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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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der Grafschaft eine Auswahl von Männern ersten Ranges, Lord Scarlct.
Lord Stlinley, Lord Egerton, die Lordmajors von Manchester, Liverpool,
Preston zusammen. Lord Derby, das Haupt der Torypartei, von der Gicht
zurückgehalten, erscheint in einem langen Schreiben, seine lebhafteste Theilnahme
zu bekunden und seiue Rathschläge mitzutheilen. Sofort wird ein Statut
angenommen, großr Beitrüge gezeichnet, die Sache in gesicherten Gang, ge¬
bracht, und kaum ist die Rede davon, die Regierung um Unterstützung an-
zugehn oder sie sonst in Anspruch zu nehmen. Was könnte nun verhindern,
daß auch bei uns in jedem Kreise, in jeder größeren Stadt angesehene Männer
zusammenträten einen Verein zu stiften zur bessern militärischen Vorbildung der
Jugend. Es giebt so viele bei uns, die sehr gut wissen, worauf es hiebei
ankommt, so viele, welche zu patriotischen Zwecken gern ihre Hand öffnen,
-- was hier selbst Frauen thun könnten und thun würden -- daß nicht zu zwei¬
feln ist, es würde in kurzer Zeit viel zu Stande kommen. Wer Menschen
kennt, der weiß, was auf solchem Wege, wo alle edeln Neigungen und alle
gute Einsicht in freiwillige Bewegung gesetzt werden können, zu erreichen ist.
Die Regierung würde, wie wir glauben, eine solche Thätigkeit auf jede
Weise fördern.

Aber das Alles ist erst das Eine, worauf der Vorgang in England unsere
Gedanken leitete. Wir lesen jetzt täglich in den Blättern, daß sich größere
und kleinere von diesen Volnnteercorps aller Waffen zu größern und kleineren
Uebungen in Bewegung setzen, sich vereinen, zusammen marschiren. kleine Ma¬
növer ausführen, lagern und so sich ausbilden, alles unter eigen gewählten
Führern, und Leute, welche es beurtheilen können, sind erstaunt und entzückt
über die Leistungen, Wer aber wollte sagen, daß. wenn die Regierung sich
der Sache bemächtigen wollte, wenn etwa ein Zwang einträte, wenn man
Anspruch darauf machte, die höheren Offiziere überall ernennen zu wollen, dre
Sache nicht augenblicklich zerfiele und das Land einer Kraft beraubt würde,
"uf welche es jetzt offenbar mit größtem Vertrauen hinsieht. Und Nun, anch
diese Erscheinung auf unsere Verhältnisse angewendet, befürchte ich keinen
Widerspruch, wenn ich behaupte, daß wir Preußen in unserer Landwehrcin-
Uchtung ein unermeßliches und vortreffliches Material haben, auf ähnlichen,
Gebiete Ungeheures zu leisten, aber freilich nur uuter der Boraussetzung, daß
Man dem Selbsthandeln. der Freiwilligkeit vollen Spielraum ließe. Halbe
F"ihnn ist ein ganzer Zwang und leistet nichts. Also: man gebe der Land¬
wehr die Autonomie. welche man ihr bei ihrer ersten Einrichtung 1813 gab.
wieder, lasse die Kreisstände ihre Offiziere, die Compugnien ihre Unteroffiziere
Wählen, die Offiziere ihren Bataillonscommandeur, und das Institut würde
^ ganze moralische Sprungkraft jener ersten Jahre wieder erhalten und
"Ur noch mehr leisten, da ihm jetzt ein wundervolles Material an ausgehn-


der Grafschaft eine Auswahl von Männern ersten Ranges, Lord Scarlct.
Lord Stlinley, Lord Egerton, die Lordmajors von Manchester, Liverpool,
Preston zusammen. Lord Derby, das Haupt der Torypartei, von der Gicht
zurückgehalten, erscheint in einem langen Schreiben, seine lebhafteste Theilnahme
zu bekunden und seiue Rathschläge mitzutheilen. Sofort wird ein Statut
angenommen, großr Beitrüge gezeichnet, die Sache in gesicherten Gang, ge¬
bracht, und kaum ist die Rede davon, die Regierung um Unterstützung an-
zugehn oder sie sonst in Anspruch zu nehmen. Was könnte nun verhindern,
daß auch bei uns in jedem Kreise, in jeder größeren Stadt angesehene Männer
zusammenträten einen Verein zu stiften zur bessern militärischen Vorbildung der
Jugend. Es giebt so viele bei uns, die sehr gut wissen, worauf es hiebei
ankommt, so viele, welche zu patriotischen Zwecken gern ihre Hand öffnen,
— was hier selbst Frauen thun könnten und thun würden — daß nicht zu zwei¬
feln ist, es würde in kurzer Zeit viel zu Stande kommen. Wer Menschen
kennt, der weiß, was auf solchem Wege, wo alle edeln Neigungen und alle
gute Einsicht in freiwillige Bewegung gesetzt werden können, zu erreichen ist.
Die Regierung würde, wie wir glauben, eine solche Thätigkeit auf jede
Weise fördern.

Aber das Alles ist erst das Eine, worauf der Vorgang in England unsere
Gedanken leitete. Wir lesen jetzt täglich in den Blättern, daß sich größere
und kleinere von diesen Volnnteercorps aller Waffen zu größern und kleineren
Uebungen in Bewegung setzen, sich vereinen, zusammen marschiren. kleine Ma¬
növer ausführen, lagern und so sich ausbilden, alles unter eigen gewählten
Führern, und Leute, welche es beurtheilen können, sind erstaunt und entzückt
über die Leistungen, Wer aber wollte sagen, daß. wenn die Regierung sich
der Sache bemächtigen wollte, wenn etwa ein Zwang einträte, wenn man
Anspruch darauf machte, die höheren Offiziere überall ernennen zu wollen, dre
Sache nicht augenblicklich zerfiele und das Land einer Kraft beraubt würde,
"uf welche es jetzt offenbar mit größtem Vertrauen hinsieht. Und Nun, anch
diese Erscheinung auf unsere Verhältnisse angewendet, befürchte ich keinen
Widerspruch, wenn ich behaupte, daß wir Preußen in unserer Landwehrcin-
Uchtung ein unermeßliches und vortreffliches Material haben, auf ähnlichen,
Gebiete Ungeheures zu leisten, aber freilich nur uuter der Boraussetzung, daß
Man dem Selbsthandeln. der Freiwilligkeit vollen Spielraum ließe. Halbe
F»ihnn ist ein ganzer Zwang und leistet nichts. Also: man gebe der Land¬
wehr die Autonomie. welche man ihr bei ihrer ersten Einrichtung 1813 gab.
wieder, lasse die Kreisstände ihre Offiziere, die Compugnien ihre Unteroffiziere
Wählen, die Offiziere ihren Bataillonscommandeur, und das Institut würde
^ ganze moralische Sprungkraft jener ersten Jahre wieder erhalten und
"Ur noch mehr leisten, da ihm jetzt ein wundervolles Material an ausgehn-


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[0263] der Grafschaft eine Auswahl von Männern ersten Ranges, Lord Scarlct. Lord Stlinley, Lord Egerton, die Lordmajors von Manchester, Liverpool, Preston zusammen. Lord Derby, das Haupt der Torypartei, von der Gicht zurückgehalten, erscheint in einem langen Schreiben, seine lebhafteste Theilnahme zu bekunden und seiue Rathschläge mitzutheilen. Sofort wird ein Statut angenommen, großr Beitrüge gezeichnet, die Sache in gesicherten Gang, ge¬ bracht, und kaum ist die Rede davon, die Regierung um Unterstützung an- zugehn oder sie sonst in Anspruch zu nehmen. Was könnte nun verhindern, daß auch bei uns in jedem Kreise, in jeder größeren Stadt angesehene Männer zusammenträten einen Verein zu stiften zur bessern militärischen Vorbildung der Jugend. Es giebt so viele bei uns, die sehr gut wissen, worauf es hiebei ankommt, so viele, welche zu patriotischen Zwecken gern ihre Hand öffnen, — was hier selbst Frauen thun könnten und thun würden — daß nicht zu zwei¬ feln ist, es würde in kurzer Zeit viel zu Stande kommen. Wer Menschen kennt, der weiß, was auf solchem Wege, wo alle edeln Neigungen und alle gute Einsicht in freiwillige Bewegung gesetzt werden können, zu erreichen ist. Die Regierung würde, wie wir glauben, eine solche Thätigkeit auf jede Weise fördern. Aber das Alles ist erst das Eine, worauf der Vorgang in England unsere Gedanken leitete. Wir lesen jetzt täglich in den Blättern, daß sich größere und kleinere von diesen Volnnteercorps aller Waffen zu größern und kleineren Uebungen in Bewegung setzen, sich vereinen, zusammen marschiren. kleine Ma¬ növer ausführen, lagern und so sich ausbilden, alles unter eigen gewählten Führern, und Leute, welche es beurtheilen können, sind erstaunt und entzückt über die Leistungen, Wer aber wollte sagen, daß. wenn die Regierung sich der Sache bemächtigen wollte, wenn etwa ein Zwang einträte, wenn man Anspruch darauf machte, die höheren Offiziere überall ernennen zu wollen, dre Sache nicht augenblicklich zerfiele und das Land einer Kraft beraubt würde, "uf welche es jetzt offenbar mit größtem Vertrauen hinsieht. Und Nun, anch diese Erscheinung auf unsere Verhältnisse angewendet, befürchte ich keinen Widerspruch, wenn ich behaupte, daß wir Preußen in unserer Landwehrcin- Uchtung ein unermeßliches und vortreffliches Material haben, auf ähnlichen, Gebiete Ungeheures zu leisten, aber freilich nur uuter der Boraussetzung, daß Man dem Selbsthandeln. der Freiwilligkeit vollen Spielraum ließe. Halbe F»ihnn ist ein ganzer Zwang und leistet nichts. Also: man gebe der Land¬ wehr die Autonomie. welche man ihr bei ihrer ersten Einrichtung 1813 gab. wieder, lasse die Kreisstände ihre Offiziere, die Compugnien ihre Unteroffiziere Wählen, die Offiziere ihren Bataillonscommandeur, und das Institut würde ^ ganze moralische Sprungkraft jener ersten Jahre wieder erhalten und "Ur noch mehr leisten, da ihm jetzt ein wundervolles Material an ausgehn-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/263>, abgerufen am 15.01.2025.