Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.V Gleichwol deuten viele Anzeichen darauf hin, daß die Bedingungen wie V Gleichwol deuten viele Anzeichen darauf hin, daß die Bedingungen wie <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0067" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110415"/> <p xml:id="ID_144" prev="#ID_143"> V<lb/> von der Entwicklung eines freien, geachteten , innerlich kräftigen Handwerker¬<lb/> standes, der etwa ein gesundes Lebenselement hätte bieten können zu einer<lb/> neuen, staatlichen Entwicklung, wie sich ein solches in dem Handwerkerstande<lb/> der germanischen und romanischen Völker vorfand, als am Ausgange des<lb/> Mittelalters das frühere Verhältniß von Herren und Knechten ferner unmög¬<lb/> lich geworden war und der moderne Staat zu seiner Bildung eine Grund¬<lb/> lage suchte, auf der er hoffen durfte sich zu erbauen mit der gegründeten<lb/> Aussicht aus eine gedeihliche Entfaltung. Im Gegentheil ergibt sich ans<lb/> den Berichten römischer und griechischer Schriftsteller, die freilich oft hart,<lb/> kaum aber ungerecht urtheilen, das beklagenswerthe Resultat, daß selbst die<lb/> tiefste Noth und Erniedrigung die Hellenen nicht vermochte, sich zu einer kräf¬<lb/> tigen, ehrenwerthen Arbeitsthätigkeit und zur Achtung vor der Arbeit zu ent¬<lb/> schließen: mit wenigen anzuerkennenden Ausnahmen scheint die griechische<lb/> Nation zuletzt aus nicht eben hoch geschätzten Banausen, aus Faullenzern,<lb/> Seiltänzern, Narren und aus eiuer ziemlichen Anzahl witziger Köpfe bestan¬<lb/> den zu haben.</p><lb/> <p xml:id="ID_145"> Gleichwol deuten viele Anzeichen darauf hin, daß die Bedingungen wie<lb/> zur Entwicklung eines kräftigen, freien Bauernstandes, so auch zur Heranbil¬<lb/> dung eines innerlich und äußerlich starken, freien Handwerkerstandes von vorn¬<lb/> herein gegeben waren. Die alten Urkunden der Griechen sprechen durchaus<lb/> mit Achtung von der Thätigkeit der Handwerker, welche zu der Zeit, als die<lb/> homerischen Gesänge entstanden, bereits einen nicht unbedeutenden Grad von<lb/> Kunstfertigkeit in ihren Gewerben erlangt haben mochten. Die Paläste<lb/> des Alkinoos, Menelaos und Odysseus glänzen von Gold, Silber und Me¬<lb/> tall; der Sckild des Achill und des Herakles, die silbernen Dreifüße und Ba¬<lb/> dewannen, sowie die künstlich gearbeiteten Schnallen, welche auf große Voll¬<lb/> kommenheit der Werkzeuge schließen lassen, bezeugen, daß die Bearbeitung der<lb/> Metalle zu einer hohen Stufe der Ausbildung gediehen war. Nur scheint die<lb/> Verwendung des Marmors zu Bauten und die Bereitung eiserner Waffen und<lb/> Gerätschaften einer spätern Zeit anzugehören. Lieferte auch Sidon noch die<lb/> schön gearbeiteten Becher und Mischkrüge und mäonische und karische Frauen<lb/> gefärbtes Elfenbein, welches zum Schmucke der Pferdezäume diente, so ver¬<lb/> standen doch auch die Griechen des Homer die Kunst des Vergolders schon<lb/> und waren nicht unerfahren in der Verwendung des Elfenbeins, das sie von<lb/> Außen bezöge«. Nicht mindere Fertigkeit müssen sie im Weben besessen ha¬<lb/> ben, wenn auch die Phönikier aus Sidon ihnen, sowie den in der Bildung<lb/> höher stehenden Trojanern die vortrefflichsten der gewirkten Prachtgewänder<lb/> und Teppiche geliefert haben möge». Die Weberei wurde übrigens, wie die<lb/> meisten der andern Handwerke, stehend betrieben: im Sitzen zu weben lernten<lb/> die Griechen erst später von den Aegyptcin.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
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von der Entwicklung eines freien, geachteten , innerlich kräftigen Handwerker¬
standes, der etwa ein gesundes Lebenselement hätte bieten können zu einer
neuen, staatlichen Entwicklung, wie sich ein solches in dem Handwerkerstande
der germanischen und romanischen Völker vorfand, als am Ausgange des
Mittelalters das frühere Verhältniß von Herren und Knechten ferner unmög¬
lich geworden war und der moderne Staat zu seiner Bildung eine Grund¬
lage suchte, auf der er hoffen durfte sich zu erbauen mit der gegründeten
Aussicht aus eine gedeihliche Entfaltung. Im Gegentheil ergibt sich ans
den Berichten römischer und griechischer Schriftsteller, die freilich oft hart,
kaum aber ungerecht urtheilen, das beklagenswerthe Resultat, daß selbst die
tiefste Noth und Erniedrigung die Hellenen nicht vermochte, sich zu einer kräf¬
tigen, ehrenwerthen Arbeitsthätigkeit und zur Achtung vor der Arbeit zu ent¬
schließen: mit wenigen anzuerkennenden Ausnahmen scheint die griechische
Nation zuletzt aus nicht eben hoch geschätzten Banausen, aus Faullenzern,
Seiltänzern, Narren und aus eiuer ziemlichen Anzahl witziger Köpfe bestan¬
den zu haben.
Gleichwol deuten viele Anzeichen darauf hin, daß die Bedingungen wie
zur Entwicklung eines kräftigen, freien Bauernstandes, so auch zur Heranbil¬
dung eines innerlich und äußerlich starken, freien Handwerkerstandes von vorn¬
herein gegeben waren. Die alten Urkunden der Griechen sprechen durchaus
mit Achtung von der Thätigkeit der Handwerker, welche zu der Zeit, als die
homerischen Gesänge entstanden, bereits einen nicht unbedeutenden Grad von
Kunstfertigkeit in ihren Gewerben erlangt haben mochten. Die Paläste
des Alkinoos, Menelaos und Odysseus glänzen von Gold, Silber und Me¬
tall; der Sckild des Achill und des Herakles, die silbernen Dreifüße und Ba¬
dewannen, sowie die künstlich gearbeiteten Schnallen, welche auf große Voll¬
kommenheit der Werkzeuge schließen lassen, bezeugen, daß die Bearbeitung der
Metalle zu einer hohen Stufe der Ausbildung gediehen war. Nur scheint die
Verwendung des Marmors zu Bauten und die Bereitung eiserner Waffen und
Gerätschaften einer spätern Zeit anzugehören. Lieferte auch Sidon noch die
schön gearbeiteten Becher und Mischkrüge und mäonische und karische Frauen
gefärbtes Elfenbein, welches zum Schmucke der Pferdezäume diente, so ver¬
standen doch auch die Griechen des Homer die Kunst des Vergolders schon
und waren nicht unerfahren in der Verwendung des Elfenbeins, das sie von
Außen bezöge«. Nicht mindere Fertigkeit müssen sie im Weben besessen ha¬
ben, wenn auch die Phönikier aus Sidon ihnen, sowie den in der Bildung
höher stehenden Trojanern die vortrefflichsten der gewirkten Prachtgewänder
und Teppiche geliefert haben möge». Die Weberei wurde übrigens, wie die
meisten der andern Handwerke, stehend betrieben: im Sitzen zu weben lernten
die Griechen erst später von den Aegyptcin.
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