Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band.der leipziger Zeitung "von dem durchaus praktischen, sein Thema nicht Unter Dieser Satz, durch welchen mit einem-Schlag die ganze Bestrebung der "Was dem deutschen Bund fehlt, ist in erster Linie nicht sowol die Ein¬ Der abstracte kartesianischc mathematische Körper hat freilich keine andere Der deutsche Bund als solcher hatte zur allgemeinen Durchführung seiner der leipziger Zeitung „von dem durchaus praktischen, sein Thema nicht Unter Dieser Satz, durch welchen mit einem-Schlag die ganze Bestrebung der „Was dem deutschen Bund fehlt, ist in erster Linie nicht sowol die Ein¬ Der abstracte kartesianischc mathematische Körper hat freilich keine andere Der deutsche Bund als solcher hatte zur allgemeinen Durchführung seiner <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0364" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/110712"/> <p xml:id="ID_1066" prev="#ID_1065"> der leipziger Zeitung „von dem durchaus praktischen, sein Thema nicht Unter<lb/> dem Eindruck unklarer Empfindsamkeit, sondern mit der Sonde des nüchternen<lb/> Verstandes erörternden Scharfsinn des Verfassers" zeugt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1067"> Dieser Satz, durch welchen mit einem-Schlag die ganze Bestrebung der<lb/> Nationnlpartei widerlegt und der ganzen deutschen Staats, und Rechtsphilo¬<lb/> sophie eine neue Basis gegeben werden soll, lautet folgendermaßen:</p><lb/> <p xml:id="ID_1068"> „Was dem deutschen Bund fehlt, ist in erster Linie nicht sowol die Ein¬<lb/> heit, als vielmehr die Activität. Denn eine Einheit ist ja wirklich schon vor¬<lb/> handen, so gewiß als der deutsche Bund doch ganz ohne Zweifel einen po¬<lb/> litischen Körper bildet und sogar als solcher völkerrechtlich anerkannt ist; nur<lb/> leider einen Körper von rein passiver Existenz."</p><lb/> <p xml:id="ID_1069"> Der abstracte kartesianischc mathematische Körper hat freilich keine andere<lb/> Eigenschaft als die Ausdehnung, und diese kann man dem deutschen Bunde<lb/> nicht absprechen: wie die rothe Linie im Stielerschen Atlas zeigt. Aber einen<lb/> physischen Körper von rein passiver Existenz gibt es nicht. Der physische Körper<lb/> hat außer der Eigenschaft der Ausdehnung auch die der Attraction, Repulsion,<lb/> Gravitation; jeder Körper als solcher besitzt Activität. Wenn man das auf<lb/> das politische Gebiet anwendet, so wird man wol zu der Vermuthung berech¬<lb/> tigt sein, daß, wo sich gar keine Activität zeigt, auch kein Staatskörper vor¬<lb/> handen sei. Das erste gibt der Verfasser im vollsten Maße zu, der deutsche<lb/> Bund hat nach ihm nichts geleistet und leistet nichts, außer etwa in Sachen<lb/> der innern Polizei. Auch in diesem Punkt ist beiläufig der deutsche Bund viel<lb/> unschuldiger, als man annimmt. In einer Periode, wo Fürst Metternich sich<lb/> als den natürlichen Vormund der preußischen Regierung und sich mit der preu¬<lb/> ßischen Regierung gemeinschaftlich als die Vormünder der übrigen deutschen<lb/> Fürsten betrachtete, setzte er durch seinen persönlichen Einfluß die berüchtigte<lb/> Demagogenpolizei durch: hätte Preußen nicht gewollt, oder hätte auch nur<lb/> Bayern nicht gewollt, der deutsche Bund Hütte wahrlich keine Centralcommission<lb/> zu Stande gebracht! Wo aber verschiedene Fürsten sich freiwillig über gemein¬<lb/> schaftliche Maßregeln einigen, da liegt kein einheitlicher Staatskörper, sondern<lb/> ein Vertrag vor: es ist kein Grund vorhanden, warum nicht z. B. Oestreich<lb/> und Frankreich sich über eine ähnliche Razzia gegen die Demagogen vereinigt<lb/> haben sollten. Es sind dem deutschen Bunde so viele Vorwürfe gemacht, daß<lb/> es uns herzlich freut, ihn von dieser Seite in Schutz nehmen zu können; über<lb/> alle Anklagen, welche der Liberalismus gegen ihn gehäuft, sprechen wir ein<lb/> lautes: Nichtschuld igl — Karlsbad, Aachen u. f. w. waren nicht die<lb/> Souveränetätscrklärungen eines politischen Körpers.</p><lb/> <p xml:id="ID_1070" next="#ID_1071"> Der deutsche Bund als solcher hatte zur allgemeinen Durchführung seiner<lb/> Verordnungen keine Zwangsmittel, d. h. keine Souveränetät; wenn die mäch¬<lb/> tigeren Fürsten des Bundes gegen einen minder mächtigen zuweilen Zwang</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0364]
der leipziger Zeitung „von dem durchaus praktischen, sein Thema nicht Unter
dem Eindruck unklarer Empfindsamkeit, sondern mit der Sonde des nüchternen
Verstandes erörternden Scharfsinn des Verfassers" zeugt.
Dieser Satz, durch welchen mit einem-Schlag die ganze Bestrebung der
Nationnlpartei widerlegt und der ganzen deutschen Staats, und Rechtsphilo¬
sophie eine neue Basis gegeben werden soll, lautet folgendermaßen:
„Was dem deutschen Bund fehlt, ist in erster Linie nicht sowol die Ein¬
heit, als vielmehr die Activität. Denn eine Einheit ist ja wirklich schon vor¬
handen, so gewiß als der deutsche Bund doch ganz ohne Zweifel einen po¬
litischen Körper bildet und sogar als solcher völkerrechtlich anerkannt ist; nur
leider einen Körper von rein passiver Existenz."
Der abstracte kartesianischc mathematische Körper hat freilich keine andere
Eigenschaft als die Ausdehnung, und diese kann man dem deutschen Bunde
nicht absprechen: wie die rothe Linie im Stielerschen Atlas zeigt. Aber einen
physischen Körper von rein passiver Existenz gibt es nicht. Der physische Körper
hat außer der Eigenschaft der Ausdehnung auch die der Attraction, Repulsion,
Gravitation; jeder Körper als solcher besitzt Activität. Wenn man das auf
das politische Gebiet anwendet, so wird man wol zu der Vermuthung berech¬
tigt sein, daß, wo sich gar keine Activität zeigt, auch kein Staatskörper vor¬
handen sei. Das erste gibt der Verfasser im vollsten Maße zu, der deutsche
Bund hat nach ihm nichts geleistet und leistet nichts, außer etwa in Sachen
der innern Polizei. Auch in diesem Punkt ist beiläufig der deutsche Bund viel
unschuldiger, als man annimmt. In einer Periode, wo Fürst Metternich sich
als den natürlichen Vormund der preußischen Regierung und sich mit der preu¬
ßischen Regierung gemeinschaftlich als die Vormünder der übrigen deutschen
Fürsten betrachtete, setzte er durch seinen persönlichen Einfluß die berüchtigte
Demagogenpolizei durch: hätte Preußen nicht gewollt, oder hätte auch nur
Bayern nicht gewollt, der deutsche Bund Hütte wahrlich keine Centralcommission
zu Stande gebracht! Wo aber verschiedene Fürsten sich freiwillig über gemein¬
schaftliche Maßregeln einigen, da liegt kein einheitlicher Staatskörper, sondern
ein Vertrag vor: es ist kein Grund vorhanden, warum nicht z. B. Oestreich
und Frankreich sich über eine ähnliche Razzia gegen die Demagogen vereinigt
haben sollten. Es sind dem deutschen Bunde so viele Vorwürfe gemacht, daß
es uns herzlich freut, ihn von dieser Seite in Schutz nehmen zu können; über
alle Anklagen, welche der Liberalismus gegen ihn gehäuft, sprechen wir ein
lautes: Nichtschuld igl — Karlsbad, Aachen u. f. w. waren nicht die
Souveränetätscrklärungen eines politischen Körpers.
Der deutsche Bund als solcher hatte zur allgemeinen Durchführung seiner
Verordnungen keine Zwangsmittel, d. h. keine Souveränetät; wenn die mäch¬
tigeren Fürsten des Bundes gegen einen minder mächtigen zuweilen Zwang
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