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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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Entschiedenheit, und als derselbe dennoch angenommen wurde, erklärten sich
vorzüglich Südcarolina und Georgia heftig gegen das Gesetz. In Charleston
zog man auf die Nachricht von der Annahme desselben die Flaggen der Schiffe
auf halben Mast. Volksversammlungen, Zeitungen, selbst die beiden Kam¬
mern der Legislatur donnerten mit Macht gegen die Zollerhöhung. Die Agi¬
tation wuchs, das Volk, d. h. die Sklavenhalter, wurden von Tage zu Tage
ungeberdiger. Südcarolina und Georgia forderten in einem von ihren Se¬
natoren mit unterschriebenen Protest ungestüm vom Congreß den Widerruf des
ihren Interessen feindlichen Tarifs, und siehe da, ihre Unermüdlichkeit und ihre
geschickte Taktik brachte es wirklich dahin, daß in der Sitzungsperiode des
Congresses von 1831 auf 1832 gewisse Abänderungen am Tarif vorgenommen
wurden. Namentlich wurden die Revenuezölle nicht unwesentlich herabgesetzt
und eine geringere Einfuhrsteuer auf einige Hauptarlikel als Eisen und grobe
Wollenzeuge gelegt. Die Baumwollcnpslanzer waren damit nicht zufrieden
gestellt. Die Agitation dauerte fort, und in einer im November 1832 zu Co¬
lumbia abgehaltnen Convention wurden von Delegaten der Staaten Süd¬
carolina und Georgia eine Erklärung unterzeichnet, dahin lautend, daß der
Congreß durch Aufstellung des Tarifs von 1823 die Grenzen seiner Befugnisse
überschritten habe und daß man in Folge dessen alle seine dahin gehenden
Beschlüsse als innerhalb des Gebietes der beiden Staaten unverbindlich erachten
werde. Zugleich forderten sie die gesetzgebenden Versammlungen der andern
Staaten auf, sich ihnen anzuschließen, die Veröffentlichung des Tarifs zu ver¬
hindern und den Beamten der Vereinigten Staaten die Ausführung seiner
Bestimmungen zu untersagen. Endlich erklärten sie sich für den Austritt der
in ihren Rechten gekränkten Staaten aus der Union. Die Legislaturen und
Gouverneure der beiden Staaten machten die Beschlüsse der Convention zu
den ihrigen, verfügten Rüstungen gegen die Bundesregierung und gingen zu¬
letzt soweit, derselben offen den Krieg zu erklären.

Vollkommen ernstlich konnten es damit nur die sogenannten "Feuerfresser"
meinen, und für diese war der damalige Präsident der geeignete Mann, sie
zur Vernunft zu bringen. Jackson wußte, was er konnte, obwol damals noch
nicht mit dem Norden auch der Westen gegen den Süden ins Feld geführt
werden konnte. "Ich betrachte," sagte er in einer Proclamation vom 11. De¬
cember, "die Macht, die sich ein Einzelstaat anmaßt, ein Gesetz der Vereinig¬
ten Staaten zu annulliren, für unverträglich mit dem Bestehen des Bundes,
für ausdrücklich untersagt vom Buchstaben der Verfassung, für nicht autoristrt
durch deren Geist, für unvereinbar mit irgend welchem der Grundsätze, auf die
sie gegründet ist und für verderblich in Betreff des großen Zieles, zu dessen
Erreichung sie geschaffen wurde." Und weiterhin: "Die Verfassung der Ver¬
einigten Staaten stellt einen Staat (Mverumkut). nicht einen Staatenbund


G""ji)oder IV. 1860. 63

Entschiedenheit, und als derselbe dennoch angenommen wurde, erklärten sich
vorzüglich Südcarolina und Georgia heftig gegen das Gesetz. In Charleston
zog man auf die Nachricht von der Annahme desselben die Flaggen der Schiffe
auf halben Mast. Volksversammlungen, Zeitungen, selbst die beiden Kam¬
mern der Legislatur donnerten mit Macht gegen die Zollerhöhung. Die Agi¬
tation wuchs, das Volk, d. h. die Sklavenhalter, wurden von Tage zu Tage
ungeberdiger. Südcarolina und Georgia forderten in einem von ihren Se¬
natoren mit unterschriebenen Protest ungestüm vom Congreß den Widerruf des
ihren Interessen feindlichen Tarifs, und siehe da, ihre Unermüdlichkeit und ihre
geschickte Taktik brachte es wirklich dahin, daß in der Sitzungsperiode des
Congresses von 1831 auf 1832 gewisse Abänderungen am Tarif vorgenommen
wurden. Namentlich wurden die Revenuezölle nicht unwesentlich herabgesetzt
und eine geringere Einfuhrsteuer auf einige Hauptarlikel als Eisen und grobe
Wollenzeuge gelegt. Die Baumwollcnpslanzer waren damit nicht zufrieden
gestellt. Die Agitation dauerte fort, und in einer im November 1832 zu Co¬
lumbia abgehaltnen Convention wurden von Delegaten der Staaten Süd¬
carolina und Georgia eine Erklärung unterzeichnet, dahin lautend, daß der
Congreß durch Aufstellung des Tarifs von 1823 die Grenzen seiner Befugnisse
überschritten habe und daß man in Folge dessen alle seine dahin gehenden
Beschlüsse als innerhalb des Gebietes der beiden Staaten unverbindlich erachten
werde. Zugleich forderten sie die gesetzgebenden Versammlungen der andern
Staaten auf, sich ihnen anzuschließen, die Veröffentlichung des Tarifs zu ver¬
hindern und den Beamten der Vereinigten Staaten die Ausführung seiner
Bestimmungen zu untersagen. Endlich erklärten sie sich für den Austritt der
in ihren Rechten gekränkten Staaten aus der Union. Die Legislaturen und
Gouverneure der beiden Staaten machten die Beschlüsse der Convention zu
den ihrigen, verfügten Rüstungen gegen die Bundesregierung und gingen zu¬
letzt soweit, derselben offen den Krieg zu erklären.

Vollkommen ernstlich konnten es damit nur die sogenannten „Feuerfresser"
meinen, und für diese war der damalige Präsident der geeignete Mann, sie
zur Vernunft zu bringen. Jackson wußte, was er konnte, obwol damals noch
nicht mit dem Norden auch der Westen gegen den Süden ins Feld geführt
werden konnte. „Ich betrachte," sagte er in einer Proclamation vom 11. De¬
cember, „die Macht, die sich ein Einzelstaat anmaßt, ein Gesetz der Vereinig¬
ten Staaten zu annulliren, für unverträglich mit dem Bestehen des Bundes,
für ausdrücklich untersagt vom Buchstaben der Verfassung, für nicht autoristrt
durch deren Geist, für unvereinbar mit irgend welchem der Grundsätze, auf die
sie gegründet ist und für verderblich in Betreff des großen Zieles, zu dessen
Erreichung sie geschaffen wurde." Und weiterhin: „Die Verfassung der Ver¬
einigten Staaten stellt einen Staat (Mverumkut). nicht einen Staatenbund


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[0509] Entschiedenheit, und als derselbe dennoch angenommen wurde, erklärten sich vorzüglich Südcarolina und Georgia heftig gegen das Gesetz. In Charleston zog man auf die Nachricht von der Annahme desselben die Flaggen der Schiffe auf halben Mast. Volksversammlungen, Zeitungen, selbst die beiden Kam¬ mern der Legislatur donnerten mit Macht gegen die Zollerhöhung. Die Agi¬ tation wuchs, das Volk, d. h. die Sklavenhalter, wurden von Tage zu Tage ungeberdiger. Südcarolina und Georgia forderten in einem von ihren Se¬ natoren mit unterschriebenen Protest ungestüm vom Congreß den Widerruf des ihren Interessen feindlichen Tarifs, und siehe da, ihre Unermüdlichkeit und ihre geschickte Taktik brachte es wirklich dahin, daß in der Sitzungsperiode des Congresses von 1831 auf 1832 gewisse Abänderungen am Tarif vorgenommen wurden. Namentlich wurden die Revenuezölle nicht unwesentlich herabgesetzt und eine geringere Einfuhrsteuer auf einige Hauptarlikel als Eisen und grobe Wollenzeuge gelegt. Die Baumwollcnpslanzer waren damit nicht zufrieden gestellt. Die Agitation dauerte fort, und in einer im November 1832 zu Co¬ lumbia abgehaltnen Convention wurden von Delegaten der Staaten Süd¬ carolina und Georgia eine Erklärung unterzeichnet, dahin lautend, daß der Congreß durch Aufstellung des Tarifs von 1823 die Grenzen seiner Befugnisse überschritten habe und daß man in Folge dessen alle seine dahin gehenden Beschlüsse als innerhalb des Gebietes der beiden Staaten unverbindlich erachten werde. Zugleich forderten sie die gesetzgebenden Versammlungen der andern Staaten auf, sich ihnen anzuschließen, die Veröffentlichung des Tarifs zu ver¬ hindern und den Beamten der Vereinigten Staaten die Ausführung seiner Bestimmungen zu untersagen. Endlich erklärten sie sich für den Austritt der in ihren Rechten gekränkten Staaten aus der Union. Die Legislaturen und Gouverneure der beiden Staaten machten die Beschlüsse der Convention zu den ihrigen, verfügten Rüstungen gegen die Bundesregierung und gingen zu¬ letzt soweit, derselben offen den Krieg zu erklären. Vollkommen ernstlich konnten es damit nur die sogenannten „Feuerfresser" meinen, und für diese war der damalige Präsident der geeignete Mann, sie zur Vernunft zu bringen. Jackson wußte, was er konnte, obwol damals noch nicht mit dem Norden auch der Westen gegen den Süden ins Feld geführt werden konnte. „Ich betrachte," sagte er in einer Proclamation vom 11. De¬ cember, „die Macht, die sich ein Einzelstaat anmaßt, ein Gesetz der Vereinig¬ ten Staaten zu annulliren, für unverträglich mit dem Bestehen des Bundes, für ausdrücklich untersagt vom Buchstaben der Verfassung, für nicht autoristrt durch deren Geist, für unvereinbar mit irgend welchem der Grundsätze, auf die sie gegründet ist und für verderblich in Betreff des großen Zieles, zu dessen Erreichung sie geschaffen wurde." Und weiterhin: „Die Verfassung der Ver¬ einigten Staaten stellt einen Staat (Mverumkut). nicht einen Staatenbund G«»ji)oder IV. 1860. 63

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/509>, abgerufen am 15.01.2025.