Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.Beim Wachdienst hingegen bediente man sich nur des Italienischen, sowie Die Bewaffnung der Infanterie bestand in einem glatten Percussions- Der nur durch Räuberbanden gelegentlich gestörte Friede, welcher von Ein besonders schlimmes Zeichen vom Verfall militärischen Geistes war Beim Wachdienst hingegen bediente man sich nur des Italienischen, sowie Die Bewaffnung der Infanterie bestand in einem glatten Percussions- Der nur durch Räuberbanden gelegentlich gestörte Friede, welcher von Ein besonders schlimmes Zeichen vom Verfall militärischen Geistes war <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0386" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110734"/> <p xml:id="ID_1154" prev="#ID_1153"> Beim Wachdienst hingegen bediente man sich nur des Italienischen, sowie<lb/> auch das ganze Rechnungswesen in dieser Sprache geführt werden mußte.<lb/> Da der Hauptzweck der Armee zunächst nur der war, Ruhe und Sicherheit<lb/> im Lande aufrecht zu erhalten, so waren die Regimenter sehr zerstückelt und<lb/> in die verschiedenen Städte und Ortschaften dctachemcnts- und garnisonsweise<lb/> vertheilt. So war z. B. das zweite Fremdenregiment, welches noch im Jahre<lb/> 1859 im Juni die Romagna und die Marken besetzt hielt, über die Städte<lb/> Fcrcnza, Forli, Cesena, Rimini, Pesaro, Macerata und Fcrmo vertheilt, also<lb/> auf eine Strecke von dreißig deutschen Meilen dislocirt. Die militärischen<lb/> Uebungen beschränkten sich deshalb größtentheils auf das Pelotvnsexerziren.<lb/> Nur selten konnte ein Bataillonsexerziren stattfinden, und wurde ein solches<lb/> befohlen, so blamirten sich in der Regel Bataillonscommcmdcur und Offiziere<lb/> vor ihren Soldaten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1155"> Die Bewaffnung der Infanterie bestand in einem glatten Percussions-<lb/> gewehr mit Bayonnet und einem Faschinenmesser als Seitengewehr. Die<lb/> Jäger hatten gezogene Minie-Stutzen, auf welche sie ihr Seitengewehr, den<lb/> Iatagan, pflanzten. Das Material der Artillerie war ziemlich alt, nach<lb/> französischem Modell, die Kanoniere trugen Karabiner. Die Dragoner endlich,<lb/> welche sehr schön beritten waren, führten den Pallasch und 2 Pistolen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1156"> Der nur durch Räuberbanden gelegentlich gestörte Friede, welcher von<lb/> 1849 bis gegen das Ende 1859 im Römischen geherrscht, hatte ebenfalls viel<lb/> dazu beigetragen, um in der Armee einen sehr schlaffen und trägen Geist ein¬<lb/> treten zu lassen. Die verschiedenen Corps waren gegen einander voll Haß<lb/> und Neid, im Innern der Regimenter und Bataillone herrschten dieselben<lb/> Leidenschaften. Von Kameradschaftlichkeit war wenig die Rede. Bei den<lb/> Fremdenregimentern namentlich waren Zerwürfnisse und Zänkereien aller Art<lb/> an der Tagesordnung. Die Deutschen vertrugen sich mit den Schweizern<lb/> nicht, da diese überall vorgezogen wurden; diese unter sich machten ebenfalls<lb/> Rangunterschiede je nach den verschiedenen Cantonen. Ein Soldat oder Offizier<lb/> aus Wallis, oder ein Friburger, der den Herrn Obrist oder den Herrn Major<lb/> zum Nachbar oder Gevattersmann zu haben sich rühmte, galt mehr als ein<lb/> Se. Galler oder ein Berner. Am meisten gehaßt jedoch waren die Franzosen,<lb/> obgleich sie entschieden unter allen Nationalitäten die beste Kameradschaft zu<lb/> halten wußten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1157" next="#ID_1158"> Ein besonders schlimmes Zeichen vom Verfall militärischen Geistes war<lb/> es, daß Jeder den sichersten Weg zum Avancement darin erkannte, wenn er<lb/> sich zum Spion seiner Vorgesetzten erniedrigte. Machte er den Sbirren, ver-<lb/> läumdete er seine Kameraden, schmeichelte er bei den Vorgesetzten, spielte er brav<lb/> den scheinheiligen, so wurde er befördert. Auf Kenntnisse und Bildung<lb/> wurde seitens der Obcroffiziere bei Vorschlägen zur Beförderung selten viel</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0386]
Beim Wachdienst hingegen bediente man sich nur des Italienischen, sowie
auch das ganze Rechnungswesen in dieser Sprache geführt werden mußte.
Da der Hauptzweck der Armee zunächst nur der war, Ruhe und Sicherheit
im Lande aufrecht zu erhalten, so waren die Regimenter sehr zerstückelt und
in die verschiedenen Städte und Ortschaften dctachemcnts- und garnisonsweise
vertheilt. So war z. B. das zweite Fremdenregiment, welches noch im Jahre
1859 im Juni die Romagna und die Marken besetzt hielt, über die Städte
Fcrcnza, Forli, Cesena, Rimini, Pesaro, Macerata und Fcrmo vertheilt, also
auf eine Strecke von dreißig deutschen Meilen dislocirt. Die militärischen
Uebungen beschränkten sich deshalb größtentheils auf das Pelotvnsexerziren.
Nur selten konnte ein Bataillonsexerziren stattfinden, und wurde ein solches
befohlen, so blamirten sich in der Regel Bataillonscommcmdcur und Offiziere
vor ihren Soldaten.
Die Bewaffnung der Infanterie bestand in einem glatten Percussions-
gewehr mit Bayonnet und einem Faschinenmesser als Seitengewehr. Die
Jäger hatten gezogene Minie-Stutzen, auf welche sie ihr Seitengewehr, den
Iatagan, pflanzten. Das Material der Artillerie war ziemlich alt, nach
französischem Modell, die Kanoniere trugen Karabiner. Die Dragoner endlich,
welche sehr schön beritten waren, führten den Pallasch und 2 Pistolen.
Der nur durch Räuberbanden gelegentlich gestörte Friede, welcher von
1849 bis gegen das Ende 1859 im Römischen geherrscht, hatte ebenfalls viel
dazu beigetragen, um in der Armee einen sehr schlaffen und trägen Geist ein¬
treten zu lassen. Die verschiedenen Corps waren gegen einander voll Haß
und Neid, im Innern der Regimenter und Bataillone herrschten dieselben
Leidenschaften. Von Kameradschaftlichkeit war wenig die Rede. Bei den
Fremdenregimentern namentlich waren Zerwürfnisse und Zänkereien aller Art
an der Tagesordnung. Die Deutschen vertrugen sich mit den Schweizern
nicht, da diese überall vorgezogen wurden; diese unter sich machten ebenfalls
Rangunterschiede je nach den verschiedenen Cantonen. Ein Soldat oder Offizier
aus Wallis, oder ein Friburger, der den Herrn Obrist oder den Herrn Major
zum Nachbar oder Gevattersmann zu haben sich rühmte, galt mehr als ein
Se. Galler oder ein Berner. Am meisten gehaßt jedoch waren die Franzosen,
obgleich sie entschieden unter allen Nationalitäten die beste Kameradschaft zu
halten wußten.
Ein besonders schlimmes Zeichen vom Verfall militärischen Geistes war
es, daß Jeder den sichersten Weg zum Avancement darin erkannte, wenn er
sich zum Spion seiner Vorgesetzten erniedrigte. Machte er den Sbirren, ver-
läumdete er seine Kameraden, schmeichelte er bei den Vorgesetzten, spielte er brav
den scheinheiligen, so wurde er befördert. Auf Kenntnisse und Bildung
wurde seitens der Obcroffiziere bei Vorschlägen zur Beförderung selten viel
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