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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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heißes, sehr ungesundes Klima. Hinter diesem Küstenstrich steigt im Osten
langsamer, im Westen rascher, ein welliges, in den Niederungen noch feuchtes
Prairieland an, in dem sich gelegentlich Waldinseln erheben, und welches endlich
zu einer Hügclgegend wird, die im Nordwesten allmälig zum eigentlichen Ge¬
birge oder vielmehr zu einer weiten Hochebene ansteigt. Der Boden in der
zweiten Region ist äußerst fruchtbar, und selbst in der dritten finden sich noch
viele ergiebige Striche. Die Sklavenarbeit lohnt nur an den Küstengegenden
und im Osten des Hügeldistricts, wo sich Plantagen wie in Louisiana finden,
und wo außer Getreide und Tabak auch viel Baumwolle erzeugt wird. An¬
gebaut waren im Jahre 1855 etwas über 700,000 Aercs. noch im rohen Zu¬
stande über 14 Millionen Mres. Die Staatsschuld betrug 1850 gegen 7 Millio¬
nen Dollars, 1858 war sie ausgeglichen. Obwol der Staat auf dein Papier
so gut eingerichtet ist, wie die übrigen Glieder der Union, obwol manches für
Schulen gethan wurde und Texas selbst zwei Universitäten hat, sind die Zu¬
stände doch in vielen Gegenden noch sehr primitiver Natur, und weit häufiger
als nöthig ist, bedient sich das Volk des Rechts der Selbsthilfe. Eisenbahnen
hat man nur in einer Länge von 32 Meilen, für Kanäle ist noch ebensowenig
gesorgt wie für die Regulirung der Flüsse, von denen mehre sehr langen
Laufes, wenige aber auf weite Strecken schiffbar sind. Hauptflüsse sind der Sa¬
bine, der Nedriver, der Neches, der Trinidad, der Brazos. der Colorado. 130
deutsche Meilen lang, aber wegen der in seinem Bette angestauter Baumstämme
(rades) für die Schifffahrt fast gar nicht zu benutzen, der ebenfalls nur wenige
Meilen fahrbare San Antonio und der Rio del Norte, welcher im Westen die
Grenze gegen Mexiko bildet.

Die Hauptstapelartikel von Texas sind Zucker, der vorzüglich an den un¬
tern Ufern der ostlichen Flüsse gewonnen wird, wo man auch kleine Reis¬
felder antrifft. Baumwolle und Mais, die in fast allen Theilen des Staates
gebaut werden, etwas Tabak, ferner Weizen und Gerste, die besonders am
obern Trinidad gut gedeihen. Wo Deutsche sich angesiedelt haben, wird auch
viel Obst und Gemüse gezogen, und selbst der Weinbau ist hier mit Erfolg
versucht worden.

Die Viehzucht, durch mildes Klima, bei dem die Heerden das ganze Jahr
durch im Freien bleiben können, und im Westen durch Prairien mit dem
nahrhaften Muskitgras begünstigt, ist einer der lohnendsten Zweige der te-
xanischen Landwirthschaft. Man zieht Rinder. Schweine und im Westen auch
Schafe und Pferde in Menge. Gewerbe und Handel sind noch nicht von Be¬
deutung, Fabriken unbekannt. Die Einfuhr wird durch die fast nur aus Ge¬
treide und Vieh bestehende Ausfuhr noch bei Weitem nicht gedeckt.

Dem Namen nach besitzt Texas eine große Anzahl von Städten, die zum
Theil sehr prächtige Titel führen. In Wirklichkeit aber sind nur wenige, die


heißes, sehr ungesundes Klima. Hinter diesem Küstenstrich steigt im Osten
langsamer, im Westen rascher, ein welliges, in den Niederungen noch feuchtes
Prairieland an, in dem sich gelegentlich Waldinseln erheben, und welches endlich
zu einer Hügclgegend wird, die im Nordwesten allmälig zum eigentlichen Ge¬
birge oder vielmehr zu einer weiten Hochebene ansteigt. Der Boden in der
zweiten Region ist äußerst fruchtbar, und selbst in der dritten finden sich noch
viele ergiebige Striche. Die Sklavenarbeit lohnt nur an den Küstengegenden
und im Osten des Hügeldistricts, wo sich Plantagen wie in Louisiana finden,
und wo außer Getreide und Tabak auch viel Baumwolle erzeugt wird. An¬
gebaut waren im Jahre 1855 etwas über 700,000 Aercs. noch im rohen Zu¬
stande über 14 Millionen Mres. Die Staatsschuld betrug 1850 gegen 7 Millio¬
nen Dollars, 1858 war sie ausgeglichen. Obwol der Staat auf dein Papier
so gut eingerichtet ist, wie die übrigen Glieder der Union, obwol manches für
Schulen gethan wurde und Texas selbst zwei Universitäten hat, sind die Zu¬
stände doch in vielen Gegenden noch sehr primitiver Natur, und weit häufiger
als nöthig ist, bedient sich das Volk des Rechts der Selbsthilfe. Eisenbahnen
hat man nur in einer Länge von 32 Meilen, für Kanäle ist noch ebensowenig
gesorgt wie für die Regulirung der Flüsse, von denen mehre sehr langen
Laufes, wenige aber auf weite Strecken schiffbar sind. Hauptflüsse sind der Sa¬
bine, der Nedriver, der Neches, der Trinidad, der Brazos. der Colorado. 130
deutsche Meilen lang, aber wegen der in seinem Bette angestauter Baumstämme
(rades) für die Schifffahrt fast gar nicht zu benutzen, der ebenfalls nur wenige
Meilen fahrbare San Antonio und der Rio del Norte, welcher im Westen die
Grenze gegen Mexiko bildet.

Die Hauptstapelartikel von Texas sind Zucker, der vorzüglich an den un¬
tern Ufern der ostlichen Flüsse gewonnen wird, wo man auch kleine Reis¬
felder antrifft. Baumwolle und Mais, die in fast allen Theilen des Staates
gebaut werden, etwas Tabak, ferner Weizen und Gerste, die besonders am
obern Trinidad gut gedeihen. Wo Deutsche sich angesiedelt haben, wird auch
viel Obst und Gemüse gezogen, und selbst der Weinbau ist hier mit Erfolg
versucht worden.

Die Viehzucht, durch mildes Klima, bei dem die Heerden das ganze Jahr
durch im Freien bleiben können, und im Westen durch Prairien mit dem
nahrhaften Muskitgras begünstigt, ist einer der lohnendsten Zweige der te-
xanischen Landwirthschaft. Man zieht Rinder. Schweine und im Westen auch
Schafe und Pferde in Menge. Gewerbe und Handel sind noch nicht von Be¬
deutung, Fabriken unbekannt. Die Einfuhr wird durch die fast nur aus Ge¬
treide und Vieh bestehende Ausfuhr noch bei Weitem nicht gedeckt.

Dem Namen nach besitzt Texas eine große Anzahl von Städten, die zum
Theil sehr prächtige Titel führen. In Wirklichkeit aber sind nur wenige, die


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[0470] heißes, sehr ungesundes Klima. Hinter diesem Küstenstrich steigt im Osten langsamer, im Westen rascher, ein welliges, in den Niederungen noch feuchtes Prairieland an, in dem sich gelegentlich Waldinseln erheben, und welches endlich zu einer Hügclgegend wird, die im Nordwesten allmälig zum eigentlichen Ge¬ birge oder vielmehr zu einer weiten Hochebene ansteigt. Der Boden in der zweiten Region ist äußerst fruchtbar, und selbst in der dritten finden sich noch viele ergiebige Striche. Die Sklavenarbeit lohnt nur an den Küstengegenden und im Osten des Hügeldistricts, wo sich Plantagen wie in Louisiana finden, und wo außer Getreide und Tabak auch viel Baumwolle erzeugt wird. An¬ gebaut waren im Jahre 1855 etwas über 700,000 Aercs. noch im rohen Zu¬ stande über 14 Millionen Mres. Die Staatsschuld betrug 1850 gegen 7 Millio¬ nen Dollars, 1858 war sie ausgeglichen. Obwol der Staat auf dein Papier so gut eingerichtet ist, wie die übrigen Glieder der Union, obwol manches für Schulen gethan wurde und Texas selbst zwei Universitäten hat, sind die Zu¬ stände doch in vielen Gegenden noch sehr primitiver Natur, und weit häufiger als nöthig ist, bedient sich das Volk des Rechts der Selbsthilfe. Eisenbahnen hat man nur in einer Länge von 32 Meilen, für Kanäle ist noch ebensowenig gesorgt wie für die Regulirung der Flüsse, von denen mehre sehr langen Laufes, wenige aber auf weite Strecken schiffbar sind. Hauptflüsse sind der Sa¬ bine, der Nedriver, der Neches, der Trinidad, der Brazos. der Colorado. 130 deutsche Meilen lang, aber wegen der in seinem Bette angestauter Baumstämme (rades) für die Schifffahrt fast gar nicht zu benutzen, der ebenfalls nur wenige Meilen fahrbare San Antonio und der Rio del Norte, welcher im Westen die Grenze gegen Mexiko bildet. Die Hauptstapelartikel von Texas sind Zucker, der vorzüglich an den un¬ tern Ufern der ostlichen Flüsse gewonnen wird, wo man auch kleine Reis¬ felder antrifft. Baumwolle und Mais, die in fast allen Theilen des Staates gebaut werden, etwas Tabak, ferner Weizen und Gerste, die besonders am obern Trinidad gut gedeihen. Wo Deutsche sich angesiedelt haben, wird auch viel Obst und Gemüse gezogen, und selbst der Weinbau ist hier mit Erfolg versucht worden. Die Viehzucht, durch mildes Klima, bei dem die Heerden das ganze Jahr durch im Freien bleiben können, und im Westen durch Prairien mit dem nahrhaften Muskitgras begünstigt, ist einer der lohnendsten Zweige der te- xanischen Landwirthschaft. Man zieht Rinder. Schweine und im Westen auch Schafe und Pferde in Menge. Gewerbe und Handel sind noch nicht von Be¬ deutung, Fabriken unbekannt. Die Einfuhr wird durch die fast nur aus Ge¬ treide und Vieh bestehende Ausfuhr noch bei Weitem nicht gedeckt. Dem Namen nach besitzt Texas eine große Anzahl von Städten, die zum Theil sehr prächtige Titel führen. In Wirklichkeit aber sind nur wenige, die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/470>, abgerufen am 25.08.2024.