Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.An Donar, den Blitz- und Feuergott. mahnen die sogenannten Nothfeuer, Auch bei manchen sympathetischen Euren lebt uoch der Glaube an die An sehr vielen Orten ferner schöpft man noch Osterwasser, an andern hat An Donar, den Blitz- und Feuergott. mahnen die sogenannten Nothfeuer, Auch bei manchen sympathetischen Euren lebt uoch der Glaube an die An sehr vielen Orten ferner schöpft man noch Osterwasser, an andern hat <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0148" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/111042"/> <p xml:id="ID_417"> An Donar, den Blitz- und Feuergott. mahnen die sogenannten Nothfeuer,<lb/> mit denen der mecklenburgische Bauer früher sehr allgemein Viehseuchen, na¬<lb/> mentlich die Feucrkrankheit der Schweine zu curiren pflegte und die trotz<lb/> wiederholter Verbote noch jetzt vorkommen. „Wenn wir nicht irren," sagt<lb/> Fromm, „so wurde noch im Jahre 1856 auf einem Dorfe in der Nahe von<lb/> Ludmigslust ein Nothfeuer angezündet, weil die Schweine von der Feuer¬<lb/> krankheit befallen waren." Ein Augenzeuge erzählte den Hergang folgender¬<lb/> maßen. Am dunkeln Abend war die Bevölkerung auf einem freien Platze<lb/> zusammengekommen, nachdem im Dorfe alle Heerdfeuer und Stubenlichte aus¬<lb/> gelöscht worden. In die Erde rannte man einen trocknen eichnen Pfahl, um<lb/> welchen vermittelst eines Strickes ein Rad schnell und unaufhörlich gedreht<lb/> wurde. Nahe dabei wurde ein Scheiterhaufen von siebenerlei Holz aufgethürmt.<lb/> Einzelne hatten trockne Strohwische in den Händen, um die sich durch die<lb/> Reibung entwickelnden Funken aufzufangen und durch Schwingen im Winde<lb/> das Stroh in Brand zu setzen. „Nu" — sagte jener Augenzeuge — „ging<lb/> dat Dreien los; äwerst wi drcieten, dat de Hut von de Hannen gnug und<lb/> kriegten keen Füer. Un worum nich? Weil Herr Pastor to Hus wier un Licht<lb/> in de Stuw harr." Sobald man dies bemerkte, ließ man von dem Versuche<lb/> ab, in der festen Ueberzeugung, daß man kein Feuer erhalten werde, da sich<lb/> Licht im Dorfe befand. Aber am dritten Tage darauf, als der Pastor zufällig<lb/> verreist war. versammelten sich die Leute wieder, und „dat tuer keen Viertel-<lb/> stunn, so harren wi Füer". Die Seuche des hierauf mit vieler Mühe durch<lb/> den Rauch, nahe am Holzhavfen vorbcigctriebcncn Viehes soll sich sofort ver¬<lb/> loren haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_418"> Auch bei manchen sympathetischen Euren lebt uoch der Glaube an die<lb/> heilende Macht des Feuers, selbst der Asche von Eichenholz legt man solche<lb/> bei. Andere hierher gehörige Meinungen knüpfen sich an die sogenannten<lb/> Donnerkeile (Dunncrpiler), denen man übernatürliche Kräfte zuschreibt, und<lb/> an den Donnerstag, der jedes an ihm begonnene Werk gedeihen läßt, wo¬<lb/> gegen es für Umecht gilt, am Mittwoch, dem Tage Wodans, eine wichtige<lb/> Arbeit anzufangen.</p><lb/> <p xml:id="ID_419" next="#ID_420"> An sehr vielen Orten ferner schöpft man noch Osterwasser, an andern hat<lb/> auch das Wasser der Johannisnacht heilende und verschönernde Kraft. Glaubt<lb/> man nur hier und dort noch an Hexen, so ist der Glaube an das „Vcrredcn"<lb/> und „Anthun" noch sehr allgemein. Oft ereignet es sich, daß ein böser Nach'<lb/> bar dem Bauer einen Nagel in den Trog schlägt, aus dem die Schweine<lb/> fressen, und so bewirkt, daß eines nach dem andern stirbt. Oft verredet >»a»<lb/> einem ein Kind oder Kalb, oft schadet der „böse Blick" einer alten Frau den<lb/> Bewohnern des Hauses. Häufiger indeß bewahren die Schutzmittel vor >ol-<lb/> chen Schaden, die der alte Glaube dagegen empfiehlt. Tadelt dem Baue»</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0148]
An Donar, den Blitz- und Feuergott. mahnen die sogenannten Nothfeuer,
mit denen der mecklenburgische Bauer früher sehr allgemein Viehseuchen, na¬
mentlich die Feucrkrankheit der Schweine zu curiren pflegte und die trotz
wiederholter Verbote noch jetzt vorkommen. „Wenn wir nicht irren," sagt
Fromm, „so wurde noch im Jahre 1856 auf einem Dorfe in der Nahe von
Ludmigslust ein Nothfeuer angezündet, weil die Schweine von der Feuer¬
krankheit befallen waren." Ein Augenzeuge erzählte den Hergang folgender¬
maßen. Am dunkeln Abend war die Bevölkerung auf einem freien Platze
zusammengekommen, nachdem im Dorfe alle Heerdfeuer und Stubenlichte aus¬
gelöscht worden. In die Erde rannte man einen trocknen eichnen Pfahl, um
welchen vermittelst eines Strickes ein Rad schnell und unaufhörlich gedreht
wurde. Nahe dabei wurde ein Scheiterhaufen von siebenerlei Holz aufgethürmt.
Einzelne hatten trockne Strohwische in den Händen, um die sich durch die
Reibung entwickelnden Funken aufzufangen und durch Schwingen im Winde
das Stroh in Brand zu setzen. „Nu" — sagte jener Augenzeuge — „ging
dat Dreien los; äwerst wi drcieten, dat de Hut von de Hannen gnug und
kriegten keen Füer. Un worum nich? Weil Herr Pastor to Hus wier un Licht
in de Stuw harr." Sobald man dies bemerkte, ließ man von dem Versuche
ab, in der festen Ueberzeugung, daß man kein Feuer erhalten werde, da sich
Licht im Dorfe befand. Aber am dritten Tage darauf, als der Pastor zufällig
verreist war. versammelten sich die Leute wieder, und „dat tuer keen Viertel-
stunn, so harren wi Füer". Die Seuche des hierauf mit vieler Mühe durch
den Rauch, nahe am Holzhavfen vorbcigctriebcncn Viehes soll sich sofort ver¬
loren haben.
Auch bei manchen sympathetischen Euren lebt uoch der Glaube an die
heilende Macht des Feuers, selbst der Asche von Eichenholz legt man solche
bei. Andere hierher gehörige Meinungen knüpfen sich an die sogenannten
Donnerkeile (Dunncrpiler), denen man übernatürliche Kräfte zuschreibt, und
an den Donnerstag, der jedes an ihm begonnene Werk gedeihen läßt, wo¬
gegen es für Umecht gilt, am Mittwoch, dem Tage Wodans, eine wichtige
Arbeit anzufangen.
An sehr vielen Orten ferner schöpft man noch Osterwasser, an andern hat
auch das Wasser der Johannisnacht heilende und verschönernde Kraft. Glaubt
man nur hier und dort noch an Hexen, so ist der Glaube an das „Vcrredcn"
und „Anthun" noch sehr allgemein. Oft ereignet es sich, daß ein böser Nach'
bar dem Bauer einen Nagel in den Trog schlägt, aus dem die Schweine
fressen, und so bewirkt, daß eines nach dem andern stirbt. Oft verredet >»a»
einem ein Kind oder Kalb, oft schadet der „böse Blick" einer alten Frau den
Bewohnern des Hauses. Häufiger indeß bewahren die Schutzmittel vor >ol-
chen Schaden, die der alte Glaube dagegen empfiehlt. Tadelt dem Baue»
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |