Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.-- Nein. Was hab' ich zu thun? -- Es muß hier eine Commission sein. Die Commission suchte ich. wer weiß wie lange! Aberich fand sie nicht. -- Ich wartete mehrere Tage. Keine Nachricht kam. Da kam der Waffen¬ Das Offiziercorps -- denn nur von diesem kann ich sprechen -- hat an — Nein. Was hab' ich zu thun? — Es muß hier eine Commission sein. Die Commission suchte ich. wer weiß wie lange! Aberich fand sie nicht. — Ich wartete mehrere Tage. Keine Nachricht kam. Da kam der Waffen¬ Das Offiziercorps — denn nur von diesem kann ich sprechen — hat an <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0316" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111210"/> <p xml:id="ID_1070" prev="#ID_1069"> — Nein. Was hab' ich zu thun? — Es muß hier eine Commission sein.<lb/> Wo ist die? — er fragte die Adjutanten. Keiner wußte es. Nun wurde<lb/> in die Bureaus gerufen. Durch vier, fünf Säle vielleicht hörte ich die<lb/> Frage. Endlich kam die Antwort. Sie sollte — factisch — in diesem<lb/> Stadttheil sein — links eine der nächsten Straßen, dann links oder rechts;<lb/> sicher dort in der Nähe. — Uebrigens empfahl mir der Oberst nach Barona<lb/> zu fahren und mit dem Oberst eines dort liegenden Reiterregimentes zu sprechen.<lb/> Denn ich wollte zur Reiterei.'</p><lb/> <p xml:id="ID_1071"> Die Commission suchte ich. wer weiß wie lange! Aberich fand sie nicht. —<lb/> Ich fuhr nach Barona. Wol nimmer wird man etwas Malerischeres sehen<lb/> können. Dort bivouakirte von der Porto. Se. Giorgio an in den Gärten und<lb/> Feldern die Reiterei. Auf dem Wege dahin traf ich den einzigen verzagten,<lb/> ja feigen Schwächling, der nur in Verona vorgekommen — ein verzogenes<lb/> reiches Muttersöhnchen, das vor dem Feldzug der Uniform wegen Soldat<lb/> geworden. Er war Fähndrich. Ich wolle Soldat werden? freiwillig eintreten?<lb/> O Gott, was er darum gäbe, wenn er mit mir tauschen könne! Nein, er hielte<lb/> es nicht länger ans. Er wolle morgen wieder zurück ins Lazarett). Man<lb/> schicke ihn als gesund zum Regiment, aber morgen liebe er sich wieder krank<lb/> melden. In Wien im Frieden Soldat sein — ja! Aber hier, seit Wochen<lb/> nicht unter Dach und Fach in Regen und Sonnengluth ... So ging das<lb/> Gejammer fort. Ich ließ ihn reden. Da hatte ich den Typus leider so man¬<lb/> chen Herrchens. Seit den Tagen, wo Cäsar vor Ariovift lagerte, wie früher<lb/> — immer dieselbe Geschichte! — In Barona brachte ich dem Oberst mein Anlie¬<lb/> gen vor. — Können sie reiten? — war die erste Frage. — Ja! — Das<lb/> wurde einmal gefragt, aber zweimal sodann, um sich recht zu vergewissern,<lb/> ob ich „Zulage" habe! Als ich hierüber — lächelnd, denn diese Doppelfrage,<lb/> ein paar Tage nach der Schlacht bei Solferino gethan, war mir doch ein wenig<lb/> komisch — Auskunft gegeben hatte, war die Sache so weit in Ordnung.<lb/> vierzehn Tagen könne ich Offizier sein — sagte der Oberst — was mir in >c>-<lb/> weit nicht unlieb zu hören war, als die Bolontärstellung trotz des Ranges im<lb/> östreichischen Hclvce vielleicht nicht so angenehm als die Freiwilligcnstellung als<lb/> gewöhnlicher Gemeiner in Preußen sein mag. — In meinem Hotel sollte ich<lb/> dann das Nähere erfahren. Daß ich keine Protection habe, hatte ich gleich<lb/> zu Anfang gesagt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1072"> Ich wartete mehrere Tage. Keine Nachricht kam. Da kam der Waffen¬<lb/> stillstand, und ich reiste ab . . . Dies ist der äußere Nahmen. Dazu nun einige<lb/> Beobachtungen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1073" next="#ID_1074"> Das Offiziercorps — denn nur von diesem kann ich sprechen — hat an<lb/> in jenen' trüben Tagen einen sehr guten Eindruck gemacht. Die Größe de><lb/> Schlacht von Solferino und ihres Verlustes ersah ich erst aus der Allgemeinen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0316]
— Nein. Was hab' ich zu thun? — Es muß hier eine Commission sein.
Wo ist die? — er fragte die Adjutanten. Keiner wußte es. Nun wurde
in die Bureaus gerufen. Durch vier, fünf Säle vielleicht hörte ich die
Frage. Endlich kam die Antwort. Sie sollte — factisch — in diesem
Stadttheil sein — links eine der nächsten Straßen, dann links oder rechts;
sicher dort in der Nähe. — Uebrigens empfahl mir der Oberst nach Barona
zu fahren und mit dem Oberst eines dort liegenden Reiterregimentes zu sprechen.
Denn ich wollte zur Reiterei.'
Die Commission suchte ich. wer weiß wie lange! Aberich fand sie nicht. —
Ich fuhr nach Barona. Wol nimmer wird man etwas Malerischeres sehen
können. Dort bivouakirte von der Porto. Se. Giorgio an in den Gärten und
Feldern die Reiterei. Auf dem Wege dahin traf ich den einzigen verzagten,
ja feigen Schwächling, der nur in Verona vorgekommen — ein verzogenes
reiches Muttersöhnchen, das vor dem Feldzug der Uniform wegen Soldat
geworden. Er war Fähndrich. Ich wolle Soldat werden? freiwillig eintreten?
O Gott, was er darum gäbe, wenn er mit mir tauschen könne! Nein, er hielte
es nicht länger ans. Er wolle morgen wieder zurück ins Lazarett). Man
schicke ihn als gesund zum Regiment, aber morgen liebe er sich wieder krank
melden. In Wien im Frieden Soldat sein — ja! Aber hier, seit Wochen
nicht unter Dach und Fach in Regen und Sonnengluth ... So ging das
Gejammer fort. Ich ließ ihn reden. Da hatte ich den Typus leider so man¬
chen Herrchens. Seit den Tagen, wo Cäsar vor Ariovift lagerte, wie früher
— immer dieselbe Geschichte! — In Barona brachte ich dem Oberst mein Anlie¬
gen vor. — Können sie reiten? — war die erste Frage. — Ja! — Das
wurde einmal gefragt, aber zweimal sodann, um sich recht zu vergewissern,
ob ich „Zulage" habe! Als ich hierüber — lächelnd, denn diese Doppelfrage,
ein paar Tage nach der Schlacht bei Solferino gethan, war mir doch ein wenig
komisch — Auskunft gegeben hatte, war die Sache so weit in Ordnung.
vierzehn Tagen könne ich Offizier sein — sagte der Oberst — was mir in >c>-
weit nicht unlieb zu hören war, als die Bolontärstellung trotz des Ranges im
östreichischen Hclvce vielleicht nicht so angenehm als die Freiwilligcnstellung als
gewöhnlicher Gemeiner in Preußen sein mag. — In meinem Hotel sollte ich
dann das Nähere erfahren. Daß ich keine Protection habe, hatte ich gleich
zu Anfang gesagt.
Ich wartete mehrere Tage. Keine Nachricht kam. Da kam der Waffen¬
stillstand, und ich reiste ab . . . Dies ist der äußere Nahmen. Dazu nun einige
Beobachtungen.
Das Offiziercorps — denn nur von diesem kann ich sprechen — hat an
in jenen' trüben Tagen einen sehr guten Eindruck gemacht. Die Größe de>
Schlacht von Solferino und ihres Verlustes ersah ich erst aus der Allgemeinen
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |