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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Weisheit, die ihm die liebevolle Beschäftigung mit dem classischen Alterthum
geschenkt, bettachtet und erwägt er die Natur und die Folgen des Sieges,
Mit feuriger Begeisterung preist er den Tag. "an dem uns großes Heil wi¬
derfahren ist." Wollten wir angeben, was schön und ergreifend in der Rede
uns berührt, wir müßten sie vollständig wiederholen. Hoffentlich bleibt sie.
wie die übrigen kleinern, ältern Schriften Dahlmann's, dem deutschen Volke
nicht lange vorenthalten. Eine Stelle ist aber zu wichtig für das Verständniß
seines Wesens, als daß wir sie nicht hier einverleiben müßten, "Allgemein,"
ruft Dahlmann. "sei die Freude. Wie sie durch alle Gaue des übrigen
Deutschlands sich verbreitet und ein neues Eintrachtsband schlingt, möge sie
so auch hier im Lande, möge sie in unsern beiden Herzogthümern so empfun¬
den werden. Ihnen beiden gehört dieser Sitz der Wissenschaften in gleichem
Maaße an, und in diesem Sinne, des Mitgefühls beider versichert, hat unsre
Universität diese Feier angeordnet, zugleich aber auch, um einmal auszu¬
sprechen, wie sehr sie es empfinde, daß alles Wissen nichts sei ohne das Leben,
und daß die Bewahrung des heiligen Feuers der Vaterlandsliebe Niemandem
so nahe stehe, als den Pflegern der Wissenschaft. Wenn auch der Schleswiger
nie im Deutschen Bunde gewesen ist, er gehört ihm und gehört ihm noch
durch den verbrüderten Holsteiner an, dem er seit Jahrhunderten die treue
Hand gereicht hat, mit dem er in Verfassung, Freiheiten und Gerechtsamen
innigst verschmolzen ist." So hat Dahlmann schon vor einem Menschenalter
offen und beredt ausgesprochen, was uns Allen noch in dieser Stunde auf
der Seele* brennt, so mit ritterlicher Liebe gelohnt, daß ihn Schleswig-Holstein
als Sohn adoptirt.

Was sein Rechtsbewußtsein zu vertheidigen ihn aufforderte, das nach
Außen kräftig zu vertreten, war inzwischen auch eine Amtspflicht für ihn
geworden. Bald nach seiner Ankunft in Kiel hatte ihn Graf Christian Stol-
berg von Windeby aufgefordert, die Stelle eines Secretärs bei der fortwäh¬
renden Deputation der Schleswig-holsteinischen Prälaten- und Ritterschaft
anzunehmen. Das Amt war gleichsam in der Dahlmann'schen Familie ein¬
gebürgert. Der Großvater Imsen und ein Oheim hatten dasselbe in frühe-
^r Zeit bekleidet. Natürlich, daß dieß die Aufforderung gar lockend er¬
scheinen ließ. Als auch das Bedenken, das Dahlmann erhoben hatte.
^ seien zur rechten Verwaltung des Amtes praktisch-juridische Kenntnisse er¬
forderlich, beseitigt wurde, zögerte Dahlmann nicht, die ihm gebotene Stelle
anzunehmen. Er hat in späterer Zeit stets mit einer gewissen Genugthuung
"uf die Jahre, die er dem Dienste der Ritterschaft gewidmet, zurückgeblickt,
und die praktische Schule, die er hier sich erworben, dankbar gelobt. Mit
"och größerer Genugthuung durfte die Ritterschaft der getroffnen Wahl sich
rühmen. Unermüdlich und unerschrocken pflegte er die ihn, anvertrauten In-


Weisheit, die ihm die liebevolle Beschäftigung mit dem classischen Alterthum
geschenkt, bettachtet und erwägt er die Natur und die Folgen des Sieges,
Mit feuriger Begeisterung preist er den Tag. „an dem uns großes Heil wi¬
derfahren ist." Wollten wir angeben, was schön und ergreifend in der Rede
uns berührt, wir müßten sie vollständig wiederholen. Hoffentlich bleibt sie.
wie die übrigen kleinern, ältern Schriften Dahlmann's, dem deutschen Volke
nicht lange vorenthalten. Eine Stelle ist aber zu wichtig für das Verständniß
seines Wesens, als daß wir sie nicht hier einverleiben müßten, „Allgemein,"
ruft Dahlmann. „sei die Freude. Wie sie durch alle Gaue des übrigen
Deutschlands sich verbreitet und ein neues Eintrachtsband schlingt, möge sie
so auch hier im Lande, möge sie in unsern beiden Herzogthümern so empfun¬
den werden. Ihnen beiden gehört dieser Sitz der Wissenschaften in gleichem
Maaße an, und in diesem Sinne, des Mitgefühls beider versichert, hat unsre
Universität diese Feier angeordnet, zugleich aber auch, um einmal auszu¬
sprechen, wie sehr sie es empfinde, daß alles Wissen nichts sei ohne das Leben,
und daß die Bewahrung des heiligen Feuers der Vaterlandsliebe Niemandem
so nahe stehe, als den Pflegern der Wissenschaft. Wenn auch der Schleswiger
nie im Deutschen Bunde gewesen ist, er gehört ihm und gehört ihm noch
durch den verbrüderten Holsteiner an, dem er seit Jahrhunderten die treue
Hand gereicht hat, mit dem er in Verfassung, Freiheiten und Gerechtsamen
innigst verschmolzen ist." So hat Dahlmann schon vor einem Menschenalter
offen und beredt ausgesprochen, was uns Allen noch in dieser Stunde auf
der Seele* brennt, so mit ritterlicher Liebe gelohnt, daß ihn Schleswig-Holstein
als Sohn adoptirt.

Was sein Rechtsbewußtsein zu vertheidigen ihn aufforderte, das nach
Außen kräftig zu vertreten, war inzwischen auch eine Amtspflicht für ihn
geworden. Bald nach seiner Ankunft in Kiel hatte ihn Graf Christian Stol-
berg von Windeby aufgefordert, die Stelle eines Secretärs bei der fortwäh¬
renden Deputation der Schleswig-holsteinischen Prälaten- und Ritterschaft
anzunehmen. Das Amt war gleichsam in der Dahlmann'schen Familie ein¬
gebürgert. Der Großvater Imsen und ein Oheim hatten dasselbe in frühe-
^r Zeit bekleidet. Natürlich, daß dieß die Aufforderung gar lockend er¬
scheinen ließ. Als auch das Bedenken, das Dahlmann erhoben hatte.
^ seien zur rechten Verwaltung des Amtes praktisch-juridische Kenntnisse er¬
forderlich, beseitigt wurde, zögerte Dahlmann nicht, die ihm gebotene Stelle
anzunehmen. Er hat in späterer Zeit stets mit einer gewissen Genugthuung
"uf die Jahre, die er dem Dienste der Ritterschaft gewidmet, zurückgeblickt,
und die praktische Schule, die er hier sich erworben, dankbar gelobt. Mit
"och größerer Genugthuung durfte die Ritterschaft der getroffnen Wahl sich
rühmen. Unermüdlich und unerschrocken pflegte er die ihn, anvertrauten In-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/135>, abgerufen am 22.07.2024.