Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.nicht Alles anwandte, eine Maßregel, die im besten Fall unnütz, aller Wahr¬ Es lag den Deutschen nahe genug, diese Note mit der liberalen Stil- Das Unglück-ist geschehen, und es wird diesem Blatt vor andern erlaubt Was in Italien jetzt vorgeht, ist höchst ungesetzlich, das weiß ein Jeder. nicht Alles anwandte, eine Maßregel, die im besten Fall unnütz, aller Wahr¬ Es lag den Deutschen nahe genug, diese Note mit der liberalen Stil- Das Unglück-ist geschehen, und es wird diesem Blatt vor andern erlaubt Was in Italien jetzt vorgeht, ist höchst ungesetzlich, das weiß ein Jeder. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0392" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110740"/> <p xml:id="ID_1176" prev="#ID_1175"> nicht Alles anwandte, eine Maßregel, die im besten Fall unnütz, aller Wahr¬<lb/> scheinlichkeit nach schädlich wirken mußte, zu verhindern?</p><lb/> <p xml:id="ID_1177"> Es lag den Deutschen nahe genug, diese Note mit der liberalen Stil-<lb/> übung Lord John Russell's zu vergleichen. Auch diese Darlegung eines<lb/> Standpunktes ist doctrinär genug gehalten, und sowol gegen den Stil, als<lb/> gegen die logische Fassung der englischen Note wird sich Einiges sagen lassen,<lb/> aber der Unterschied zwischen beiden Noten ist der, daß die englische Note trotz<lb/> der Berufung auf Valet ihrem Stilisten die Herzen von Millionen Engländern<lb/> und starke Sympathien in dem übrigen liberalen Europa gewonnen hat.<lb/> während die Note des Herrn v. Schleinitz der preußischen Regierung den<lb/> letzten Bundesgenossen, auf den sie noch zählen konnte, zu entfremden droht,<lb/> die öffentliche Meinung Deutschlands.</p><lb/> <p xml:id="ID_1178"> Das Unglück-ist geschehen, und es wird diesem Blatt vor andern erlaubt<lb/> sein, darüber zu trauern, denn nirgend ist der Eintritt einer neuen Zeit in<lb/> Hreußcn mit innigerer Freude begrüßt worden. Wir sehen sehr gut, wie es<lb/> allmälig so gekommen ist. Bei diesen zahlreichen fürstlichen Besuchen ist das<lb/> Unvermeidliche geschehen. Es sind nirgend Verpflichtungen eingegangen wor¬<lb/> den; aber das Gefühl der Zusammengehörigkeit ist in den erlauchten Fürsten¬<lb/> familien lebendiger geworden, und die humanen Rücksichten, welche ein Sou¬<lb/> verän auf das Wohl und Wehe des andern zu nehmen veranlaßt ist, haben<lb/> auch in Preußen eine gewisse höhere Bedeutung gewonnen. Wir waren so<lb/> voll von dem Gedanken, uns im nächsten Frühjahr mit einem Nachbar raufen<lb/> zu müssen, und suchten so angelegentlich einen Alliute» für diesen Defcnsions-<lb/> krieg, daß wir deshalb zuvorkommend gegen alte Gegner wurden und bereit¬<lb/> willig lügenhafte Beleidigungen verziehen, für welche eine Genugthuung uns<lb/> noch nirgend geworden ist. Das Resultat von alle dem liegt jetzt vor Jeder¬<lb/> manns Auge». Je zuvorkommender und angelegentlicher Preußen sich zeigte,<lb/> desto höher stiegen die Ansprüche der Andern.. An eine Einigung in den mi¬<lb/> litärischen Fragen ans den alten Grundlagen ist nicht mehr zu denke». Die<lb/> deutschen Kräfte sind i» größerer Desorganisation als je. Sogar die Ohn¬<lb/> macht Oestreichs.hat der preußischen Regierung nicht genützt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1179" next="#ID_1180"> Was in Italien jetzt vorgeht, ist höchst ungesetzlich, das weiß ein Jeder.<lb/> Und jeder Unbefangene empfindet auch, daß es die natürliche bittere Folge ist<lb/> von einem höchst gesetzlosen, rechtlose», schauderhaften und nichtswürdigen<lb/> Mißregiment, welches auf zwei Drittheilen des jetzt annlxtirten Terrains lastete.<lb/> Es ist aber für die Beurtheilung der italienischen Zustände durch die preußische<lb/> Negierung ganz gleichgültig, ob die Mitglieder der Regierung mehr als Kon¬<lb/> servative oder mehr als Liberale empfinden, ob eine zufällige Mischung von<lb/> geistige», Inhalt, Temperament und Vorurtheilen sie mehr geneigt macht,<lb/> das Unglück der geworfenen Dynastien zu bedauern, oder das alte Unglück der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0392]
nicht Alles anwandte, eine Maßregel, die im besten Fall unnütz, aller Wahr¬
scheinlichkeit nach schädlich wirken mußte, zu verhindern?
Es lag den Deutschen nahe genug, diese Note mit der liberalen Stil-
übung Lord John Russell's zu vergleichen. Auch diese Darlegung eines
Standpunktes ist doctrinär genug gehalten, und sowol gegen den Stil, als
gegen die logische Fassung der englischen Note wird sich Einiges sagen lassen,
aber der Unterschied zwischen beiden Noten ist der, daß die englische Note trotz
der Berufung auf Valet ihrem Stilisten die Herzen von Millionen Engländern
und starke Sympathien in dem übrigen liberalen Europa gewonnen hat.
während die Note des Herrn v. Schleinitz der preußischen Regierung den
letzten Bundesgenossen, auf den sie noch zählen konnte, zu entfremden droht,
die öffentliche Meinung Deutschlands.
Das Unglück-ist geschehen, und es wird diesem Blatt vor andern erlaubt
sein, darüber zu trauern, denn nirgend ist der Eintritt einer neuen Zeit in
Hreußcn mit innigerer Freude begrüßt worden. Wir sehen sehr gut, wie es
allmälig so gekommen ist. Bei diesen zahlreichen fürstlichen Besuchen ist das
Unvermeidliche geschehen. Es sind nirgend Verpflichtungen eingegangen wor¬
den; aber das Gefühl der Zusammengehörigkeit ist in den erlauchten Fürsten¬
familien lebendiger geworden, und die humanen Rücksichten, welche ein Sou¬
verän auf das Wohl und Wehe des andern zu nehmen veranlaßt ist, haben
auch in Preußen eine gewisse höhere Bedeutung gewonnen. Wir waren so
voll von dem Gedanken, uns im nächsten Frühjahr mit einem Nachbar raufen
zu müssen, und suchten so angelegentlich einen Alliute» für diesen Defcnsions-
krieg, daß wir deshalb zuvorkommend gegen alte Gegner wurden und bereit¬
willig lügenhafte Beleidigungen verziehen, für welche eine Genugthuung uns
noch nirgend geworden ist. Das Resultat von alle dem liegt jetzt vor Jeder¬
manns Auge». Je zuvorkommender und angelegentlicher Preußen sich zeigte,
desto höher stiegen die Ansprüche der Andern.. An eine Einigung in den mi¬
litärischen Fragen ans den alten Grundlagen ist nicht mehr zu denke». Die
deutschen Kräfte sind i» größerer Desorganisation als je. Sogar die Ohn¬
macht Oestreichs.hat der preußischen Regierung nicht genützt.
Was in Italien jetzt vorgeht, ist höchst ungesetzlich, das weiß ein Jeder.
Und jeder Unbefangene empfindet auch, daß es die natürliche bittere Folge ist
von einem höchst gesetzlosen, rechtlose», schauderhaften und nichtswürdigen
Mißregiment, welches auf zwei Drittheilen des jetzt annlxtirten Terrains lastete.
Es ist aber für die Beurtheilung der italienischen Zustände durch die preußische
Negierung ganz gleichgültig, ob die Mitglieder der Regierung mehr als Kon¬
servative oder mehr als Liberale empfinden, ob eine zufällige Mischung von
geistige», Inhalt, Temperament und Vorurtheilen sie mehr geneigt macht,
das Unglück der geworfenen Dynastien zu bedauern, oder das alte Unglück der
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