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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band.

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Berühmtheit erlangt hat. Ein Engländer. Capitain Macdonald, auf der Reise
vo" Mainz nach Cöln begriffen, saß in einem Coupe; zweiter Classe und be¬
wahrte für seinen Schwager Kühe, dessen Kind und das begleitende Kinder¬
mädchen, welche ausgestiegen waren, die Plätze^ während Frau Kühe in dem
Coup6 geblieben war. Ein Bonner Einwohner. Dr. Parow-, wollte mit seiner
Frau abreisen und wurde von den Bahnbeamten in dieses Coup6 gewiesen.
Hierbei entspann sich zwischen Capitain Macdonald und ihm ein Streit, der
mir wenige Secunden gedauert haben kann, dessen Details aber, so viel auch
darüber geschrieben und gesprochen worden ist, nichts weniger als aufgeklärt
sind. Es scheint, das, Macdonald, der deutschen Sprache unkundig, sich durch
heftige Pantomimen verständlich zu machen suchte, die entweder an Tätlichkeiten
grenzten oder in solche ausarteten und daß Dr. Parow sich diesen besonders
insofern widersetzte, als sie seine Frau betrafen. Auch das ist. soweit wir
die Verhandlungen haben verfolgen können, nicht festgestellt, wie viele Per¬
sonen schon in dem Coupe; säße"; doch geht aus anderweitigen Aussagen her¬
vor, daß Macdonald bereits während des früher" Theiles der Reise das An¬
füllen des Coupes, in Bonn selbst das Einsteigen eines Herrn Buchholtz aus
Burtscheid und seiner Frau zu verhindern gesucht hatte. Wir dürfen übrigeus
nicht verschweigen, daß einem Fremden schwer der Gedanke kommen kann,
um Coup6 zweiter Classe der rheinischen Eisenbahn sei für zehn Personen be¬
stimmt, denn dieselben sind zum großen Theil unerlaubt schlecht und haben'
kaum für acht Platz, Um zwischen dem Engländer und Dr. Parow zu ver¬
mitteln, eilte der Inspektor des Bahnhofs. Herr Hoffmann, herbei und wollte
ZU diesem Zwecke zunächst den ersteren zum Ausstcigc" veranlassen, wobei die¬
ser ihm einen Stoß vor die Brust versetzte, eine Handlung, welche un¬
zweifelhaft eine Beleidigung eines Beamten im D.ienst enthielt und später in-
Mmiuirt und bestraft worden ist, Macdounld wurde daun, da er sich den
Anordnungen der Bahnpolizei nicht gutwillig fügte, durch zwei Schaffner aus
dem Coupe; gehoben. Zur Verschärfn".; der beiderseitigen Stimmung trug
folgender Umstand wesentlich bei. Während der Zug sich wieder in Bewegung
setzte, folgte Frau Kühe mit ihrem inzwischen wieder herbei gekommenen
Manne ihrem Schwager, als derselbe zum Behufe der weiteren Untersuchung
in das Bahnhofslocal geführt wurde; hier überhäufte sie, des Deutschen voll-
kommen mächtig, Herrn Hoffmann mit den beleidigendsten Schmähungen.
Wir glauben diese Frau am glimpflichsten zu beurtheile", wenn wir an¬
nehmen, daß sie i" Folge körperlichen Leidens (das möglicher Weise anch Mac¬
donalds übertriebene Fürsorge für die Plätze veranlaßt hat) nicht völlig
Zurechnungsfähig war.

Das Ereignis; des ersten Tages endete damit, daß Macdonald der Polizei¬
behörde übergeben und in Haft gebracht wurde. Wie der königliche Ober-


Berühmtheit erlangt hat. Ein Engländer. Capitain Macdonald, auf der Reise
vo» Mainz nach Cöln begriffen, saß in einem Coupe; zweiter Classe und be¬
wahrte für seinen Schwager Kühe, dessen Kind und das begleitende Kinder¬
mädchen, welche ausgestiegen waren, die Plätze^ während Frau Kühe in dem
Coup6 geblieben war. Ein Bonner Einwohner. Dr. Parow-, wollte mit seiner
Frau abreisen und wurde von den Bahnbeamten in dieses Coup6 gewiesen.
Hierbei entspann sich zwischen Capitain Macdonald und ihm ein Streit, der
mir wenige Secunden gedauert haben kann, dessen Details aber, so viel auch
darüber geschrieben und gesprochen worden ist, nichts weniger als aufgeklärt
sind. Es scheint, das, Macdonald, der deutschen Sprache unkundig, sich durch
heftige Pantomimen verständlich zu machen suchte, die entweder an Tätlichkeiten
grenzten oder in solche ausarteten und daß Dr. Parow sich diesen besonders
insofern widersetzte, als sie seine Frau betrafen. Auch das ist. soweit wir
die Verhandlungen haben verfolgen können, nicht festgestellt, wie viele Per¬
sonen schon in dem Coupe; säße»; doch geht aus anderweitigen Aussagen her¬
vor, daß Macdonald bereits während des früher» Theiles der Reise das An¬
füllen des Coupes, in Bonn selbst das Einsteigen eines Herrn Buchholtz aus
Burtscheid und seiner Frau zu verhindern gesucht hatte. Wir dürfen übrigeus
nicht verschweigen, daß einem Fremden schwer der Gedanke kommen kann,
um Coup6 zweiter Classe der rheinischen Eisenbahn sei für zehn Personen be¬
stimmt, denn dieselben sind zum großen Theil unerlaubt schlecht und haben'
kaum für acht Platz, Um zwischen dem Engländer und Dr. Parow zu ver¬
mitteln, eilte der Inspektor des Bahnhofs. Herr Hoffmann, herbei und wollte
ZU diesem Zwecke zunächst den ersteren zum Ausstcigc» veranlassen, wobei die¬
ser ihm einen Stoß vor die Brust versetzte, eine Handlung, welche un¬
zweifelhaft eine Beleidigung eines Beamten im D.ienst enthielt und später in-
Mmiuirt und bestraft worden ist, Macdounld wurde daun, da er sich den
Anordnungen der Bahnpolizei nicht gutwillig fügte, durch zwei Schaffner aus
dem Coupe; gehoben. Zur Verschärfn».; der beiderseitigen Stimmung trug
folgender Umstand wesentlich bei. Während der Zug sich wieder in Bewegung
setzte, folgte Frau Kühe mit ihrem inzwischen wieder herbei gekommenen
Manne ihrem Schwager, als derselbe zum Behufe der weiteren Untersuchung
in das Bahnhofslocal geführt wurde; hier überhäufte sie, des Deutschen voll-
kommen mächtig, Herrn Hoffmann mit den beleidigendsten Schmähungen.
Wir glauben diese Frau am glimpflichsten zu beurtheile», wenn wir an¬
nehmen, daß sie i» Folge körperlichen Leidens (das möglicher Weise anch Mac¬
donalds übertriebene Fürsorge für die Plätze veranlaßt hat) nicht völlig
Zurechnungsfähig war.

Das Ereignis; des ersten Tages endete damit, daß Macdonald der Polizei¬
behörde übergeben und in Haft gebracht wurde. Wie der königliche Ober-


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[0111] Berühmtheit erlangt hat. Ein Engländer. Capitain Macdonald, auf der Reise vo» Mainz nach Cöln begriffen, saß in einem Coupe; zweiter Classe und be¬ wahrte für seinen Schwager Kühe, dessen Kind und das begleitende Kinder¬ mädchen, welche ausgestiegen waren, die Plätze^ während Frau Kühe in dem Coup6 geblieben war. Ein Bonner Einwohner. Dr. Parow-, wollte mit seiner Frau abreisen und wurde von den Bahnbeamten in dieses Coup6 gewiesen. Hierbei entspann sich zwischen Capitain Macdonald und ihm ein Streit, der mir wenige Secunden gedauert haben kann, dessen Details aber, so viel auch darüber geschrieben und gesprochen worden ist, nichts weniger als aufgeklärt sind. Es scheint, das, Macdonald, der deutschen Sprache unkundig, sich durch heftige Pantomimen verständlich zu machen suchte, die entweder an Tätlichkeiten grenzten oder in solche ausarteten und daß Dr. Parow sich diesen besonders insofern widersetzte, als sie seine Frau betrafen. Auch das ist. soweit wir die Verhandlungen haben verfolgen können, nicht festgestellt, wie viele Per¬ sonen schon in dem Coupe; säße»; doch geht aus anderweitigen Aussagen her¬ vor, daß Macdonald bereits während des früher» Theiles der Reise das An¬ füllen des Coupes, in Bonn selbst das Einsteigen eines Herrn Buchholtz aus Burtscheid und seiner Frau zu verhindern gesucht hatte. Wir dürfen übrigeus nicht verschweigen, daß einem Fremden schwer der Gedanke kommen kann, um Coup6 zweiter Classe der rheinischen Eisenbahn sei für zehn Personen be¬ stimmt, denn dieselben sind zum großen Theil unerlaubt schlecht und haben' kaum für acht Platz, Um zwischen dem Engländer und Dr. Parow zu ver¬ mitteln, eilte der Inspektor des Bahnhofs. Herr Hoffmann, herbei und wollte ZU diesem Zwecke zunächst den ersteren zum Ausstcigc» veranlassen, wobei die¬ ser ihm einen Stoß vor die Brust versetzte, eine Handlung, welche un¬ zweifelhaft eine Beleidigung eines Beamten im D.ienst enthielt und später in- Mmiuirt und bestraft worden ist, Macdounld wurde daun, da er sich den Anordnungen der Bahnpolizei nicht gutwillig fügte, durch zwei Schaffner aus dem Coupe; gehoben. Zur Verschärfn».; der beiderseitigen Stimmung trug folgender Umstand wesentlich bei. Während der Zug sich wieder in Bewegung setzte, folgte Frau Kühe mit ihrem inzwischen wieder herbei gekommenen Manne ihrem Schwager, als derselbe zum Behufe der weiteren Untersuchung in das Bahnhofslocal geführt wurde; hier überhäufte sie, des Deutschen voll- kommen mächtig, Herrn Hoffmann mit den beleidigendsten Schmähungen. Wir glauben diese Frau am glimpflichsten zu beurtheile», wenn wir an¬ nehmen, daß sie i» Folge körperlichen Leidens (das möglicher Weise anch Mac¬ donalds übertriebene Fürsorge für die Plätze veranlaßt hat) nicht völlig Zurechnungsfähig war. Das Ereignis; des ersten Tages endete damit, daß Macdonald der Polizei¬ behörde übergeben und in Haft gebracht wurde. Wie der königliche Ober-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_110893/111>, abgerufen am 26.08.2024.