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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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gespart werden, und da wir uns das erste nicht getrauen in Vorschlag zu
dringen, so bleibt nur der andere Weg offen. Auf den aber weist uns eben
die englische Freiwilligenbewcgung hin. Es soll an der Landarmee gespart
werden, was dem Seewesen zugelegt werden soll, und es soll der Regierung
dies dadurch möglich werden, daß irgend eine freiwillige Bewegung im Lande
es ihr möglich macht, von ihren Forderungen für die Landarmee nachzulaffrn.
Die Armee also schwächen oder sie schlechter bezahlen? Weder das Eine noch
das Andere. Wer wollte unsere Armee nicht möglichst stark haben, wer dem
Einzelnen, besonders in den untern Graden, nicht gern was zulegen? Viel¬
mehr soll jenes Ersparen der Regierung dadurch möglich werden, daß von
der Mühe und Arbeit, von den Kosten zur Bildung großer Streitkräfte ein
Theil nach dem Muster der englischen Bewegung der Negierung und dem
Heere in 8p6vis abgenommen und von einer freiwilligen Bewegung des Lan¬
des übernommen werde. Ohne erst genau zu prüfen, ob wir dazu nach dem eng¬
lischen Muster greisen könnten, wollen wir eine solche Zumuthung gleich von vorn
herein mit der Behauptung abweisen, daß jede gute Einrichtung aus teri^ eigen¬
thümlichen Verhältnissen eines jeden Landes herauswachsen muß. und daß also,
wo diese sehr verschieden sind, es auch jene sein muß, um eine wirklich gute sein
zu können. Somit könnte man nur um das Allgemeine jener englischen Einrich-
wng anknüpfen, an den Sinn für alles Ocffnitliche. an die Bereitwilligkeit, in dem.
Was das allgemeine Wohl erheischt, der Regierung nicht nur entgegen zu kommen,
sondern es gleich selbst zu thun, in dem Ansprüche des Selbstregierens auch
gleich die Anforderung des Selbstleistens anzuerkennen. Ein Theil von dem.
was jetzt bei uns der Staat allein leistet sür die Herstellung seiner Wehrkraft,
soll von uns selbst geleistet werden. Eine Bedingung dazu, daß dies möglich
sei. findet sich "u", Dank sei es unsern freien Zuständen, die sich täglich mehr
ausbilden und befestigen, bei uns so gut wie in England. -- Die Negierung
fürchtet nicht auf jede Weise die Waffen ihrem freien Volke in die Hand zu
geben. Der König will sein Volk in Waffen sehen.

Wie aber kann nun das Volk seinem Könige dabei z" Hülse kommen?
Zunächst bei der Erziehung; soll es ein Volk in Waffen geben, so muß das
Volt auch danach erzogen werden. Nicht erst in der Rekrutenschule soll diese
Erziehung anfangen, sondern viel hinder. in und mit der Volksschule und in
Zeit zwischen dieser und der Einstellung in das Heer. Daher die Com-
pagnieschule für alle Schulknaben, die sie dann spielend zur Erholung und
wie Vergnügen lernen. Zugleich aber sitzen alle Eindrücke der Kindheit fester
°is irgend welche des spätern Alters. Man frage die Kadetten. d,e Schüler
Militärwaisenanstalten, der Unteroffiziersschule. ob ihnen der beste Theil
ihrer Geschicklichkeit in der Compagnieschule nicht von ihrer Knabenerziehung
b°r geblieben. Also alle Schulen in Stadt und Land haben Mittwoch und


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gespart werden, und da wir uns das erste nicht getrauen in Vorschlag zu
dringen, so bleibt nur der andere Weg offen. Auf den aber weist uns eben
die englische Freiwilligenbewcgung hin. Es soll an der Landarmee gespart
werden, was dem Seewesen zugelegt werden soll, und es soll der Regierung
dies dadurch möglich werden, daß irgend eine freiwillige Bewegung im Lande
es ihr möglich macht, von ihren Forderungen für die Landarmee nachzulaffrn.
Die Armee also schwächen oder sie schlechter bezahlen? Weder das Eine noch
das Andere. Wer wollte unsere Armee nicht möglichst stark haben, wer dem
Einzelnen, besonders in den untern Graden, nicht gern was zulegen? Viel¬
mehr soll jenes Ersparen der Regierung dadurch möglich werden, daß von
der Mühe und Arbeit, von den Kosten zur Bildung großer Streitkräfte ein
Theil nach dem Muster der englischen Bewegung der Negierung und dem
Heere in 8p6vis abgenommen und von einer freiwilligen Bewegung des Lan¬
des übernommen werde. Ohne erst genau zu prüfen, ob wir dazu nach dem eng¬
lischen Muster greisen könnten, wollen wir eine solche Zumuthung gleich von vorn
herein mit der Behauptung abweisen, daß jede gute Einrichtung aus teri^ eigen¬
thümlichen Verhältnissen eines jeden Landes herauswachsen muß. und daß also,
wo diese sehr verschieden sind, es auch jene sein muß, um eine wirklich gute sein
zu können. Somit könnte man nur um das Allgemeine jener englischen Einrich-
wng anknüpfen, an den Sinn für alles Ocffnitliche. an die Bereitwilligkeit, in dem.
Was das allgemeine Wohl erheischt, der Regierung nicht nur entgegen zu kommen,
sondern es gleich selbst zu thun, in dem Ansprüche des Selbstregierens auch
gleich die Anforderung des Selbstleistens anzuerkennen. Ein Theil von dem.
was jetzt bei uns der Staat allein leistet sür die Herstellung seiner Wehrkraft,
soll von uns selbst geleistet werden. Eine Bedingung dazu, daß dies möglich
sei. findet sich »u», Dank sei es unsern freien Zuständen, die sich täglich mehr
ausbilden und befestigen, bei uns so gut wie in England. — Die Negierung
fürchtet nicht auf jede Weise die Waffen ihrem freien Volke in die Hand zu
geben. Der König will sein Volk in Waffen sehen.

Wie aber kann nun das Volk seinem Könige dabei z» Hülse kommen?
Zunächst bei der Erziehung; soll es ein Volk in Waffen geben, so muß das
Volt auch danach erzogen werden. Nicht erst in der Rekrutenschule soll diese
Erziehung anfangen, sondern viel hinder. in und mit der Volksschule und in
Zeit zwischen dieser und der Einstellung in das Heer. Daher die Com-
pagnieschule für alle Schulknaben, die sie dann spielend zur Erholung und
wie Vergnügen lernen. Zugleich aber sitzen alle Eindrücke der Kindheit fester
°is irgend welche des spätern Alters. Man frage die Kadetten. d,e Schüler
Militärwaisenanstalten, der Unteroffiziersschule. ob ihnen der beste Theil
ihrer Geschicklichkeit in der Compagnieschule nicht von ihrer Knabenerziehung
b°r geblieben. Also alle Schulen in Stadt und Land haben Mittwoch und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/261>, abgerufen am 15.01.2025.