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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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barschaft von Antwerpen lebte und dessen Verse noch jetzt allenthalben im
Munde der vlämischen Bevölkerung dieser Gegend sind.

Bisweilen mischen sich in diese geistlichen Lieder auch weltliche Poesien,
z. B. Trauerlieder aus den Tod der Kaiserin Maria Theresia, die mit dem
Refrain erdigem

Ans deutsch:

Wir fügen hinzu, daß dieselbe Sitte auch in den von Wallonen bewohn¬
ten Theilen Belgiens herrscht. Doch singen die Kinder zu Huy und in der
Umgebung von Lüttich nur bis zum neunten Tage nach dem Dreikönigsfest.




Die kurhessische Frage.

Das hessische Volk hat gesprochen. Mit einer Einmüthigkeit, die um so
bedeutungsvoller wird, wenn man die lange erfolglose und fast hoffnungslose
Anstrengung erwägt, die es bisher seinen Kräften zugemuthet, hat es der Re¬
gierung erklärt, der Friede könne nnr auf Grundlage des Rechts hergestellt
werden. Die Sühne für den geschehenen Rechtsbruch ist die erste nothwendige
Bürgschaft für die künftige Sicherheit; sobald diese erfolgt, will das Volk
seinerseits die Hand zur Versöhnung bieten.

Das Volk hat seine Pflicht gethan. Zehnjährige Leiden haben seine Aus¬
dauer nicht erschöpft, seine Hoffnung nicht gebrochen. Die Frage ist nun, was
sein Entschluß anderwärts für Wirkungen ausüben wird.

Die kurfürstliche Regierung, auf die es zunächst ankommt, hat ihrerseits
die Antwort bereits gegeben. Sie hat die Anforderungen der Volksvertreter
für nichtig erklärt, den Landtag aufgelöst und nach sechs Monaten einen neuen
ausgeschrieben. Sechs Monate! -- Und bereits auf den März oder April hat
man den Krieg angemeldet.

Die kurfürstliche Regierung ist mit dem gegenwärtigen Zustand vollkom¬
men zufrieden. Was sie wollte, hat sie erreicht: mit Hilfe der Buudesexccution


barschaft von Antwerpen lebte und dessen Verse noch jetzt allenthalben im
Munde der vlämischen Bevölkerung dieser Gegend sind.

Bisweilen mischen sich in diese geistlichen Lieder auch weltliche Poesien,
z. B. Trauerlieder aus den Tod der Kaiserin Maria Theresia, die mit dem
Refrain erdigem

Ans deutsch:

Wir fügen hinzu, daß dieselbe Sitte auch in den von Wallonen bewohn¬
ten Theilen Belgiens herrscht. Doch singen die Kinder zu Huy und in der
Umgebung von Lüttich nur bis zum neunten Tage nach dem Dreikönigsfest.




Die kurhessische Frage.

Das hessische Volk hat gesprochen. Mit einer Einmüthigkeit, die um so
bedeutungsvoller wird, wenn man die lange erfolglose und fast hoffnungslose
Anstrengung erwägt, die es bisher seinen Kräften zugemuthet, hat es der Re¬
gierung erklärt, der Friede könne nnr auf Grundlage des Rechts hergestellt
werden. Die Sühne für den geschehenen Rechtsbruch ist die erste nothwendige
Bürgschaft für die künftige Sicherheit; sobald diese erfolgt, will das Volk
seinerseits die Hand zur Versöhnung bieten.

Das Volk hat seine Pflicht gethan. Zehnjährige Leiden haben seine Aus¬
dauer nicht erschöpft, seine Hoffnung nicht gebrochen. Die Frage ist nun, was
sein Entschluß anderwärts für Wirkungen ausüben wird.

Die kurfürstliche Regierung, auf die es zunächst ankommt, hat ihrerseits
die Antwort bereits gegeben. Sie hat die Anforderungen der Volksvertreter
für nichtig erklärt, den Landtag aufgelöst und nach sechs Monaten einen neuen
ausgeschrieben. Sechs Monate! — Und bereits auf den März oder April hat
man den Krieg angemeldet.

Die kurfürstliche Regierung ist mit dem gegenwärtigen Zustand vollkom¬
men zufrieden. Was sie wollte, hat sie erreicht: mit Hilfe der Buudesexccution


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[0524] barschaft von Antwerpen lebte und dessen Verse noch jetzt allenthalben im Munde der vlämischen Bevölkerung dieser Gegend sind. Bisweilen mischen sich in diese geistlichen Lieder auch weltliche Poesien, z. B. Trauerlieder aus den Tod der Kaiserin Maria Theresia, die mit dem Refrain erdigem Ans deutsch: Wir fügen hinzu, daß dieselbe Sitte auch in den von Wallonen bewohn¬ ten Theilen Belgiens herrscht. Doch singen die Kinder zu Huy und in der Umgebung von Lüttich nur bis zum neunten Tage nach dem Dreikönigsfest. Die kurhessische Frage. Das hessische Volk hat gesprochen. Mit einer Einmüthigkeit, die um so bedeutungsvoller wird, wenn man die lange erfolglose und fast hoffnungslose Anstrengung erwägt, die es bisher seinen Kräften zugemuthet, hat es der Re¬ gierung erklärt, der Friede könne nnr auf Grundlage des Rechts hergestellt werden. Die Sühne für den geschehenen Rechtsbruch ist die erste nothwendige Bürgschaft für die künftige Sicherheit; sobald diese erfolgt, will das Volk seinerseits die Hand zur Versöhnung bieten. Das Volk hat seine Pflicht gethan. Zehnjährige Leiden haben seine Aus¬ dauer nicht erschöpft, seine Hoffnung nicht gebrochen. Die Frage ist nun, was sein Entschluß anderwärts für Wirkungen ausüben wird. Die kurfürstliche Regierung, auf die es zunächst ankommt, hat ihrerseits die Antwort bereits gegeben. Sie hat die Anforderungen der Volksvertreter für nichtig erklärt, den Landtag aufgelöst und nach sechs Monaten einen neuen ausgeschrieben. Sechs Monate! — Und bereits auf den März oder April hat man den Krieg angemeldet. Die kurfürstliche Regierung ist mit dem gegenwärtigen Zustand vollkom¬ men zufrieden. Was sie wollte, hat sie erreicht: mit Hilfe der Buudesexccution

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/524>, abgerufen am 15.01.2025.