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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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zwischen der Landmacht und der Seemacht. Letztere ist ausschließlich Sache des
Reichs. Die Landmacht dagegen wird von den einzelnen Staaten ausgebil¬
det und unterhalten (so weit die Kosten den Friedensstand nicht übersteigen);
es bleibt ihnen die Verfügung über ihre Truppen, so weit dieselben nicht für
den Dienst des, Reiches in Anspruch genommen werden. So weit gehen die
Bestimmungen kaum über die bestehenden der Bundesacte hinaus. Viel
weiter aber gehen nothwendig die in den Entwurf aufgenommenen Grund¬
züge einer deutschen Kriegsverfassung gegen die betreffenden, als unzulänglich
allgemein anerkannten Bestimmungen der Bundeskriegsverfassung. Der Reichs¬
gewalt und Gesetzgebung bleiben vorbehalten: eine allgemeine Wehrverfassnng,
die Gesetzgebung und Organisation des Heerwesens, so wie die Aufsicht über
die Durchführung derselben; die Ernennung der Befehlshaber für die gemisch¬
ten Armeecorps, und für den Krieg die Ernennung der commandirenden Gene¬
rale der selbständigen Corps, so wie des Personals der Hauptquartiere.
Endlich kann die Reichsgewalt Festungen und Küstenvertheidigungswerke an¬
legen, auch vorhandene Festungen für Reichsfestungen erklären. -- Die schwei¬
zerische Verfassung gibt der Bundesgewalt nicht allein alle die gedachten Be¬
fugnisse -- eine Seemacht kommt hier auch in der Verfassung nicht vor --
sondern sie bestimmt außerdem, daß alle Truppenabtheilungen im eidgenössi¬
schen Dienste ausschließlich die eidgenössische Fahne führen; daß außer dem
Auszuge vou drei Procent und der Reserve von ein und ein halb Procent der
Bevölkerung, in Zeiten der Gefahr auch die übrigen Streitkräfte (die Land¬
weh") der Cantone dem Bunde zur Verfügung stehen. Endlich übernimmt
der Bund den Unterricht der Genietruppen, der Artillerie und der Kavallerie,
die Bildung der Jnstrnctoren für die übrigen Waffengattungen, den höhern
Militäruntcrricht für alle Waffengattungen, die Lieferung eines Theiles des
Kriegsmaterials, und überwacht den Militärunterricht der Infanterie und
Scharfschützen, so wie die Anschaffung, den Bau und Unterhalt des Knegs-
zeugs. welches die Cantone zum Bundeshcere zu liefern haben.

Zur Bestreitung der Ausgaben für die Zwecke der Gesammtheit überweist
der Entwurf von der Reichsgewalt zunächst einen Antheil an den Ein¬
künften aus den Zöllen und den gemeinsamen Productions- und Verbrauch¬
steuern (Branntwein. Tabak. Rübenzucker u. s. w.). Die Größe dieses Antheils
wird nach Bedarf durch das ordentliche Budget bestimmt; der Rest des Be¬
lags der genannten Einkünfte wird unter die einzelnen Staaten vertheilt.
Zur Ergänzung ihres Bedarfs hat die Reichsgewalt ferner das Recht-. Ma-
tnkularbeiträge umzulegen; in außerordentlichen Fällen endlich ist sie befugt.
Reichssteucrn aufzulegen, so wie Anleihen zu machen und sonstige Schulden
on contrahiren (z. B. durch Ausgeben von Schatzscheinen). -- Dem eidgenös¬
sischen Bunde werden nach der Verfassung zur Verfügung gestellt: die Erträge


zwischen der Landmacht und der Seemacht. Letztere ist ausschließlich Sache des
Reichs. Die Landmacht dagegen wird von den einzelnen Staaten ausgebil¬
det und unterhalten (so weit die Kosten den Friedensstand nicht übersteigen);
es bleibt ihnen die Verfügung über ihre Truppen, so weit dieselben nicht für
den Dienst des, Reiches in Anspruch genommen werden. So weit gehen die
Bestimmungen kaum über die bestehenden der Bundesacte hinaus. Viel
weiter aber gehen nothwendig die in den Entwurf aufgenommenen Grund¬
züge einer deutschen Kriegsverfassung gegen die betreffenden, als unzulänglich
allgemein anerkannten Bestimmungen der Bundeskriegsverfassung. Der Reichs¬
gewalt und Gesetzgebung bleiben vorbehalten: eine allgemeine Wehrverfassnng,
die Gesetzgebung und Organisation des Heerwesens, so wie die Aufsicht über
die Durchführung derselben; die Ernennung der Befehlshaber für die gemisch¬
ten Armeecorps, und für den Krieg die Ernennung der commandirenden Gene¬
rale der selbständigen Corps, so wie des Personals der Hauptquartiere.
Endlich kann die Reichsgewalt Festungen und Küstenvertheidigungswerke an¬
legen, auch vorhandene Festungen für Reichsfestungen erklären. — Die schwei¬
zerische Verfassung gibt der Bundesgewalt nicht allein alle die gedachten Be¬
fugnisse — eine Seemacht kommt hier auch in der Verfassung nicht vor —
sondern sie bestimmt außerdem, daß alle Truppenabtheilungen im eidgenössi¬
schen Dienste ausschließlich die eidgenössische Fahne führen; daß außer dem
Auszuge vou drei Procent und der Reserve von ein und ein halb Procent der
Bevölkerung, in Zeiten der Gefahr auch die übrigen Streitkräfte (die Land¬
weh») der Cantone dem Bunde zur Verfügung stehen. Endlich übernimmt
der Bund den Unterricht der Genietruppen, der Artillerie und der Kavallerie,
die Bildung der Jnstrnctoren für die übrigen Waffengattungen, den höhern
Militäruntcrricht für alle Waffengattungen, die Lieferung eines Theiles des
Kriegsmaterials, und überwacht den Militärunterricht der Infanterie und
Scharfschützen, so wie die Anschaffung, den Bau und Unterhalt des Knegs-
zeugs. welches die Cantone zum Bundeshcere zu liefern haben.

Zur Bestreitung der Ausgaben für die Zwecke der Gesammtheit überweist
der Entwurf von der Reichsgewalt zunächst einen Antheil an den Ein¬
künften aus den Zöllen und den gemeinsamen Productions- und Verbrauch¬
steuern (Branntwein. Tabak. Rübenzucker u. s. w.). Die Größe dieses Antheils
wird nach Bedarf durch das ordentliche Budget bestimmt; der Rest des Be¬
lags der genannten Einkünfte wird unter die einzelnen Staaten vertheilt.
Zur Ergänzung ihres Bedarfs hat die Reichsgewalt ferner das Recht-. Ma-
tnkularbeiträge umzulegen; in außerordentlichen Fällen endlich ist sie befugt.
Reichssteucrn aufzulegen, so wie Anleihen zu machen und sonstige Schulden
on contrahiren (z. B. durch Ausgeben von Schatzscheinen). — Dem eidgenös¬
sischen Bunde werden nach der Verfassung zur Verfügung gestellt: die Erträge


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[0337] zwischen der Landmacht und der Seemacht. Letztere ist ausschließlich Sache des Reichs. Die Landmacht dagegen wird von den einzelnen Staaten ausgebil¬ det und unterhalten (so weit die Kosten den Friedensstand nicht übersteigen); es bleibt ihnen die Verfügung über ihre Truppen, so weit dieselben nicht für den Dienst des, Reiches in Anspruch genommen werden. So weit gehen die Bestimmungen kaum über die bestehenden der Bundesacte hinaus. Viel weiter aber gehen nothwendig die in den Entwurf aufgenommenen Grund¬ züge einer deutschen Kriegsverfassung gegen die betreffenden, als unzulänglich allgemein anerkannten Bestimmungen der Bundeskriegsverfassung. Der Reichs¬ gewalt und Gesetzgebung bleiben vorbehalten: eine allgemeine Wehrverfassnng, die Gesetzgebung und Organisation des Heerwesens, so wie die Aufsicht über die Durchführung derselben; die Ernennung der Befehlshaber für die gemisch¬ ten Armeecorps, und für den Krieg die Ernennung der commandirenden Gene¬ rale der selbständigen Corps, so wie des Personals der Hauptquartiere. Endlich kann die Reichsgewalt Festungen und Küstenvertheidigungswerke an¬ legen, auch vorhandene Festungen für Reichsfestungen erklären. — Die schwei¬ zerische Verfassung gibt der Bundesgewalt nicht allein alle die gedachten Be¬ fugnisse — eine Seemacht kommt hier auch in der Verfassung nicht vor — sondern sie bestimmt außerdem, daß alle Truppenabtheilungen im eidgenössi¬ schen Dienste ausschließlich die eidgenössische Fahne führen; daß außer dem Auszuge vou drei Procent und der Reserve von ein und ein halb Procent der Bevölkerung, in Zeiten der Gefahr auch die übrigen Streitkräfte (die Land¬ weh») der Cantone dem Bunde zur Verfügung stehen. Endlich übernimmt der Bund den Unterricht der Genietruppen, der Artillerie und der Kavallerie, die Bildung der Jnstrnctoren für die übrigen Waffengattungen, den höhern Militäruntcrricht für alle Waffengattungen, die Lieferung eines Theiles des Kriegsmaterials, und überwacht den Militärunterricht der Infanterie und Scharfschützen, so wie die Anschaffung, den Bau und Unterhalt des Knegs- zeugs. welches die Cantone zum Bundeshcere zu liefern haben. Zur Bestreitung der Ausgaben für die Zwecke der Gesammtheit überweist der Entwurf von der Reichsgewalt zunächst einen Antheil an den Ein¬ künften aus den Zöllen und den gemeinsamen Productions- und Verbrauch¬ steuern (Branntwein. Tabak. Rübenzucker u. s. w.). Die Größe dieses Antheils wird nach Bedarf durch das ordentliche Budget bestimmt; der Rest des Be¬ lags der genannten Einkünfte wird unter die einzelnen Staaten vertheilt. Zur Ergänzung ihres Bedarfs hat die Reichsgewalt ferner das Recht-. Ma- tnkularbeiträge umzulegen; in außerordentlichen Fällen endlich ist sie befugt. Reichssteucrn aufzulegen, so wie Anleihen zu machen und sonstige Schulden on contrahiren (z. B. durch Ausgeben von Schatzscheinen). — Dem eidgenös¬ sischen Bunde werden nach der Verfassung zur Verfügung gestellt: die Erträge

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/337>, abgerufen am 22.07.2024.