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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Geschichte benachrichtigt, herbei und fanden erstaunend, daß es mit den An¬
gaben des Kindes in allen Einzelnheiten seine volle Nichtigkeit hatte. Der
Tod jenes Abu Hasar El Kabbani siel genau in die Zeit, welche er genannt
hatte. Ebenso bestätigte sich, was der Knabe in Betreff der Zahl, der Na¬
men und des Lebensalters seiner Kinder berichtet. Ebenso was er von
Pferden gesagt, die er mit Andern zusammen besessen. Es war ferner voll-
kammen wahr, was er von einem gewissen Moslem gesagt, der ihn während
der Krankheit, die seine letzte gewesen, besucht, und ein Narghile bei ihm
geraucht haben sollte. Dabei war eine Kohle auf die Decke gefallen, in die
er sich gehüllt, und hatte in dieselbe ein Loch gebrannt. So erzählte der
Knabe, und siehe da, als man die Decke untersuchte, stieß man richtig auf
das Brautloch. Sodann bestätigte sich, was er von dem Soll und Haben
gesagt, welches er hinterlassen. Nur ein kleiner Posten, den ein Talarbeveiter
ihm schuldete, war nicht in sein Rechnungsbuch eingetragen. Alles andre ver¬
hielt sich, wie die Frau und die Kinder des verstorbenen und nun in Kindes¬
gestalt wiedererschienenen Abu Hasar versicherten, mit Ausnahme der Schuld
des Schneiders durchaus so, wie der Knabe angegeben. Man ließ den Schnei¬
der kommen, und er gestand auf Vorhalten der Behauptung des Knaben die
Schuld, von der er gegen die Familie nur aus Noth geschwiegen haben wollte.
Endlich der Hauptbeweis: der Knabe berichtete, daß er als Abu Hasar El
Kabbani an einem geheimen Orte seines Hauses einen Topf mit Geldstücken
vergraben, und zählte deren verschiedene Sorten auf. Man hatte denselben
bisher nicht gefunden, aber als man jetzt nachgrub, fand sich der Geldtopf,
und die Münzen darin waren dieselben, die das Kind genannt.

Nach dieser Zeit blieb der Knabe noch einige Tage bei seiner Frau und
seinen Kindern, die natürlich älter waren als er selbst. Man gab ihm einen
Theil seines Vermögens, dann reiste er mit seinen neuen Eltern wieder heim
nach dem Dschebel El Ala.

Unser Berichterstatter war vor dreißig Jahren einmal mit mehren Wis¬
senden von den Drusen zusammen, die ihm erzählten, daß sie Abu Hasar
El Kabbani vor seinem Tode in Damaskus gekannt und auch nach seiner
Wiedergeburt auf dem Dschebel El Ala mit ihm von der Sache gesprochen
hätten. Er hätte ihnen das Ganze mit großen Betheurungen auf ihre Glau¬
benslehren berichtet und ihnen keinen Zweifel darüber gelassen -- "aber,"
so schließt unser Exdruse seine Erzählung, "Gott weiß es am Besten!"




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Geschichte benachrichtigt, herbei und fanden erstaunend, daß es mit den An¬
gaben des Kindes in allen Einzelnheiten seine volle Nichtigkeit hatte. Der
Tod jenes Abu Hasar El Kabbani siel genau in die Zeit, welche er genannt
hatte. Ebenso bestätigte sich, was der Knabe in Betreff der Zahl, der Na¬
men und des Lebensalters seiner Kinder berichtet. Ebenso was er von
Pferden gesagt, die er mit Andern zusammen besessen. Es war ferner voll-
kammen wahr, was er von einem gewissen Moslem gesagt, der ihn während
der Krankheit, die seine letzte gewesen, besucht, und ein Narghile bei ihm
geraucht haben sollte. Dabei war eine Kohle auf die Decke gefallen, in die
er sich gehüllt, und hatte in dieselbe ein Loch gebrannt. So erzählte der
Knabe, und siehe da, als man die Decke untersuchte, stieß man richtig auf
das Brautloch. Sodann bestätigte sich, was er von dem Soll und Haben
gesagt, welches er hinterlassen. Nur ein kleiner Posten, den ein Talarbeveiter
ihm schuldete, war nicht in sein Rechnungsbuch eingetragen. Alles andre ver¬
hielt sich, wie die Frau und die Kinder des verstorbenen und nun in Kindes¬
gestalt wiedererschienenen Abu Hasar versicherten, mit Ausnahme der Schuld
des Schneiders durchaus so, wie der Knabe angegeben. Man ließ den Schnei¬
der kommen, und er gestand auf Vorhalten der Behauptung des Knaben die
Schuld, von der er gegen die Familie nur aus Noth geschwiegen haben wollte.
Endlich der Hauptbeweis: der Knabe berichtete, daß er als Abu Hasar El
Kabbani an einem geheimen Orte seines Hauses einen Topf mit Geldstücken
vergraben, und zählte deren verschiedene Sorten auf. Man hatte denselben
bisher nicht gefunden, aber als man jetzt nachgrub, fand sich der Geldtopf,
und die Münzen darin waren dieselben, die das Kind genannt.

Nach dieser Zeit blieb der Knabe noch einige Tage bei seiner Frau und
seinen Kindern, die natürlich älter waren als er selbst. Man gab ihm einen
Theil seines Vermögens, dann reiste er mit seinen neuen Eltern wieder heim
nach dem Dschebel El Ala.

Unser Berichterstatter war vor dreißig Jahren einmal mit mehren Wis¬
senden von den Drusen zusammen, die ihm erzählten, daß sie Abu Hasar
El Kabbani vor seinem Tode in Damaskus gekannt und auch nach seiner
Wiedergeburt auf dem Dschebel El Ala mit ihm von der Sache gesprochen
hätten. Er hätte ihnen das Ganze mit großen Betheurungen auf ihre Glau¬
benslehren berichtet und ihnen keinen Zweifel darüber gelassen — „aber,"
so schließt unser Exdruse seine Erzählung, „Gott weiß es am Besten!"




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[0197] Geschichte benachrichtigt, herbei und fanden erstaunend, daß es mit den An¬ gaben des Kindes in allen Einzelnheiten seine volle Nichtigkeit hatte. Der Tod jenes Abu Hasar El Kabbani siel genau in die Zeit, welche er genannt hatte. Ebenso bestätigte sich, was der Knabe in Betreff der Zahl, der Na¬ men und des Lebensalters seiner Kinder berichtet. Ebenso was er von Pferden gesagt, die er mit Andern zusammen besessen. Es war ferner voll- kammen wahr, was er von einem gewissen Moslem gesagt, der ihn während der Krankheit, die seine letzte gewesen, besucht, und ein Narghile bei ihm geraucht haben sollte. Dabei war eine Kohle auf die Decke gefallen, in die er sich gehüllt, und hatte in dieselbe ein Loch gebrannt. So erzählte der Knabe, und siehe da, als man die Decke untersuchte, stieß man richtig auf das Brautloch. Sodann bestätigte sich, was er von dem Soll und Haben gesagt, welches er hinterlassen. Nur ein kleiner Posten, den ein Talarbeveiter ihm schuldete, war nicht in sein Rechnungsbuch eingetragen. Alles andre ver¬ hielt sich, wie die Frau und die Kinder des verstorbenen und nun in Kindes¬ gestalt wiedererschienenen Abu Hasar versicherten, mit Ausnahme der Schuld des Schneiders durchaus so, wie der Knabe angegeben. Man ließ den Schnei¬ der kommen, und er gestand auf Vorhalten der Behauptung des Knaben die Schuld, von der er gegen die Familie nur aus Noth geschwiegen haben wollte. Endlich der Hauptbeweis: der Knabe berichtete, daß er als Abu Hasar El Kabbani an einem geheimen Orte seines Hauses einen Topf mit Geldstücken vergraben, und zählte deren verschiedene Sorten auf. Man hatte denselben bisher nicht gefunden, aber als man jetzt nachgrub, fand sich der Geldtopf, und die Münzen darin waren dieselben, die das Kind genannt. Nach dieser Zeit blieb der Knabe noch einige Tage bei seiner Frau und seinen Kindern, die natürlich älter waren als er selbst. Man gab ihm einen Theil seines Vermögens, dann reiste er mit seinen neuen Eltern wieder heim nach dem Dschebel El Ala. Unser Berichterstatter war vor dreißig Jahren einmal mit mehren Wis¬ senden von den Drusen zusammen, die ihm erzählten, daß sie Abu Hasar El Kabbani vor seinem Tode in Damaskus gekannt und auch nach seiner Wiedergeburt auf dem Dschebel El Ala mit ihm von der Sache gesprochen hätten. Er hätte ihnen das Ganze mit großen Betheurungen auf ihre Glau¬ benslehren berichtet und ihnen keinen Zweifel darüber gelassen — „aber," so schließt unser Exdruse seine Erzählung, „Gott weiß es am Besten!" 24*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/197>, abgerufen am 25.08.2024.