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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Als dies geschehen war, rief Matthäi: Ach. ich bin verwundet, laust dock
geschwind nach dem Balbierer, Nachdem ich dies gehört, raffte ich mein
bischen Degen zusammen und marschirte geschwind die Treppe herunter und
nach Hause. In meinem jähen Zorn hatte ich nicht recht gesehen, daß ich ihn
so arg getroffen, auch meinte ich. meinen Schlag mehr blächlings geführt und
ihn nur wenig geritzt zu haben. Unter allen Umständen glaubte ich mir so"
viel zutrauen zu können, um die Sache auszuführen; es wäre aber doch bes¬
ser gewesen, ich hätte meinen Kopf zwischen die Ohren genommen und den
Weg nach Lichtenhcnn (allwo andere Herrschaft) getroffen. Doch dies nur
nebenbei. --

Zu Hause angekommen, traf ich die Compagnie noch versammelt, wir
tranken pro xg-tria, und ich erzählte ihnen den Verlauf meiner ^.mdg.88aäe-
Ich ließ mich zum Trinken nicht sehr nöthigen, weil es auf mein Conto ging
und ich mich auch bei der Action ziemlich erhitzt hatte. Lea nubilg.' post
?hoödum! Bald sollte uns und in specis mir die Freude ziemlich versalzen wer¬
den. Als wir ungefähr eine gute Stunde noch gesessen hatten, kam der Pe¬
dell in unser Haus, nachdem er zuvor bei dem Stadthauptmann gewesen und
um Verschließung der Stadtthore, auch um Gestellung etlicher Musketiere an¬
gehalten, so beides geschehen. Er hielt Nachfrage, ob nicht Einer in diesem
Hause eine Stube habe, der Krims oder Krams heiße. Es wollte Niemand
von einem solchen etwas wissen, denn freilich, einen Krims oder Krams kann¬
ten sie nicht, aber den K . . . . s kannte man recht wol. Der Pedell ging
wieder fort, da er den Krimsen nicht ausfragen konnte, kam aber bald rü'it
einem Quasi-Corporal und sechs Philistern -- Musketieren wollte ich sagen,
und citirte mich zum Reetori NiigniLeo. Da inzwischen die Philister vor
meiner Stube standen und hineinschauten, wie ein Fuchs ins Hühnerhaus,
gab ich dem Pedell zur Antwort, ich würde gleich kommen, er sollte nur vor""
gehen, wozu er sich aber nicht verstehen wollte, vorwendend, ich müsse mit'
gehen. Dies stand mir aber nicht an, und ich sagte- Ist's nicht genug, da!)
ich kommen will? Zu was soll ich mit den Wächtern gehen? -- Der Pedell
sagte nunmehr den Kuhfußträgern, sie möchten ein wenig vorangehen, ich
würde mit ihm folgen. Als diese nun fort waren, resolvirte ich mich mit'
zugehen, verzog aber noch eine Weile, bis die Philister die Gasse hinauf zie>^
lich ans Thor d^s Collegii gekommen waren und zog dann hinterdrein, hegte>'
tet von meinem Stubengenossen Rost, etlichen 100 Studenten und etwa
2--3000 anderen Zuschauern, durch das Vrüdergäßchen, die Leutragasse "ut
Johannisgasse zum Magnisico, Johann Philipp Slevoigt. -- Nachdem w"
da angelangt, sahe derselbe mich ziemlich spanisch an, und mußte ich, nachdew
ich etwa eine Viertelstunde pausirt, in die Audienzstube treten, allwo ich
Verlauf der Sache ordentlich nach einander erzählte, und der Rector Magn''


Als dies geschehen war, rief Matthäi: Ach. ich bin verwundet, laust dock
geschwind nach dem Balbierer, Nachdem ich dies gehört, raffte ich mein
bischen Degen zusammen und marschirte geschwind die Treppe herunter und
nach Hause. In meinem jähen Zorn hatte ich nicht recht gesehen, daß ich ihn
so arg getroffen, auch meinte ich. meinen Schlag mehr blächlings geführt und
ihn nur wenig geritzt zu haben. Unter allen Umständen glaubte ich mir so»
viel zutrauen zu können, um die Sache auszuführen; es wäre aber doch bes¬
ser gewesen, ich hätte meinen Kopf zwischen die Ohren genommen und den
Weg nach Lichtenhcnn (allwo andere Herrschaft) getroffen. Doch dies nur
nebenbei. —

Zu Hause angekommen, traf ich die Compagnie noch versammelt, wir
tranken pro xg-tria, und ich erzählte ihnen den Verlauf meiner ^.mdg.88aäe-
Ich ließ mich zum Trinken nicht sehr nöthigen, weil es auf mein Conto ging
und ich mich auch bei der Action ziemlich erhitzt hatte. Lea nubilg.' post
?hoödum! Bald sollte uns und in specis mir die Freude ziemlich versalzen wer¬
den. Als wir ungefähr eine gute Stunde noch gesessen hatten, kam der Pe¬
dell in unser Haus, nachdem er zuvor bei dem Stadthauptmann gewesen und
um Verschließung der Stadtthore, auch um Gestellung etlicher Musketiere an¬
gehalten, so beides geschehen. Er hielt Nachfrage, ob nicht Einer in diesem
Hause eine Stube habe, der Krims oder Krams heiße. Es wollte Niemand
von einem solchen etwas wissen, denn freilich, einen Krims oder Krams kann¬
ten sie nicht, aber den K . . . . s kannte man recht wol. Der Pedell ging
wieder fort, da er den Krimsen nicht ausfragen konnte, kam aber bald rü'it
einem Quasi-Corporal und sechs Philistern — Musketieren wollte ich sagen,
und citirte mich zum Reetori NiigniLeo. Da inzwischen die Philister vor
meiner Stube standen und hineinschauten, wie ein Fuchs ins Hühnerhaus,
gab ich dem Pedell zur Antwort, ich würde gleich kommen, er sollte nur vor»»
gehen, wozu er sich aber nicht verstehen wollte, vorwendend, ich müsse mit'
gehen. Dies stand mir aber nicht an, und ich sagte- Ist's nicht genug, da!)
ich kommen will? Zu was soll ich mit den Wächtern gehen? — Der Pedell
sagte nunmehr den Kuhfußträgern, sie möchten ein wenig vorangehen, ich
würde mit ihm folgen. Als diese nun fort waren, resolvirte ich mich mit'
zugehen, verzog aber noch eine Weile, bis die Philister die Gasse hinauf zie>^
lich ans Thor d^s Collegii gekommen waren und zog dann hinterdrein, hegte>'
tet von meinem Stubengenossen Rost, etlichen 100 Studenten und etwa
2—3000 anderen Zuschauern, durch das Vrüdergäßchen, die Leutragasse »ut
Johannisgasse zum Magnisico, Johann Philipp Slevoigt. — Nachdem w»
da angelangt, sahe derselbe mich ziemlich spanisch an, und mußte ich, nachdew
ich etwa eine Viertelstunde pausirt, in die Audienzstube treten, allwo ich
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/224>, abgerufen am 27.08.2024.