Washington am Brazos mit 1200 Einwohnern und einer Akademie,
Nacogdoches, der größte Ort im Osten, mit 1500 Einwohnern und einer Univer¬
sität, und San Antonio de Bexar am linken Ufer des Rio San Antonio, eine
alte spanische Stadt mit 3500- Einwohnern in fruchtbarer, früher gut ange¬
bauter, aber während des Kriegs mit Mexiko sehr verwilderter Gegend. End¬
lich sind noch die beiden, fast nur von Deutschen bewohnten Städtchen Neu¬
braunfels und Friedrichsbnrg zu erwähnen, von welchen jenes, am Zusammen¬
fluß des Comalkreek mit dem Guadalupe an einem mit Cedern bewachsenen
Hügel gelegen, gegen 3000, dieses, an einem Ueberhand des Pedernales in
einem Posteichenwald erbaut, 1500 Einwohner hat.

Nehmen wir an, daß Texas jetzt gegen 300,000 Einwohner habe, so
würde nach dem Vorhergehenden der neue siebenköpfige Baumwollenstaaten-
Bund noch nicht ganz 4-/- Millionen Menschen umfassen, von denen überdies
mehr als 1"/^ Millionen als Sklaven oder freie Farbige nur halb mitzählen,
wenn wir die in den Bewohnern jener Staaten repräsentirte politische Macht
mit der Macht der bis jetzt in der Union verbliebenen Staaten vergleichen,
die zusammen mindestens 26 Millionen Bewohner und unter diesen höchstens
eben so viele Sklaven und freie Farbige haben als jene.

Nicht sehr viel günstiger würde sich das Verhältniß der beiden Staaten-


auf die Bezeichnung einer Stadt einigermaßen Anspruch haben und die große
Mehrzahl besteht nur aus ein paar Dutzend Breterhüttcn, von denen eine
ein Kramladen, eine andere eine Schmiede, eine dritte eine Mahl- oder Bret-
mühle ist, während in einer vierten die Bedürfnisse des Orts an spirituösen
befriedigt werden, und eine fünfte das Gerichtshaus, eine sechste die Kirche
vorstellt. Die politische Hauptstadt von Texas ist Austin. am linken User
des Colorado gelegen, von etwa 800 Menschen bewohnt, und nicht zu ver¬
wechseln mit San Felipe de Austin am Brazos. der frühern Hauptstadt, jetzt
eine Gruppe ärmlicher Hütten mit etwa 1000 Einwohnern. Die größte Stadt
und der Haupthafenplatz der Republik ist Galveston, auf einer Insel in der
nach der Stadt benannten großen Bai erbaut. Während die flache sandige
Insel einen wenig anmuthigen Anblick gewährt, zeigen der Hasen der Stadt
und ihre mit zierlichen, weißangestrichnen Bretcrhäusern besetzten, mit Bäumen
bepflanzten Straßen ein sehr reges Treiben. Vor 15 Jahren noch war Gal¬
veston eine Gruppe elender Hütten, jetzt ist es eine Stadt von über 10,000
Einwohnern, die mit Neuorleans und mit den Ansiedelungen am Buffalo Bayou,
am Sabine und Trinidad, am Brazos und der La Vacca-Bai in regelmäßiger Ver¬
bindung steht, mehre Kirchen hat und verschiedene Etablissements für gesellige
Zwecke besitzt. Andere Städte von einiger Wichtigkeit sind Houston mit 3000 Ein¬
wohnern, früher, vor Einverleibung des Staates in die Union, eine Zufluchtsstätte
für alle Bummler und Gurgelabschneider des Südens und Westens, jetzt weniger
berüchtigt; Washington am Brazos mit 1200 Einwohnern und einer Akademie,
Nacogdoches, der größte Ort im Osten, mit 1500 Einwohnern und einer Univer¬
sität, und San Antonio de Bexar am linken Ufer des Rio San Antonio, eine
alte spanische Stadt mit 3500- Einwohnern in fruchtbarer, früher gut ange¬
bauter, aber während des Kriegs mit Mexiko sehr verwilderter Gegend. End¬
lich sind noch die beiden, fast nur von Deutschen bewohnten Städtchen Neu¬
braunfels und Friedrichsbnrg zu erwähnen, von welchen jenes, am Zusammen¬
fluß des Comalkreek mit dem Guadalupe an einem mit Cedern bewachsenen
Hügel gelegen, gegen 3000, dieses, an einem Ueberhand des Pedernales in
einem Posteichenwald erbaut, 1500 Einwohner hat.

Nehmen wir an, daß Texas jetzt gegen 300,000 Einwohner habe, so
würde nach dem Vorhergehenden der neue siebenköpfige Baumwollenstaaten-
Bund noch nicht ganz 4-/- Millionen Menschen umfassen, von denen überdies
mehr als 1»/^ Millionen als Sklaven oder freie Farbige nur halb mitzählen,
wenn wir die in den Bewohnern jener Staaten repräsentirte politische Macht
mit der Macht der bis jetzt in der Union verbliebenen Staaten vergleichen,
die zusammen mindestens 26 Millionen Bewohner und unter diesen höchstens
eben so viele Sklaven und freie Farbige haben als jene.

Nicht sehr viel günstiger würde sich das Verhältniß der beiden Staaten-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/471>, abgerufen am 26.08.2024.