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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.

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ciatori), 2 Halbbataillone irländischer Infanterie, t Bataillon Zunven und
1 Bataillon Franco-bclgico, welches ledere namentlich seiner guten Elemente
wegen ein Elitcnbataillon genannt werden konnte; die alten Regimenter machte
man vollzählig. Die Artillerie wurde von 2 auf 11 Batterien gebracht, von
denen 1 schweizerische. 3 rein italienische, 2 rein' östreichische, die übrigen
5 gemischt waren, jedoch ebenfalls meist aus Oestreichern bestanden. Für
die Artillcriearbeiten entstand 1 Handwerks-Compagnie, für die Hafenverthei-
dignng Ancona's eine Compagnie Mariniers und für die Festungsbauten eine
Genie-Hilfscompagnie, Die Cavallerie endlich, als die Waffe, welche des
Terrains wegen im Römischen am wenigsten anwendbar ist. wurde nur durch
eine Schwadron österreichischer Chevanxlegers vermehrt. Er selbst, General
Lamoriciere, erhielt als Leib > und Ehrenwache eine Abtheilung Gulden zu
Pferde, französische Herren altadeligcr Familien, welche es sich zur Ehre rech¬
neten, ohne Sold im Gefolge des päpstlichen Feldherrn zu dienen und das
Faubourg Se. Germain in Paris mit dem Strapazenleben eines wahrschein¬
lichen Feldzuges zu vertauschen. Den Generalstnb seiner Armee bildete sich
Lamoriciöre ans einigen der erfahrensten und tapfersten ehemaligen Offiziere
der französischen und östreichischen Armee.

Leider mangelte noch vieles an der Bewaffnung der Armee. So war
zu beklagen, daß die für die östreichischen Jäger bestellten Stutzen nicht rasch
genug geliefert werden konnten. Die Artillerie ferner litt sehr durch die Ver¬
schiedenartigkeit des Kalibers ihrer Geschütze, indem dieselben theils Geschenke
verschiedener Potentaten, theils alt und gebraucht waren. Deshalb waren
die Pulvcrarbeiten im Laboratorium auch bedeutend erschwert. Die Festungs-
Artillcrie besaß fast nur alte eiserne Kanonen, von schwerem, aber ebenfalls
sehr verschiedenem Kaliber, sodann machte sich namentlich auch Mangel an
Wurfgcschützcn (Mörsern und Haubitzen) fühlbar.

In der Armee wußte sich General Lamoriciüre sehr viel Zutrauen zu
verschaffen, wozu allerdings sein Name selbst bedeutend beigetragen haben
mag. Die Liebe der Soldaten suchte er sich durch materielle Begünstigungen
zu erwerben: die Feldzulage wurde als beständig zum Sold gehörig perma¬
nent eingeführt, die "vivres as LamMM"?", zuerst nur für marschirende Trup¬
pen, nachher ebenfalls als beständige Competenz des Soldaten betrachtet.
Diese vivres <Ze Lin-ax-igne bestanden in der unentgeltlichen täglichen Lieferung
von Kaffee, Fleisch und Wein, welcher letztere im Nothfall auch durch Brannt¬
wein ersetzt wurde; hauptsächlich aber wurde der General deswegen verehrt,
weil seine militärische Gerechtigkeit einem Jeden, der Fähigkeiten besaß, den
Weg zum Avancement oft mit Ueberspringung mehrerer Grade öffnete.

Für die Ausbildung der Truppen zu wahren Feldsoldaten wurde Nichts
verabsäumt. Jedes Bataillon, welches neu formirt war, begann sofort zu


Grenzboten IV. 1660. 48

ciatori), 2 Halbbataillone irländischer Infanterie, t Bataillon Zunven und
1 Bataillon Franco-bclgico, welches ledere namentlich seiner guten Elemente
wegen ein Elitcnbataillon genannt werden konnte; die alten Regimenter machte
man vollzählig. Die Artillerie wurde von 2 auf 11 Batterien gebracht, von
denen 1 schweizerische. 3 rein italienische, 2 rein' östreichische, die übrigen
5 gemischt waren, jedoch ebenfalls meist aus Oestreichern bestanden. Für
die Artillcriearbeiten entstand 1 Handwerks-Compagnie, für die Hafenverthei-
dignng Ancona's eine Compagnie Mariniers und für die Festungsbauten eine
Genie-Hilfscompagnie, Die Cavallerie endlich, als die Waffe, welche des
Terrains wegen im Römischen am wenigsten anwendbar ist. wurde nur durch
eine Schwadron österreichischer Chevanxlegers vermehrt. Er selbst, General
Lamoriciere, erhielt als Leib > und Ehrenwache eine Abtheilung Gulden zu
Pferde, französische Herren altadeligcr Familien, welche es sich zur Ehre rech¬
neten, ohne Sold im Gefolge des päpstlichen Feldherrn zu dienen und das
Faubourg Se. Germain in Paris mit dem Strapazenleben eines wahrschein¬
lichen Feldzuges zu vertauschen. Den Generalstnb seiner Armee bildete sich
Lamoriciöre ans einigen der erfahrensten und tapfersten ehemaligen Offiziere
der französischen und östreichischen Armee.

Leider mangelte noch vieles an der Bewaffnung der Armee. So war
zu beklagen, daß die für die östreichischen Jäger bestellten Stutzen nicht rasch
genug geliefert werden konnten. Die Artillerie ferner litt sehr durch die Ver¬
schiedenartigkeit des Kalibers ihrer Geschütze, indem dieselben theils Geschenke
verschiedener Potentaten, theils alt und gebraucht waren. Deshalb waren
die Pulvcrarbeiten im Laboratorium auch bedeutend erschwert. Die Festungs-
Artillcrie besaß fast nur alte eiserne Kanonen, von schwerem, aber ebenfalls
sehr verschiedenem Kaliber, sodann machte sich namentlich auch Mangel an
Wurfgcschützcn (Mörsern und Haubitzen) fühlbar.

In der Armee wußte sich General Lamoriciüre sehr viel Zutrauen zu
verschaffen, wozu allerdings sein Name selbst bedeutend beigetragen haben
mag. Die Liebe der Soldaten suchte er sich durch materielle Begünstigungen
zu erwerben: die Feldzulage wurde als beständig zum Sold gehörig perma¬
nent eingeführt, die „vivres as LamMM«?", zuerst nur für marschirende Trup¬
pen, nachher ebenfalls als beständige Competenz des Soldaten betrachtet.
Diese vivres <Ze Lin-ax-igne bestanden in der unentgeltlichen täglichen Lieferung
von Kaffee, Fleisch und Wein, welcher letztere im Nothfall auch durch Brannt¬
wein ersetzt wurde; hauptsächlich aber wurde der General deswegen verehrt,
weil seine militärische Gerechtigkeit einem Jeden, der Fähigkeiten besaß, den
Weg zum Avancement oft mit Ueberspringung mehrerer Grade öffnete.

Für die Ausbildung der Truppen zu wahren Feldsoldaten wurde Nichts
verabsäumt. Jedes Bataillon, welches neu formirt war, begann sofort zu


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[0389] ciatori), 2 Halbbataillone irländischer Infanterie, t Bataillon Zunven und 1 Bataillon Franco-bclgico, welches ledere namentlich seiner guten Elemente wegen ein Elitcnbataillon genannt werden konnte; die alten Regimenter machte man vollzählig. Die Artillerie wurde von 2 auf 11 Batterien gebracht, von denen 1 schweizerische. 3 rein italienische, 2 rein' östreichische, die übrigen 5 gemischt waren, jedoch ebenfalls meist aus Oestreichern bestanden. Für die Artillcriearbeiten entstand 1 Handwerks-Compagnie, für die Hafenverthei- dignng Ancona's eine Compagnie Mariniers und für die Festungsbauten eine Genie-Hilfscompagnie, Die Cavallerie endlich, als die Waffe, welche des Terrains wegen im Römischen am wenigsten anwendbar ist. wurde nur durch eine Schwadron österreichischer Chevanxlegers vermehrt. Er selbst, General Lamoriciere, erhielt als Leib > und Ehrenwache eine Abtheilung Gulden zu Pferde, französische Herren altadeligcr Familien, welche es sich zur Ehre rech¬ neten, ohne Sold im Gefolge des päpstlichen Feldherrn zu dienen und das Faubourg Se. Germain in Paris mit dem Strapazenleben eines wahrschein¬ lichen Feldzuges zu vertauschen. Den Generalstnb seiner Armee bildete sich Lamoriciöre ans einigen der erfahrensten und tapfersten ehemaligen Offiziere der französischen und östreichischen Armee. Leider mangelte noch vieles an der Bewaffnung der Armee. So war zu beklagen, daß die für die östreichischen Jäger bestellten Stutzen nicht rasch genug geliefert werden konnten. Die Artillerie ferner litt sehr durch die Ver¬ schiedenartigkeit des Kalibers ihrer Geschütze, indem dieselben theils Geschenke verschiedener Potentaten, theils alt und gebraucht waren. Deshalb waren die Pulvcrarbeiten im Laboratorium auch bedeutend erschwert. Die Festungs- Artillcrie besaß fast nur alte eiserne Kanonen, von schwerem, aber ebenfalls sehr verschiedenem Kaliber, sodann machte sich namentlich auch Mangel an Wurfgcschützcn (Mörsern und Haubitzen) fühlbar. In der Armee wußte sich General Lamoriciüre sehr viel Zutrauen zu verschaffen, wozu allerdings sein Name selbst bedeutend beigetragen haben mag. Die Liebe der Soldaten suchte er sich durch materielle Begünstigungen zu erwerben: die Feldzulage wurde als beständig zum Sold gehörig perma¬ nent eingeführt, die „vivres as LamMM«?", zuerst nur für marschirende Trup¬ pen, nachher ebenfalls als beständige Competenz des Soldaten betrachtet. Diese vivres <Ze Lin-ax-igne bestanden in der unentgeltlichen täglichen Lieferung von Kaffee, Fleisch und Wein, welcher letztere im Nothfall auch durch Brannt¬ wein ersetzt wurde; hauptsächlich aber wurde der General deswegen verehrt, weil seine militärische Gerechtigkeit einem Jeden, der Fähigkeiten besaß, den Weg zum Avancement oft mit Ueberspringung mehrerer Grade öffnete. Für die Ausbildung der Truppen zu wahren Feldsoldaten wurde Nichts verabsäumt. Jedes Bataillon, welches neu formirt war, begann sofort zu Grenzboten IV. 1660. 48

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/389>, abgerufen am 15.01.2025.