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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Truppe aufrecht zu erhalten, wenn nicht selbst bei Söldlingsheeren in ihrer
Ueberzeugung die Pflicht des Gehorsams obenan stünde, weil ohne ihn die
Truppe eine gefährliche Bande, aber keine gute Armee wäre. Dies aber wollen
sie alle sei", das ist ihre Ehre, tue Ehre des Standes, eine Anschauung,
welche ja sogar in den vernachkässigtsten moralischen Regionen Thaten erzeugt,
die man auf anderm Boden erwachsen Heroismus nennen würde. Ruht also
die Disciplin überall wesentlich auf einem Grunde der Freiwilligkeit, also auf
einem moralischen, so dürsen wir mol mit Recht annehmen, daß, wo diese
Freiwilligkeit der Grund des Bestehens überhaupt ist, die Disciplin auch die
festeste Unterlaae findet. Wir werden, wenn wir das zugeben, auch aufhören
uns zu wundern, daß grade ans Freiwilligen in verhältnißmäßig kurzer Zeit
die beste Truppe zu bilden ist, mil der man "bewunderungswürdig fortkom¬
men würde", wie sich General Scarlet ausdrückt, und darauf, auf oas Fort-
und Vorwärtskommen ist doch allein zu rechnen.

Wir erwähnen dies hier nicht, um englische Zustände zu betrachten, son¬
dern um einer unmittelbaren Nutzanwendung willen für uns. Wie in der
Geschichte vor uns so in den Zuständen neben uns sollen wir uns vor allen
Dingen spiegeln und. sehen was davon etwa für uns zu lernen und zu brau¬
chen. Dessen aber möchte hier mancherlei sein, und daß es höchste Interessen
sind, die hier in Betracht kommen, bedarf wol nur des Hinweises auf die
Gegenstände der Besprechung. Bei' uns so wie dort handelt es sich um er¬
höhte Macht, erhöhte Sicherheit des Ganzen nach Außen, erhöhte Freiheit
nach Innen.

Was wir zunächst aus der Angelegenheit des Warrior und der Gloire
entnehmen, ist. daß mol die letzte Stunde der hölzernen Kriegsschiffe geschlagen
hat. Es wrrd statt der "vooäöir walls" sich künftig um "iron palis" handeln-
Für uns aber ergibt sich daraus als nächste Anforderung die. unsere ganze
Marinethätigkcit unverweilt auf diese neue Bahn zu werfen, sofort Leute vom
Fach nach England zu schicken, um mit Herrn Jones und der Themseschiffbange¬
sellschaft auf so und so viel Schiffe von diesen oder jenen Dimensionen ab¬
zuschließen. Der Bortheil des sichern Materials, das Lvsgebundensein von
der so beschränkenden Anforderung alten guten Kerneichenholzes ist für das
schnelle Vorgehn in neuen Eonstructioue" nicht hoch genug anzuschlagen-
Man läuft nicht wie früher Gefahr, von grünem Holz Schiffe für den WurM
zu bauen, und ist eine künftige Flotte auch für u"s nur noch mehr eine Geld'
als eine Zeitfrage, so stehen wir Plötzlich zu den kleinen Seestaaten un ent¬
schiedensten Vortheile, weil wir leicht das Dreifache aus unsere Marine ver¬
wenden tonnen.

Freilich wenn dazu große Summen nöthig sind, so müssen sie entweder
duich neue Steuern aufgebracht oder an andern Stellen des Staatshaushalts


Truppe aufrecht zu erhalten, wenn nicht selbst bei Söldlingsheeren in ihrer
Ueberzeugung die Pflicht des Gehorsams obenan stünde, weil ohne ihn die
Truppe eine gefährliche Bande, aber keine gute Armee wäre. Dies aber wollen
sie alle sei», das ist ihre Ehre, tue Ehre des Standes, eine Anschauung,
welche ja sogar in den vernachkässigtsten moralischen Regionen Thaten erzeugt,
die man auf anderm Boden erwachsen Heroismus nennen würde. Ruht also
die Disciplin überall wesentlich auf einem Grunde der Freiwilligkeit, also auf
einem moralischen, so dürsen wir mol mit Recht annehmen, daß, wo diese
Freiwilligkeit der Grund des Bestehens überhaupt ist, die Disciplin auch die
festeste Unterlaae findet. Wir werden, wenn wir das zugeben, auch aufhören
uns zu wundern, daß grade ans Freiwilligen in verhältnißmäßig kurzer Zeit
die beste Truppe zu bilden ist, mil der man „bewunderungswürdig fortkom¬
men würde", wie sich General Scarlet ausdrückt, und darauf, auf oas Fort-
und Vorwärtskommen ist doch allein zu rechnen.

Wir erwähnen dies hier nicht, um englische Zustände zu betrachten, son¬
dern um einer unmittelbaren Nutzanwendung willen für uns. Wie in der
Geschichte vor uns so in den Zuständen neben uns sollen wir uns vor allen
Dingen spiegeln und. sehen was davon etwa für uns zu lernen und zu brau¬
chen. Dessen aber möchte hier mancherlei sein, und daß es höchste Interessen
sind, die hier in Betracht kommen, bedarf wol nur des Hinweises auf die
Gegenstände der Besprechung. Bei' uns so wie dort handelt es sich um er¬
höhte Macht, erhöhte Sicherheit des Ganzen nach Außen, erhöhte Freiheit
nach Innen.

Was wir zunächst aus der Angelegenheit des Warrior und der Gloire
entnehmen, ist. daß mol die letzte Stunde der hölzernen Kriegsschiffe geschlagen
hat. Es wrrd statt der „vooäöir walls" sich künftig um „iron palis" handeln-
Für uns aber ergibt sich daraus als nächste Anforderung die. unsere ganze
Marinethätigkcit unverweilt auf diese neue Bahn zu werfen, sofort Leute vom
Fach nach England zu schicken, um mit Herrn Jones und der Themseschiffbange¬
sellschaft auf so und so viel Schiffe von diesen oder jenen Dimensionen ab¬
zuschließen. Der Bortheil des sichern Materials, das Lvsgebundensein von
der so beschränkenden Anforderung alten guten Kerneichenholzes ist für das
schnelle Vorgehn in neuen Eonstructioue» nicht hoch genug anzuschlagen-
Man läuft nicht wie früher Gefahr, von grünem Holz Schiffe für den WurM
zu bauen, und ist eine künftige Flotte auch für u»s nur noch mehr eine Geld'
als eine Zeitfrage, so stehen wir Plötzlich zu den kleinen Seestaaten un ent¬
schiedensten Vortheile, weil wir leicht das Dreifache aus unsere Marine ver¬
wenden tonnen.

Freilich wenn dazu große Summen nöthig sind, so müssen sie entweder
duich neue Steuern aufgebracht oder an andern Stellen des Staatshaushalts


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[0260] Truppe aufrecht zu erhalten, wenn nicht selbst bei Söldlingsheeren in ihrer Ueberzeugung die Pflicht des Gehorsams obenan stünde, weil ohne ihn die Truppe eine gefährliche Bande, aber keine gute Armee wäre. Dies aber wollen sie alle sei», das ist ihre Ehre, tue Ehre des Standes, eine Anschauung, welche ja sogar in den vernachkässigtsten moralischen Regionen Thaten erzeugt, die man auf anderm Boden erwachsen Heroismus nennen würde. Ruht also die Disciplin überall wesentlich auf einem Grunde der Freiwilligkeit, also auf einem moralischen, so dürsen wir mol mit Recht annehmen, daß, wo diese Freiwilligkeit der Grund des Bestehens überhaupt ist, die Disciplin auch die festeste Unterlaae findet. Wir werden, wenn wir das zugeben, auch aufhören uns zu wundern, daß grade ans Freiwilligen in verhältnißmäßig kurzer Zeit die beste Truppe zu bilden ist, mil der man „bewunderungswürdig fortkom¬ men würde", wie sich General Scarlet ausdrückt, und darauf, auf oas Fort- und Vorwärtskommen ist doch allein zu rechnen. Wir erwähnen dies hier nicht, um englische Zustände zu betrachten, son¬ dern um einer unmittelbaren Nutzanwendung willen für uns. Wie in der Geschichte vor uns so in den Zuständen neben uns sollen wir uns vor allen Dingen spiegeln und. sehen was davon etwa für uns zu lernen und zu brau¬ chen. Dessen aber möchte hier mancherlei sein, und daß es höchste Interessen sind, die hier in Betracht kommen, bedarf wol nur des Hinweises auf die Gegenstände der Besprechung. Bei' uns so wie dort handelt es sich um er¬ höhte Macht, erhöhte Sicherheit des Ganzen nach Außen, erhöhte Freiheit nach Innen. Was wir zunächst aus der Angelegenheit des Warrior und der Gloire entnehmen, ist. daß mol die letzte Stunde der hölzernen Kriegsschiffe geschlagen hat. Es wrrd statt der „vooäöir walls" sich künftig um „iron palis" handeln- Für uns aber ergibt sich daraus als nächste Anforderung die. unsere ganze Marinethätigkcit unverweilt auf diese neue Bahn zu werfen, sofort Leute vom Fach nach England zu schicken, um mit Herrn Jones und der Themseschiffbange¬ sellschaft auf so und so viel Schiffe von diesen oder jenen Dimensionen ab¬ zuschließen. Der Bortheil des sichern Materials, das Lvsgebundensein von der so beschränkenden Anforderung alten guten Kerneichenholzes ist für das schnelle Vorgehn in neuen Eonstructioue» nicht hoch genug anzuschlagen- Man läuft nicht wie früher Gefahr, von grünem Holz Schiffe für den WurM zu bauen, und ist eine künftige Flotte auch für u»s nur noch mehr eine Geld' als eine Zeitfrage, so stehen wir Plötzlich zu den kleinen Seestaaten un ent¬ schiedensten Vortheile, weil wir leicht das Dreifache aus unsere Marine ver¬ wenden tonnen. Freilich wenn dazu große Summen nöthig sind, so müssen sie entweder duich neue Steuern aufgebracht oder an andern Stellen des Staatshaushalts

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/260>, abgerufen am 23.07.2024.