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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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trinken geruhen, haben alle Chargen ihre Ehrfurcht vor solchem Entschluß durch
den Nus "de Koning drinkt!" zu erkennen zu geben. Der Hofnarr ist an¬
gewiesen, das; diese Vorschrift der Hofetikette nicht verletzt wird, und sobald
einer sich dessen schuldig macht, greift er zu der neben ihm liegenden Kohle
und zieht dem Unartiger einen schwarzen Strich über das Geficht.

Nach einer Volkssage waren es übrigens die drei Weisen, welche den Ruf
"I^e ü.ol doit!" zuerst ausstießen, indem sie gerade in dem Augenblick in den
Stall zu Bethlehem traten, als das heilige Kind nach der Brust seiner Mut¬
ter griff. Andere wieder behaupten, daß der Gebrauch sich aus dem soge¬
nannten Evangelium vom Spinnrocken herschreibc.

Ein altes Lied, welches noch jetzt in Antwerpen gesungen wird, wenn
man um den König kooft, spielt auf die Ueberlieferung an, von der wir eben
sprachen, und so theilen wir es hier neben dem Inhalt eines andern Drei-
königstagsliedes mit, welches dort noch häufiger gehört wird. Es lautet:

D. h.: Kaspar, Melchior und Balthasar kamen zu dem Kindchen da. Sie
knieten mit Andacht, opferten, verbrannten Weihrauch, knieten mit Andacht
vor diesem Kindchen. Jesulein süß. Die ganze Stadt war voll Freude, das
Kindchen und die Thierchen auch; dann riefen sie, daß es klingt: Vivat, vivat,
vivat! Dann riefen sie, daß es klingt: Vivat! Unser König trinkt!"

Das andere Lied, welches während des Loosens um die Königswürde
gesungen wird, ist von weltlichem und possenhaftem Charakter. Es beginnt
mit der Erklärung: "Wir sind drei Könige, wir suchen kein Kind, sondern ein
Schlückchen Löwensches (Bier), das uns besser dient," feiert dann die Zechcr-
fertigkeit Kaspars, der mindestens eine Pinke trinken kann und dazu noch
Taback und Branntwein haben muß, und schließt mit den Worten: "Da


trinken geruhen, haben alle Chargen ihre Ehrfurcht vor solchem Entschluß durch
den Nus „de Koning drinkt!" zu erkennen zu geben. Der Hofnarr ist an¬
gewiesen, das; diese Vorschrift der Hofetikette nicht verletzt wird, und sobald
einer sich dessen schuldig macht, greift er zu der neben ihm liegenden Kohle
und zieht dem Unartiger einen schwarzen Strich über das Geficht.

Nach einer Volkssage waren es übrigens die drei Weisen, welche den Ruf
»I^e ü.ol doit!" zuerst ausstießen, indem sie gerade in dem Augenblick in den
Stall zu Bethlehem traten, als das heilige Kind nach der Brust seiner Mut¬
ter griff. Andere wieder behaupten, daß der Gebrauch sich aus dem soge¬
nannten Evangelium vom Spinnrocken herschreibc.

Ein altes Lied, welches noch jetzt in Antwerpen gesungen wird, wenn
man um den König kooft, spielt auf die Ueberlieferung an, von der wir eben
sprachen, und so theilen wir es hier neben dem Inhalt eines andern Drei-
königstagsliedes mit, welches dort noch häufiger gehört wird. Es lautet:

D. h.: Kaspar, Melchior und Balthasar kamen zu dem Kindchen da. Sie
knieten mit Andacht, opferten, verbrannten Weihrauch, knieten mit Andacht
vor diesem Kindchen. Jesulein süß. Die ganze Stadt war voll Freude, das
Kindchen und die Thierchen auch; dann riefen sie, daß es klingt: Vivat, vivat,
vivat! Dann riefen sie, daß es klingt: Vivat! Unser König trinkt!"

Das andere Lied, welches während des Loosens um die Königswürde
gesungen wird, ist von weltlichem und possenhaftem Charakter. Es beginnt
mit der Erklärung: „Wir sind drei Könige, wir suchen kein Kind, sondern ein
Schlückchen Löwensches (Bier), das uns besser dient," feiert dann die Zechcr-
fertigkeit Kaspars, der mindestens eine Pinke trinken kann und dazu noch
Taback und Branntwein haben muß, und schließt mit den Worten: „Da


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[0521] trinken geruhen, haben alle Chargen ihre Ehrfurcht vor solchem Entschluß durch den Nus „de Koning drinkt!" zu erkennen zu geben. Der Hofnarr ist an¬ gewiesen, das; diese Vorschrift der Hofetikette nicht verletzt wird, und sobald einer sich dessen schuldig macht, greift er zu der neben ihm liegenden Kohle und zieht dem Unartiger einen schwarzen Strich über das Geficht. Nach einer Volkssage waren es übrigens die drei Weisen, welche den Ruf »I^e ü.ol doit!" zuerst ausstießen, indem sie gerade in dem Augenblick in den Stall zu Bethlehem traten, als das heilige Kind nach der Brust seiner Mut¬ ter griff. Andere wieder behaupten, daß der Gebrauch sich aus dem soge¬ nannten Evangelium vom Spinnrocken herschreibc. Ein altes Lied, welches noch jetzt in Antwerpen gesungen wird, wenn man um den König kooft, spielt auf die Ueberlieferung an, von der wir eben sprachen, und so theilen wir es hier neben dem Inhalt eines andern Drei- königstagsliedes mit, welches dort noch häufiger gehört wird. Es lautet: D. h.: Kaspar, Melchior und Balthasar kamen zu dem Kindchen da. Sie knieten mit Andacht, opferten, verbrannten Weihrauch, knieten mit Andacht vor diesem Kindchen. Jesulein süß. Die ganze Stadt war voll Freude, das Kindchen und die Thierchen auch; dann riefen sie, daß es klingt: Vivat, vivat, vivat! Dann riefen sie, daß es klingt: Vivat! Unser König trinkt!" Das andere Lied, welches während des Loosens um die Königswürde gesungen wird, ist von weltlichem und possenhaftem Charakter. Es beginnt mit der Erklärung: „Wir sind drei Könige, wir suchen kein Kind, sondern ein Schlückchen Löwensches (Bier), das uns besser dient," feiert dann die Zechcr- fertigkeit Kaspars, der mindestens eine Pinke trinken kann und dazu noch Taback und Branntwein haben muß, und schließt mit den Worten: „Da

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/521>, abgerufen am 15.01.2025.