Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.daß schon dies mehr ein Malen als ein Schreiben zu heißen verdiente, Da¬ Sehen wir jedoch von diesen beiläufigen Verzierungen ab, so ist der (Schluß in nächster Nummer). "emntwvrtlicher Redacteur: Dr. Morip Busch. Verlag von F, 9 Heri'i" -- Druck r."n <5" >5, Elbert n> Leipzig daß schon dies mehr ein Malen als ein Schreiben zu heißen verdiente, Da¬ Sehen wir jedoch von diesen beiläufigen Verzierungen ab, so ist der (Schluß in nächster Nummer). «emntwvrtlicher Redacteur: Dr. Morip Busch. Verlag von F, 9 Heri'i« — Druck r.»n <5„ >5, Elbert n> Leipzig <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0410" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111304"/> <p xml:id="ID_1369" prev="#ID_1368"> daß schon dies mehr ein Malen als ein Schreiben zu heißen verdiente, Da¬<lb/> bei hoben sie die Anfangsbuchstaben der einzelnen Abschnitte gern durch aller¬<lb/> lei Verzierungen für das Auge hervor; das Einfachste war, sie durch bunte<lb/> Farben von der Übrigen schwarzen Schrift zu unterscheiden, oder man umgab<lb/> sie mit einem Kranze von Arabesken, die oft vielen Schwung und große»<lb/> Reichthum der Erfindung zeigen, oder endlich versah man sie mit ausgeführten<lb/> bildlichen Darstellungen, die ans den Inhalt des Folgenden Bezug hatten,<lb/> und unter diesen finden sich jene köstlichen Miniaturen, zum Theil wahre Kunst¬<lb/> kleinode, die durch die Schönheit ihrer Farben und bei aller Kindlichfeit der<lb/> Auffassung durch die Schärfe der Zeichnung und das charakteristische Gepräge<lb/> der Physiognomien noch heute verdiente Bewunderung erregen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1370"> Sehen wir jedoch von diesen beiläufigen Verzierungen ab, so ist der<lb/> Werth der in den Klostcrbibliotheken gesammelten Bücher im Verhältniß zu<lb/> ihrer Anzahl im Ganzen doch sehr gering; denn wissenschaftlicher Geist, mochte<lb/> er nun ein ganzes Kloster oder einen einzelnen Mönch auszeichnen, gehörte<lb/> u> Deutschland immer nur zur Ausnahme. Meistens waren es biblische Bü¬<lb/> cher nebst Glossarien. Andachtsbücher, Kirchenväter, Hciligcnlegenden, Termone,<lb/> Schriften über Klosterwesen, außerdem über Dialektik und Medicin nebst et¬<lb/> lichen wenigen Chroniken, die von der Erschaffung der Welt anhebend die<lb/> Hauptdata der Weltgeschichte bis auf die Gründung des Klosters aneinander-<lb/> reihten und von da in die Spccialgcschichte des Klosters einmündeten, allein<lb/> einem schrecklichen Latein abgefaßt, auf welches die dürftige Bekanntschaft mit<lb/> Cicero, Livius und Justin oder mit Horaz und Virgil nur jden Einfluß g>-"<lb/> habt hat, daß es hie und da mit einer unpassenden antiken Redewendung oder<lb/> einem geschmacklosen Citat durchwebt ist. Und doch, von welchem unschäp-<lb/> baren Werthe sind uns diese Mönchschroniken für die Geschichte des Mittel¬<lb/> alters, wie höchst interessant ist es, darauf zu achten, auf welche Weise die<lb/> Zeitereignisse sich in dein Geiste ihrer Verfasser abspiegelten! Das Griechisch<lb/> war im Abendland so gut wie völlig unbekannt, machten sich ja die Mönch''<lb/> nicht einmal ein Gewissen daraus, den alten griechischen Text von dem<lb/> Pergament abzuwaschen, um es dann mit ihren Litaneien und Gebeten von<lb/> ^ Neuem beschreiben zu können.</p><lb/> <p xml:id="ID_1371"> (Schluß in nächster Nummer).</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <note type="byline"> «emntwvrtlicher Redacteur: Dr. Morip Busch.<lb/> Verlag von F, 9 Heri'i« — Druck r.»n <5„ >5, Elbert n> Leipzig</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0410]
daß schon dies mehr ein Malen als ein Schreiben zu heißen verdiente, Da¬
bei hoben sie die Anfangsbuchstaben der einzelnen Abschnitte gern durch aller¬
lei Verzierungen für das Auge hervor; das Einfachste war, sie durch bunte
Farben von der Übrigen schwarzen Schrift zu unterscheiden, oder man umgab
sie mit einem Kranze von Arabesken, die oft vielen Schwung und große»
Reichthum der Erfindung zeigen, oder endlich versah man sie mit ausgeführten
bildlichen Darstellungen, die ans den Inhalt des Folgenden Bezug hatten,
und unter diesen finden sich jene köstlichen Miniaturen, zum Theil wahre Kunst¬
kleinode, die durch die Schönheit ihrer Farben und bei aller Kindlichfeit der
Auffassung durch die Schärfe der Zeichnung und das charakteristische Gepräge
der Physiognomien noch heute verdiente Bewunderung erregen.
Sehen wir jedoch von diesen beiläufigen Verzierungen ab, so ist der
Werth der in den Klostcrbibliotheken gesammelten Bücher im Verhältniß zu
ihrer Anzahl im Ganzen doch sehr gering; denn wissenschaftlicher Geist, mochte
er nun ein ganzes Kloster oder einen einzelnen Mönch auszeichnen, gehörte
u> Deutschland immer nur zur Ausnahme. Meistens waren es biblische Bü¬
cher nebst Glossarien. Andachtsbücher, Kirchenväter, Hciligcnlegenden, Termone,
Schriften über Klosterwesen, außerdem über Dialektik und Medicin nebst et¬
lichen wenigen Chroniken, die von der Erschaffung der Welt anhebend die
Hauptdata der Weltgeschichte bis auf die Gründung des Klosters aneinander-
reihten und von da in die Spccialgcschichte des Klosters einmündeten, allein
einem schrecklichen Latein abgefaßt, auf welches die dürftige Bekanntschaft mit
Cicero, Livius und Justin oder mit Horaz und Virgil nur jden Einfluß g>-"
habt hat, daß es hie und da mit einer unpassenden antiken Redewendung oder
einem geschmacklosen Citat durchwebt ist. Und doch, von welchem unschäp-
baren Werthe sind uns diese Mönchschroniken für die Geschichte des Mittel¬
alters, wie höchst interessant ist es, darauf zu achten, auf welche Weise die
Zeitereignisse sich in dein Geiste ihrer Verfasser abspiegelten! Das Griechisch
war im Abendland so gut wie völlig unbekannt, machten sich ja die Mönch''
nicht einmal ein Gewissen daraus, den alten griechischen Text von dem
Pergament abzuwaschen, um es dann mit ihren Litaneien und Gebeten von
^ Neuem beschreiben zu können.
(Schluß in nächster Nummer).
«emntwvrtlicher Redacteur: Dr. Morip Busch.
Verlag von F, 9 Heri'i« — Druck r.»n <5„ >5, Elbert n> Leipzig
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