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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Zeiten gerichtet ist. Eine solche ist indessen hier um so bedenklicher, als sie
im graben Gegensatze steht zu den landesherrlichen Bestrebungen und Verfü¬
gungen im Domanium des Landes, welche die allmälige Vermehrung des länd¬
lichen Mittelstandes bezwecken. Die Ritterschaft ihrerseits bezweckt nämlich die Un-
theilbarkeit von Grund und Boden, wie sie jetzt besteht, in ihren strengsten
Consequenzen aufrecht zu erhalten und durch die Gesetzgebung zu binden. Es
ist klar, daß dieser Gegensatz der Bestrebungen auch auf die weitere Theilung
des Areals im Domanium nur hemmend einwirken kann. Denn wenn auch
die Landesverwaltung bisher in ihrer Weise fortgefahren und die Zahl der
mittlern und kleinern Besitzungen jährlich vermehrt hat, so konnte und kann
sie dies doch immer deshalb nur in einem geringern Grade thun, als wün¬
schenswert!) war und ist, weil sie nicht über ein bestimmtes Maß hinausgehn
darf. Sie darf dies aber deshalb nicht, weil ihr sonst bald die Gelegenheit
zu weitrer Vermehrung solcher Besitzungen fehlen würde und weil sie eine An¬
zahl großer Güter in ihrer Landeshälfte reserviren muß, um der Ritterschaft,
deren Machtstellung auf dem großen Grundbesitze beruht, in dieser Hinsicht
einigermaßen das Gleichgewicht halten zu können.

Sobald eine Aenderung in der Veriretung des Landes eingetreten sein
wird, muß die Frage über die Theilbarkeit der Güter in Mecklenburg zur
Sprache gebracht werden. Dieselbe ist bei dem herrschenden Systeme nicht
möglich; da die politische Stellung der Rittergutsbesitzer auf dem großen
Grundbesitze beruht, so steht und fällt jene mit diesem. Andererseits aber
rückt die Nothwendigkeit der Theilbarkeit bis zu einem gewissen Grade täglich
mit immer größerer Schwere nahe, Die Heimath-, Niederlassungs- und Ar-
mennoth in Mecklenburg mit ihrem Gefolge von Auswanderung, unehelichen
Geburten u. f. w. ist so entschieden an die Erhaltung des Status <zu<i ge¬
knüpft und nur durch die Modification des Bestehenden zu einem glücklichen
Austrage zu bringen, daß wir nicht umhin können, diesen Gegenstand hier
ganz besonders hervorzuheben und zu erläutern.

Auf dem 103.4" Quadratur, umfassenden Gebiete der Ritterschaft befinden sich
nur 917 Hauptgütcr (von denen ein Theil Nebengüter besitzt) in den Händen
von 023 adligen und bürgerlichen Besitzern. Die durchschnittliche Größe eines
jeden Gutes beträgt 2692^ preuß. Morgen und im durchschnittlichen Besitze jedes
Gutsbesitzers befinden sich 3992'/" preuß. Morgen Areal, welche nach den Ver¬
kaufspreisen des Quinquenniums i8°Vss, laut den Mittheilungen des statisti¬
schen Bureaus. einen mittleren Werth von 176,000 Thlrn. für jeden Gutsbesitzer
repräsentiren. Neben diesen Gutsbesitzern befinden sich auf dem Gebiete der
Ritterschaft, auf dem Areale derselben und von ihnen in gewissem Grade ab¬
hängig, auch ihnen zur Pachtleistung verpflichtet, nur noch 1187 kleinere Land¬
wirthe (Bauern), außerdem einige Müller, Schmiede u. s. w. Die ganze


Zeiten gerichtet ist. Eine solche ist indessen hier um so bedenklicher, als sie
im graben Gegensatze steht zu den landesherrlichen Bestrebungen und Verfü¬
gungen im Domanium des Landes, welche die allmälige Vermehrung des länd¬
lichen Mittelstandes bezwecken. Die Ritterschaft ihrerseits bezweckt nämlich die Un-
theilbarkeit von Grund und Boden, wie sie jetzt besteht, in ihren strengsten
Consequenzen aufrecht zu erhalten und durch die Gesetzgebung zu binden. Es
ist klar, daß dieser Gegensatz der Bestrebungen auch auf die weitere Theilung
des Areals im Domanium nur hemmend einwirken kann. Denn wenn auch
die Landesverwaltung bisher in ihrer Weise fortgefahren und die Zahl der
mittlern und kleinern Besitzungen jährlich vermehrt hat, so konnte und kann
sie dies doch immer deshalb nur in einem geringern Grade thun, als wün¬
schenswert!) war und ist, weil sie nicht über ein bestimmtes Maß hinausgehn
darf. Sie darf dies aber deshalb nicht, weil ihr sonst bald die Gelegenheit
zu weitrer Vermehrung solcher Besitzungen fehlen würde und weil sie eine An¬
zahl großer Güter in ihrer Landeshälfte reserviren muß, um der Ritterschaft,
deren Machtstellung auf dem großen Grundbesitze beruht, in dieser Hinsicht
einigermaßen das Gleichgewicht halten zu können.

Sobald eine Aenderung in der Veriretung des Landes eingetreten sein
wird, muß die Frage über die Theilbarkeit der Güter in Mecklenburg zur
Sprache gebracht werden. Dieselbe ist bei dem herrschenden Systeme nicht
möglich; da die politische Stellung der Rittergutsbesitzer auf dem großen
Grundbesitze beruht, so steht und fällt jene mit diesem. Andererseits aber
rückt die Nothwendigkeit der Theilbarkeit bis zu einem gewissen Grade täglich
mit immer größerer Schwere nahe, Die Heimath-, Niederlassungs- und Ar-
mennoth in Mecklenburg mit ihrem Gefolge von Auswanderung, unehelichen
Geburten u. f. w. ist so entschieden an die Erhaltung des Status <zu<i ge¬
knüpft und nur durch die Modification des Bestehenden zu einem glücklichen
Austrage zu bringen, daß wir nicht umhin können, diesen Gegenstand hier
ganz besonders hervorzuheben und zu erläutern.

Auf dem 103.4» Quadratur, umfassenden Gebiete der Ritterschaft befinden sich
nur 917 Hauptgütcr (von denen ein Theil Nebengüter besitzt) in den Händen
von 023 adligen und bürgerlichen Besitzern. Die durchschnittliche Größe eines
jeden Gutes beträgt 2692^ preuß. Morgen und im durchschnittlichen Besitze jedes
Gutsbesitzers befinden sich 3992'/» preuß. Morgen Areal, welche nach den Ver¬
kaufspreisen des Quinquenniums i8°Vss, laut den Mittheilungen des statisti¬
schen Bureaus. einen mittleren Werth von 176,000 Thlrn. für jeden Gutsbesitzer
repräsentiren. Neben diesen Gutsbesitzern befinden sich auf dem Gebiete der
Ritterschaft, auf dem Areale derselben und von ihnen in gewissem Grade ab¬
hängig, auch ihnen zur Pachtleistung verpflichtet, nur noch 1187 kleinere Land¬
wirthe (Bauern), außerdem einige Müller, Schmiede u. s. w. Die ganze


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/99>, abgerufen am 15.01.2025.