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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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daß die große Mehrzahl die Gaben Gottes wol zu würdigen wußte. Hieß
es auch nicht zu viel fordern, wenn diejenigen, die zuerst dem Boden durch
sorgsamere Bestellung edlere Früchte abzugewinnen verstanden, sich nicht ein¬
mal selbst den Genuß davon gönnen sollten? An den sonnigen Geländen
der Klostergürten reiften bereits seine Obstsorten, als die profane Welt sich
noch an Haferbrei genügen ließ; die Klöster waren es, die in vielen Gegen¬
den Deutschlands den Weinbau einbürgerten. Der Rauhigkeit des Klimas
Trotz bietend betrieben sie ihn noch ziemlich weit jenseits der Linie, bis zu
welcher heutige" Tages trinkbarer Rebensaft gebaut wird, so daß der Gaumen
des damaligen Geschlechts gegen ein saures Gewächs wol minder empfind¬
lich gewesen sein muß als der unsrige. der schon gegen den Meißner und
Naumburger einige Vorurtheile hegt. Der Petersberg besaß drei von seinen
eignen Pröbsten angelegte Weinberge, die einen stattlichen Ertrag lieferten
denn eine Ernte von 50 bis 60 Fudern galt als eine geringe, und da das
gewöhnliche Getränk der Mönche nur Bier war, welches von den Knech¬
ten des Klosters selbst gebraut wurde, so löste der Probst aus dem Ver¬
kauf des überflüssigen Weins eine schöne Einnahme. Markgraf Dietrich von
Meißen kaufte ihnen denselben regelmäßig ab, und im Jahre 1219 erreichte
das Kloster von dem Fürsten Heinrich von Anhalt dafür, daß es ihm jährlich
zwei Fuder Wein verschrieb, die Immunität einer dem Kloster gehörigen
Kirche.

Aber auch ihre Landgüter überhaupt erhoben die Klöster zu Muster¬
wirthschaften für ihre Zeit, und je sorgfältiger der Anbau derselben war,
desto besseren Ertrag lieferten sie dann für das Refectorium! Dem Probst Ru¬
dolf vergaßen es die Pctersberger Mönche nie, daß sie seiner trefflichen Ver¬
waltung und den von ihnen angekauften schönen Weizenfeldern besseres Brod
und Bier verdankten, und dem Probst Walther rühmt der Chronist nach, daß
er auf dem einen Klostcrgute den Bestand des Großviehes auf 150 Stück
brachte, sodaß es manchen schönen Braten in die Klosterküche liefern konnte.
Freilich blieben Fleischspeisen nur auf gewisse Tage beschränkt, aber gerade
unser Kloster genoß in dieser Beziehung einer besonderen Vergünstigung.
Von einer Reise nach Rom brachte nämlich im Jahre 1201 der Probst eine
päpstliche Bulle mit, welche dem Kloster mit Rücksicht auf seine hohe Lage,
die die Beschaffung von Fischen an den Festtagen erschwerte, die Erlaubnil)
ertheilte, "da es doch zu viel verlangt sei sich nach dem Fleisch auch noch der
Fische zu enthalten", an gewissen Tagen Fleisch zu essen, "doch nicht zur
Sättigung, sondern nur soweit nothwendig", eine Clausel, die nicht immer
im strengsten Sinn genommen worden sein mag. Dafür begrüßte auch den
heimkehrenden Probst der ganze Convent mit freudestrahlenden Gesichtern.
Es zeugt auch nicht eben für große Einschränkung, daß der Laienbruder,


daß die große Mehrzahl die Gaben Gottes wol zu würdigen wußte. Hieß
es auch nicht zu viel fordern, wenn diejenigen, die zuerst dem Boden durch
sorgsamere Bestellung edlere Früchte abzugewinnen verstanden, sich nicht ein¬
mal selbst den Genuß davon gönnen sollten? An den sonnigen Geländen
der Klostergürten reiften bereits seine Obstsorten, als die profane Welt sich
noch an Haferbrei genügen ließ; die Klöster waren es, die in vielen Gegen¬
den Deutschlands den Weinbau einbürgerten. Der Rauhigkeit des Klimas
Trotz bietend betrieben sie ihn noch ziemlich weit jenseits der Linie, bis zu
welcher heutige» Tages trinkbarer Rebensaft gebaut wird, so daß der Gaumen
des damaligen Geschlechts gegen ein saures Gewächs wol minder empfind¬
lich gewesen sein muß als der unsrige. der schon gegen den Meißner und
Naumburger einige Vorurtheile hegt. Der Petersberg besaß drei von seinen
eignen Pröbsten angelegte Weinberge, die einen stattlichen Ertrag lieferten
denn eine Ernte von 50 bis 60 Fudern galt als eine geringe, und da das
gewöhnliche Getränk der Mönche nur Bier war, welches von den Knech¬
ten des Klosters selbst gebraut wurde, so löste der Probst aus dem Ver¬
kauf des überflüssigen Weins eine schöne Einnahme. Markgraf Dietrich von
Meißen kaufte ihnen denselben regelmäßig ab, und im Jahre 1219 erreichte
das Kloster von dem Fürsten Heinrich von Anhalt dafür, daß es ihm jährlich
zwei Fuder Wein verschrieb, die Immunität einer dem Kloster gehörigen
Kirche.

Aber auch ihre Landgüter überhaupt erhoben die Klöster zu Muster¬
wirthschaften für ihre Zeit, und je sorgfältiger der Anbau derselben war,
desto besseren Ertrag lieferten sie dann für das Refectorium! Dem Probst Ru¬
dolf vergaßen es die Pctersberger Mönche nie, daß sie seiner trefflichen Ver¬
waltung und den von ihnen angekauften schönen Weizenfeldern besseres Brod
und Bier verdankten, und dem Probst Walther rühmt der Chronist nach, daß
er auf dem einen Klostcrgute den Bestand des Großviehes auf 150 Stück
brachte, sodaß es manchen schönen Braten in die Klosterküche liefern konnte.
Freilich blieben Fleischspeisen nur auf gewisse Tage beschränkt, aber gerade
unser Kloster genoß in dieser Beziehung einer besonderen Vergünstigung.
Von einer Reise nach Rom brachte nämlich im Jahre 1201 der Probst eine
päpstliche Bulle mit, welche dem Kloster mit Rücksicht auf seine hohe Lage,
die die Beschaffung von Fischen an den Festtagen erschwerte, die Erlaubnil)
ertheilte, „da es doch zu viel verlangt sei sich nach dem Fleisch auch noch der
Fische zu enthalten", an gewissen Tagen Fleisch zu essen, „doch nicht zur
Sättigung, sondern nur soweit nothwendig", eine Clausel, die nicht immer
im strengsten Sinn genommen worden sein mag. Dafür begrüßte auch den
heimkehrenden Probst der ganze Convent mit freudestrahlenden Gesichtern.
Es zeugt auch nicht eben für große Einschränkung, daß der Laienbruder,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/436>, abgerufen am 01.10.2024.