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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Nun werden wir vor das Haus des Frommen geführt, eine Schaar Pil¬
ger kommt und singt ein Lied:

Der fromme Mann kommt vor die Thüre, ladet die Bürger ein und be¬
wirthet sie, während der Knecht schilt und sich dann auf die Schwelle setzt.

Der Knecht: Das ist heute schon das dritte mal. daß ich esse, zu Mor¬
gens hab ich eine große Pfanne Muß verzehrt und einen guten Laib Brod
darein gebrockt; zum Mittagmal habe ich eine Suppe und ein Stück Fleisch
darinnen von ungefähr 5 Pfunden gehabt. Das habe ich alles allein auf¬
gegessen ohne was das Kraut, Schweinefleisch und die Milch ist. Da hab
ich ein Stück Braten und trau mir wol, es zu essen, denn ich fürcht zuo
Nachtmal wird von meines Herrn Tisch nicht viel übrig bleiben, dieweil wir
oleGäe im ausaben.

Endlich kommt der Herr wieder und gibt einem nackten Bettler den Nock
vom Leibe zum großen Aerger des Dieners, der ihn selbst behalten möchte-
Dieser muß ihn nun zum Spital begleiten, wo er die Kranken besucht und
labt. Ein Gerechter stirbt, seine Seele fährt mit den Engeln in die Höh^
welche den Psalm singen: ^ustorum animas in manu sunt. Nun be¬
gibt sich der Fromme in den Kerker, und kauft einen armen Schuldner, der
in Haft sitzt, los. Eine gefangene Frau fleht um seine Hilfe.

Die Frau: El, mein Herr, weil ihr doch so barmherzig seid, so mach
mich auch ledig, ich will's gerne verdienen.

Der Fromme: Was hast du denn gethan?


Nun werden wir vor das Haus des Frommen geführt, eine Schaar Pil¬
ger kommt und singt ein Lied:

Der fromme Mann kommt vor die Thüre, ladet die Bürger ein und be¬
wirthet sie, während der Knecht schilt und sich dann auf die Schwelle setzt.

Der Knecht: Das ist heute schon das dritte mal. daß ich esse, zu Mor¬
gens hab ich eine große Pfanne Muß verzehrt und einen guten Laib Brod
darein gebrockt; zum Mittagmal habe ich eine Suppe und ein Stück Fleisch
darinnen von ungefähr 5 Pfunden gehabt. Das habe ich alles allein auf¬
gegessen ohne was das Kraut, Schweinefleisch und die Milch ist. Da hab
ich ein Stück Braten und trau mir wol, es zu essen, denn ich fürcht zuo
Nachtmal wird von meines Herrn Tisch nicht viel übrig bleiben, dieweil wir
oleGäe im ausaben.

Endlich kommt der Herr wieder und gibt einem nackten Bettler den Nock
vom Leibe zum großen Aerger des Dieners, der ihn selbst behalten möchte-
Dieser muß ihn nun zum Spital begleiten, wo er die Kranken besucht und
labt. Ein Gerechter stirbt, seine Seele fährt mit den Engeln in die Höh^
welche den Psalm singen: ^ustorum animas in manu sunt. Nun be¬
gibt sich der Fromme in den Kerker, und kauft einen armen Schuldner, der
in Haft sitzt, los. Eine gefangene Frau fleht um seine Hilfe.

Die Frau: El, mein Herr, weil ihr doch so barmherzig seid, so mach
mich auch ledig, ich will's gerne verdienen.

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[0232] Nun werden wir vor das Haus des Frommen geführt, eine Schaar Pil¬ ger kommt und singt ein Lied: Der fromme Mann kommt vor die Thüre, ladet die Bürger ein und be¬ wirthet sie, während der Knecht schilt und sich dann auf die Schwelle setzt. Der Knecht: Das ist heute schon das dritte mal. daß ich esse, zu Mor¬ gens hab ich eine große Pfanne Muß verzehrt und einen guten Laib Brod darein gebrockt; zum Mittagmal habe ich eine Suppe und ein Stück Fleisch darinnen von ungefähr 5 Pfunden gehabt. Das habe ich alles allein auf¬ gegessen ohne was das Kraut, Schweinefleisch und die Milch ist. Da hab ich ein Stück Braten und trau mir wol, es zu essen, denn ich fürcht zuo Nachtmal wird von meines Herrn Tisch nicht viel übrig bleiben, dieweil wir oleGäe im ausaben. Endlich kommt der Herr wieder und gibt einem nackten Bettler den Nock vom Leibe zum großen Aerger des Dieners, der ihn selbst behalten möchte- Dieser muß ihn nun zum Spital begleiten, wo er die Kranken besucht und labt. Ein Gerechter stirbt, seine Seele fährt mit den Engeln in die Höh^ welche den Psalm singen: ^ustorum animas in manu sunt. Nun be¬ gibt sich der Fromme in den Kerker, und kauft einen armen Schuldner, der in Haft sitzt, los. Eine gefangene Frau fleht um seine Hilfe. Die Frau: El, mein Herr, weil ihr doch so barmherzig seid, so mach mich auch ledig, ich will's gerne verdienen. Der Fromme: Was hast du denn gethan?

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/232>, abgerufen am 23.07.2024.