Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.rühren, erschüttern, erheben, belustigen u. s. w.; aber eins von diesen muß er Stanislaus Graf Grabowski: Ein leidenschaftliches Herz, Roman Wolfgang Müller von Königswinter: Erzählungen eines rheini¬ F. Spielhagen: problematische Naturen. Roman in 4 Bdn. (Berlin, rühren, erschüttern, erheben, belustigen u. s. w.; aber eins von diesen muß er Stanislaus Graf Grabowski: Ein leidenschaftliches Herz, Roman Wolfgang Müller von Königswinter: Erzählungen eines rheini¬ F. Spielhagen: problematische Naturen. Roman in 4 Bdn. (Berlin, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0500" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110848"/> <p xml:id="ID_1499" prev="#ID_1498"> rühren, erschüttern, erheben, belustigen u. s. w.; aber eins von diesen muß er<lb/> wirklich wollen; er kann sich nicht darauf beschränken, uns blos zu unterrich¬<lb/> ten. Und nach dieser Seite hin liegt ohnehin Meißners Talent gar nicht. ^<lb/> Uebrigens macht das Buch durchweg den Eindruck, daß man es mit einem<lb/> gescheidten Manne zu thun habe. — In dem Stil sollte Meißner sorgfältiger<lb/> sein; sobald man nicht ernstlich daraus achtet, verfällt man leicht in Nachläs-<lb/> keiten, die den Eindruck des Kunstwerks aufheben. Meißner kann zuweilen<lb/> schön schreiben; um so zweckmäßiger wird diese Erinnerung sein. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1500"> Stanislaus Graf Grabowski: Ein leidenschaftliches Herz, Roman<lb/> in 2 Bdn. (Leipzig, Grunow.) Wie es scheint ein Erstlingswerk, das durch<lb/> die Wärme seiner Haltung zu guten Hoffnungen berechtigt. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1501"> Wolfgang Müller von Königswinter: Erzählungen eines rheini¬<lb/> schen Chronisten 1. Bd^ (Leipzig, Brockhaus). Der 1. Bd. behandelt, die<lb/> Düsseldorfer Periode von 1834: Immermann, Grabbe, Mendelssohn, Schadow<lb/> u. s. w. nach guten Quellen, die regelmäßig angegeben werden, und zum Theil<lb/> wol aus eignen Anschauungen. Ein Kunstwerk kann aus solcher Mosaikarbeit<lb/> (z. B. die Briefe, die Memorabilien u. s. w. sind in den Dialog verwebt),<lb/> nie hervorgehn; aber für die Düsseldorfer wird es ein großes locales Interesse<lb/> haben, und auch auswärts werden die Verehrer Immermanns wenigstens<lb/> ebensoviel Gefallen daran finden, als andere Gruppen des Publicums an den<lb/> Romanen von Heinrich König oder von Otto Müller. — Ein zweiter<lb/> Band soll die Zeit Jacobi's, und namentlich Goethes Besuch behandeln.<lb/> Hofft der Verfasser wirklich, die echten Quellen, die ja jedem zugänglich sind,<lb/> durch Einmischung erfundener Züge an Interesse zu überbieten? —</p><lb/> <p xml:id="ID_1502" next="#ID_1503"> F. Spielhagen: problematische Naturen. Roman in 4 Bdn. (Berlin,<lb/> Zanke). — Sollen wir denn in alle Ewigkeit verurtheilt sein, von Nichts zu<lb/> hören als von problematischen Naturen? d. h. von Naturen, die nie etwas<lb/> Ganzes empfinden, denken oder wollen? in deren Gefühl keine Stätigkeit, in<lb/> deren Handeln keine Folge D? Leider gibt es genug solche problematische<lb/> Naturen im wirklichen Leben; aber warum soll uns die Dichtung dieselbe<lb/> Misere noch zum zweitenmal auftischen? Bloße Photographien der Wirklichkeit<lb/> (wie bei Thackerav) werden nur durch ungeheure Wahrheit, durch glänzende<lb/> Virtuosität gerechtfertigt — und auch das nur bis zu einem gewissen Grad.<lb/> Eine solche Virtuosität ist hier nicht vorhanden: Scenen wie die hier erzählten<lb/> mögen wol einmal vorkommen, aber sie sind Ausnahmen. Daß eine Gräfin<lb/> bei der zweiten Begegnung mit einem hübschen Hauslehrer gleich bis zum<lb/> allerletzten Stadium der Liebe kommt — das ist nicht deutsch. — Es ist our-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0500]
rühren, erschüttern, erheben, belustigen u. s. w.; aber eins von diesen muß er
wirklich wollen; er kann sich nicht darauf beschränken, uns blos zu unterrich¬
ten. Und nach dieser Seite hin liegt ohnehin Meißners Talent gar nicht. ^
Uebrigens macht das Buch durchweg den Eindruck, daß man es mit einem
gescheidten Manne zu thun habe. — In dem Stil sollte Meißner sorgfältiger
sein; sobald man nicht ernstlich daraus achtet, verfällt man leicht in Nachläs-
keiten, die den Eindruck des Kunstwerks aufheben. Meißner kann zuweilen
schön schreiben; um so zweckmäßiger wird diese Erinnerung sein. —
Stanislaus Graf Grabowski: Ein leidenschaftliches Herz, Roman
in 2 Bdn. (Leipzig, Grunow.) Wie es scheint ein Erstlingswerk, das durch
die Wärme seiner Haltung zu guten Hoffnungen berechtigt. —
Wolfgang Müller von Königswinter: Erzählungen eines rheini¬
schen Chronisten 1. Bd^ (Leipzig, Brockhaus). Der 1. Bd. behandelt, die
Düsseldorfer Periode von 1834: Immermann, Grabbe, Mendelssohn, Schadow
u. s. w. nach guten Quellen, die regelmäßig angegeben werden, und zum Theil
wol aus eignen Anschauungen. Ein Kunstwerk kann aus solcher Mosaikarbeit
(z. B. die Briefe, die Memorabilien u. s. w. sind in den Dialog verwebt),
nie hervorgehn; aber für die Düsseldorfer wird es ein großes locales Interesse
haben, und auch auswärts werden die Verehrer Immermanns wenigstens
ebensoviel Gefallen daran finden, als andere Gruppen des Publicums an den
Romanen von Heinrich König oder von Otto Müller. — Ein zweiter
Band soll die Zeit Jacobi's, und namentlich Goethes Besuch behandeln.
Hofft der Verfasser wirklich, die echten Quellen, die ja jedem zugänglich sind,
durch Einmischung erfundener Züge an Interesse zu überbieten? —
F. Spielhagen: problematische Naturen. Roman in 4 Bdn. (Berlin,
Zanke). — Sollen wir denn in alle Ewigkeit verurtheilt sein, von Nichts zu
hören als von problematischen Naturen? d. h. von Naturen, die nie etwas
Ganzes empfinden, denken oder wollen? in deren Gefühl keine Stätigkeit, in
deren Handeln keine Folge D? Leider gibt es genug solche problematische
Naturen im wirklichen Leben; aber warum soll uns die Dichtung dieselbe
Misere noch zum zweitenmal auftischen? Bloße Photographien der Wirklichkeit
(wie bei Thackerav) werden nur durch ungeheure Wahrheit, durch glänzende
Virtuosität gerechtfertigt — und auch das nur bis zu einem gewissen Grad.
Eine solche Virtuosität ist hier nicht vorhanden: Scenen wie die hier erzählten
mögen wol einmal vorkommen, aber sie sind Ausnahmen. Daß eine Gräfin
bei der zweiten Begegnung mit einem hübschen Hauslehrer gleich bis zum
allerletzten Stadium der Liebe kommt — das ist nicht deutsch. — Es ist our-
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