Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.ordnung wuchs zusehends und drohte in vollständige Anarchie überzugehen. Wenden wir jetzt den Blick nach Rom, wo der nächste Act des großen ordnung wuchs zusehends und drohte in vollständige Anarchie überzugehen. Wenden wir jetzt den Blick nach Rom, wo der nächste Act des großen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111269"/> <p xml:id="ID_1278" prev="#ID_1277"> ordnung wuchs zusehends und drohte in vollständige Anarchie überzugehen.<lb/> Dn machte Cav'our seinen kühnen Griff, für den ihn zwar die Note des Herrn<lb/> o. Schleinitz strafte, der aber die italienische Sache rettete/, die sardinische<lb/> Armee stellte durch die Eroberung der- Marken die Verbindung her. welche für<lb/> ein wirksames Eingreifen in Neapel nothwendig war. Garibaldi zeigte hier<lb/> aufs Neue seine Uneigennützigst: er. der dem König Victor Emanuel ein<lb/> Königreich erobert, legte die Dictatur in dessen Hände nieder, ohne irgend<lb/> eine Belohnung anzunehmen; er, der mehrere Monate unumschränkter Gebieter<lb/> von Neapel und Sicilien war, mußte sich, wie Elliot berichtet, einige Pfund<lb/> leihen, um uach Caprcra reisen zu können. Die letzte Episode, des neapoli¬<lb/> tanische» Dramas ist der Kampf um Gneta. Es wird uns die Depesche Thou-<lb/> venels an den Admiral de Tincui mitgetheilt, wonach das französische Ge¬<lb/> schwader nnr die Person des Königs sckützcu sollte. England drängte unab¬<lb/> lässig auf die Abberufung, welche Napoleon auf die Fürsprache der Gesandten<lb/> von Rußland, Oestreich und Preußen noch verschob. Der Grund, weshalb<lb/> Preußen sich an diesem Schritte betheiligte, ist uns nach der Erklärung des<lb/> Herrn v. Schleinitz ebenso unklar geblieben, wie die Motive, welche nach seiner<lb/> Ansicht das Abenteuer der Loreley rechtfertigen sollten. Nachdem die Flotte<lb/> abgesegelt, war der Fall der Festung unvermeidlich. Man kann lebhafte Sym¬<lb/> pathien für den unglücklichen König habe», welcher in der äußersten Noth den<lb/> Muth zu tapfrer Vertheidigung fand, begeistert sein für die heldenmüthige<lb/> deutsche Fürstin, welche an seiner Seite ausharrte; aber solche Gefühle können<lb/> nicht verhindern, daß sich das geschichtliche Gericht vollzieht, welches die Sün¬<lb/> den der Väter auch an unschuldigen Söhnen heimsucht, an Ludwig dem Sech¬<lb/> zehnten wie an Franz dem Zweiten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1279" next="#ID_1280"> Wenden wir jetzt den Blick nach Rom, wo der nächste Act des großen<lb/> Dramas spielen wird. Der kaiserliche Brief vom 31. Januar 1859 hatte dem<lb/> Papst nach vielen Ergebenheitsversicherungen gerathen, die aufständischen Pro¬<lb/> vinzen zu opfern, die dem römischen Stuhl seit,51 Jahren so viele Verlegen¬<lb/> heiten bereitet, wogegen der Congreß ihm gewiß seine übrigen Besitzungen<lb/> garantiren würde. Pius der Neunte antwortete am 8. Januar mit der in der<lb/> Encyclica vom 1v. d. M. öffentlich wiederholten entschiedensten Weigerung, irgend<lb/> etwas von den geheiligten Rechten aufzugeben, die nicht etwa einer Dynastie, son¬<lb/> dern allen Katholiken angehören. „Feierliche Eide verbieten Uns auf die Sou¬<lb/> veränität über jene Provinzen zu verzichten, und der Sieg der Empörung in<lb/> denselben würde nnr zu neuen Verschwörungen in unsern andern Provinzen<lb/> führen." — In weniger emphatischer Form, aber eben so bestimmt finden wir<lb/> die römische Politik in einer Depesche des französischen Botschafters Herzog v.<lb/> ^rammont vom 3. März über eine Unterhaltung mit dem Cardinal Antonelli<lb/> gezeichnet. Lctzircr weist jedes Vicaruu des Königs Victor Emanuel zurück: es</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
ordnung wuchs zusehends und drohte in vollständige Anarchie überzugehen.
Dn machte Cav'our seinen kühnen Griff, für den ihn zwar die Note des Herrn
o. Schleinitz strafte, der aber die italienische Sache rettete/, die sardinische
Armee stellte durch die Eroberung der- Marken die Verbindung her. welche für
ein wirksames Eingreifen in Neapel nothwendig war. Garibaldi zeigte hier
aufs Neue seine Uneigennützigst: er. der dem König Victor Emanuel ein
Königreich erobert, legte die Dictatur in dessen Hände nieder, ohne irgend
eine Belohnung anzunehmen; er, der mehrere Monate unumschränkter Gebieter
von Neapel und Sicilien war, mußte sich, wie Elliot berichtet, einige Pfund
leihen, um uach Caprcra reisen zu können. Die letzte Episode, des neapoli¬
tanische» Dramas ist der Kampf um Gneta. Es wird uns die Depesche Thou-
venels an den Admiral de Tincui mitgetheilt, wonach das französische Ge¬
schwader nnr die Person des Königs sckützcu sollte. England drängte unab¬
lässig auf die Abberufung, welche Napoleon auf die Fürsprache der Gesandten
von Rußland, Oestreich und Preußen noch verschob. Der Grund, weshalb
Preußen sich an diesem Schritte betheiligte, ist uns nach der Erklärung des
Herrn v. Schleinitz ebenso unklar geblieben, wie die Motive, welche nach seiner
Ansicht das Abenteuer der Loreley rechtfertigen sollten. Nachdem die Flotte
abgesegelt, war der Fall der Festung unvermeidlich. Man kann lebhafte Sym¬
pathien für den unglücklichen König habe», welcher in der äußersten Noth den
Muth zu tapfrer Vertheidigung fand, begeistert sein für die heldenmüthige
deutsche Fürstin, welche an seiner Seite ausharrte; aber solche Gefühle können
nicht verhindern, daß sich das geschichtliche Gericht vollzieht, welches die Sün¬
den der Väter auch an unschuldigen Söhnen heimsucht, an Ludwig dem Sech¬
zehnten wie an Franz dem Zweiten.
Wenden wir jetzt den Blick nach Rom, wo der nächste Act des großen
Dramas spielen wird. Der kaiserliche Brief vom 31. Januar 1859 hatte dem
Papst nach vielen Ergebenheitsversicherungen gerathen, die aufständischen Pro¬
vinzen zu opfern, die dem römischen Stuhl seit,51 Jahren so viele Verlegen¬
heiten bereitet, wogegen der Congreß ihm gewiß seine übrigen Besitzungen
garantiren würde. Pius der Neunte antwortete am 8. Januar mit der in der
Encyclica vom 1v. d. M. öffentlich wiederholten entschiedensten Weigerung, irgend
etwas von den geheiligten Rechten aufzugeben, die nicht etwa einer Dynastie, son¬
dern allen Katholiken angehören. „Feierliche Eide verbieten Uns auf die Sou¬
veränität über jene Provinzen zu verzichten, und der Sieg der Empörung in
denselben würde nnr zu neuen Verschwörungen in unsern andern Provinzen
führen." — In weniger emphatischer Form, aber eben so bestimmt finden wir
die römische Politik in einer Depesche des französischen Botschafters Herzog v.
^rammont vom 3. März über eine Unterhaltung mit dem Cardinal Antonelli
gezeichnet. Lctzircr weist jedes Vicaruu des Königs Victor Emanuel zurück: es
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