lcugnung des Evangeliums unter.*) Daran reihte sich das Begehren nach geistlicher Gerichtsbarkeit, kirchlichen Ehegesetzen, vom Staate unbeaufsichtigter Kirchenverwaltung und theilweiser Pfründenbesetzung. Begütigende Stimmen stellten eine Rückkehr zum Standpunkt des trienter Concils als leere Befürch¬ tung dar, doch schon die Aufhebung des Placetum, die Freigebung der Kirchen¬ strafen und die den Bischöfen vorbehaltene Ermächtigung zum Lehramt der Theologie und der Religion an den Gymnasien**) zeigte, wohin sich die Waage neigte. Der Einfluß der römischen Hierarchie und der wiederhergestellten Je¬ suiten wuchs mit jedem Tage. Als man endlich der Revolution vollends Herr geworden, sollte jede auch noch so nützliche Institution aufgehoben wer¬ den, die ihr irgendwie den Ursprung verdankte. Das kaiserliche Patent vom 31. December 1851 verkündete schlechtweg die Märzverfassung von 1849 sei den Verhältnissen des östreichischen Kaiserstaates unangemessen und unaus¬ führbar, die feierlichste Zusage ward einfach zurückgenommen. Die Vereini¬ gung der Administration mit der Rechtspflege wurde wieder eingeführt, Oeffent- lichkeit in Gemeinde- und Strafsachen so wie Schwurgerichte abgeschafft, das Jnquisitivnsvcrfahren theilweise hergestellt, und berathende Ausschüsse für Kreisbehörden und Statthaltcreien, die aus dem besitzenden Erbadel, dem großen und kleinen Grundbesitz und der Industrie berufen werden sollten, ver¬ heißen. Die Ausführung dieses Versprechens ruhte bis auf die letzte Zeit. Wieder vergingen drei einhalb Jahre, die außer einer Unzahl bureaukratischer Ge¬ setze auch den leider noch bestehenden Zwitter einer Strafproceßordnung brachten, als um 18. August 1855 das Concordat mit dem päpstlichen Stuhle abge¬ schlossen wurde. Darin wurde die Aufsicht über den ganzen Unterricht in öffentlichen und nicht öffentlichen Schulen den Bischöfen übergeben, die "sorg¬ sam darüber wachen, daß bei keinem Lehrgegenstände etwas vorkomme, was dem katholischen Glauben zuwiderläuft" (Art. V). Insbesondre ward ver¬ sprochen, daß "in den für die katholische Jugend bestimmten Gymnasien und mittleren Schulen nur Katholiken zu Professoren und Lehrern ernannt werden. (Art. VII). Das Erkenntniß über kirchliche Rechtsfälle ist kirchlichen Richtern anvertraut, und haben somit diese "auch über Ehesachen nach Vorschrift der heiligen Kirchengesetze und namentlich auch der Verordnungen von Trient zu urtheilen" (Art. X). Außer einer Menge von Immunitäten. Freiheiten und Vorrechten wurde deu Erzbischöfen und Bischöfen auch freigestellt "in ihre Kirchensprengel geistliche Orden und Congregationen beiderlei Geschlechts nach den heiligen Kirchengesetzen einzuführen (Art. XXVIII). Anstatt des Bundes mit dem Volk vereinigte sich die Regierung mit den Vertretern der katholischen Kirche, die sich noch wie im Mittelalter als die Sonne, den Staat als den
^ Einlage an das Ministerium des Inneren vom Is. Juni 1849. "
) Kaiserliche Verordnungen vom 13. und 2S. April 1850.
lcugnung des Evangeliums unter.*) Daran reihte sich das Begehren nach geistlicher Gerichtsbarkeit, kirchlichen Ehegesetzen, vom Staate unbeaufsichtigter Kirchenverwaltung und theilweiser Pfründenbesetzung. Begütigende Stimmen stellten eine Rückkehr zum Standpunkt des trienter Concils als leere Befürch¬ tung dar, doch schon die Aufhebung des Placetum, die Freigebung der Kirchen¬ strafen und die den Bischöfen vorbehaltene Ermächtigung zum Lehramt der Theologie und der Religion an den Gymnasien**) zeigte, wohin sich die Waage neigte. Der Einfluß der römischen Hierarchie und der wiederhergestellten Je¬ suiten wuchs mit jedem Tage. Als man endlich der Revolution vollends Herr geworden, sollte jede auch noch so nützliche Institution aufgehoben wer¬ den, die ihr irgendwie den Ursprung verdankte. Das kaiserliche Patent vom 31. December 1851 verkündete schlechtweg die Märzverfassung von 1849 sei den Verhältnissen des östreichischen Kaiserstaates unangemessen und unaus¬ führbar, die feierlichste Zusage ward einfach zurückgenommen. Die Vereini¬ gung der Administration mit der Rechtspflege wurde wieder eingeführt, Oeffent- lichkeit in Gemeinde- und Strafsachen so wie Schwurgerichte abgeschafft, das Jnquisitivnsvcrfahren theilweise hergestellt, und berathende Ausschüsse für Kreisbehörden und Statthaltcreien, die aus dem besitzenden Erbadel, dem großen und kleinen Grundbesitz und der Industrie berufen werden sollten, ver¬ heißen. Die Ausführung dieses Versprechens ruhte bis auf die letzte Zeit. Wieder vergingen drei einhalb Jahre, die außer einer Unzahl bureaukratischer Ge¬ setze auch den leider noch bestehenden Zwitter einer Strafproceßordnung brachten, als um 18. August 1855 das Concordat mit dem päpstlichen Stuhle abge¬ schlossen wurde. Darin wurde die Aufsicht über den ganzen Unterricht in öffentlichen und nicht öffentlichen Schulen den Bischöfen übergeben, die „sorg¬ sam darüber wachen, daß bei keinem Lehrgegenstände etwas vorkomme, was dem katholischen Glauben zuwiderläuft" (Art. V). Insbesondre ward ver¬ sprochen, daß „in den für die katholische Jugend bestimmten Gymnasien und mittleren Schulen nur Katholiken zu Professoren und Lehrern ernannt werden. (Art. VII). Das Erkenntniß über kirchliche Rechtsfälle ist kirchlichen Richtern anvertraut, und haben somit diese „auch über Ehesachen nach Vorschrift der heiligen Kirchengesetze und namentlich auch der Verordnungen von Trient zu urtheilen" (Art. X). Außer einer Menge von Immunitäten. Freiheiten und Vorrechten wurde deu Erzbischöfen und Bischöfen auch freigestellt „in ihre Kirchensprengel geistliche Orden und Congregationen beiderlei Geschlechts nach den heiligen Kirchengesetzen einzuführen (Art. XXVIII). Anstatt des Bundes mit dem Volk vereinigte sich die Regierung mit den Vertretern der katholischen Kirche, die sich noch wie im Mittelalter als die Sonne, den Staat als den
^ Einlage an das Ministerium des Inneren vom Is. Juni 1849. "
) Kaiserliche Verordnungen vom 13. und 2S. April 1850.
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lcugnung des Evangeliums unter.*) Daran reihte sich das Begehren nach
geistlicher Gerichtsbarkeit, kirchlichen Ehegesetzen, vom Staate unbeaufsichtigter
Kirchenverwaltung und theilweiser Pfründenbesetzung. Begütigende Stimmen
stellten eine Rückkehr zum Standpunkt des trienter Concils als leere Befürch¬
tung dar, doch schon die Aufhebung des Placetum, die Freigebung der Kirchen¬
strafen und die den Bischöfen vorbehaltene Ermächtigung zum Lehramt der
Theologie und der Religion an den Gymnasien**) zeigte, wohin sich die Waage
neigte. Der Einfluß der römischen Hierarchie und der wiederhergestellten Je¬
suiten wuchs mit jedem Tage. Als man endlich der Revolution vollends
Herr geworden, sollte jede auch noch so nützliche Institution aufgehoben wer¬
den, die ihr irgendwie den Ursprung verdankte. Das kaiserliche Patent vom
31. December 1851 verkündete schlechtweg die Märzverfassung von 1849 sei
den Verhältnissen des östreichischen Kaiserstaates unangemessen und unaus¬
führbar, die feierlichste Zusage ward einfach zurückgenommen. Die Vereini¬
gung der Administration mit der Rechtspflege wurde wieder eingeführt, Oeffent-
lichkeit in Gemeinde- und Strafsachen so wie Schwurgerichte abgeschafft, das
Jnquisitivnsvcrfahren theilweise hergestellt, und berathende Ausschüsse für
Kreisbehörden und Statthaltcreien, die aus dem besitzenden Erbadel, dem
großen und kleinen Grundbesitz und der Industrie berufen werden sollten, ver¬
heißen. Die Ausführung dieses Versprechens ruhte bis auf die letzte Zeit.
Wieder vergingen drei einhalb Jahre, die außer einer Unzahl bureaukratischer Ge¬
setze auch den leider noch bestehenden Zwitter einer Strafproceßordnung brachten,
als um 18. August 1855 das Concordat mit dem päpstlichen Stuhle abge¬
schlossen wurde. Darin wurde die Aufsicht über den ganzen Unterricht in
öffentlichen und nicht öffentlichen Schulen den Bischöfen übergeben, die „sorg¬
sam darüber wachen, daß bei keinem Lehrgegenstände etwas vorkomme, was
dem katholischen Glauben zuwiderläuft" (Art. V). Insbesondre ward ver¬
sprochen, daß „in den für die katholische Jugend bestimmten Gymnasien und
mittleren Schulen nur Katholiken zu Professoren und Lehrern ernannt werden.
(Art. VII). Das Erkenntniß über kirchliche Rechtsfälle ist kirchlichen Richtern
anvertraut, und haben somit diese „auch über Ehesachen nach Vorschrift der
heiligen Kirchengesetze und namentlich auch der Verordnungen von Trient zu
urtheilen" (Art. X). Außer einer Menge von Immunitäten. Freiheiten und
Vorrechten wurde deu Erzbischöfen und Bischöfen auch freigestellt „in ihre
Kirchensprengel geistliche Orden und Congregationen beiderlei Geschlechts nach
den heiligen Kirchengesetzen einzuführen (Art. XXVIII). Anstatt des Bundes
mit dem Volk vereinigte sich die Regierung mit den Vertretern der katholischen
Kirche, die sich noch wie im Mittelalter als die Sonne, den Staat als den
^ Einlage an das Ministerium des Inneren vom Is. Juni 1849.
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) Kaiserliche Verordnungen vom 13. und 2S. April 1850.
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Die Grenzboten. Jg. 19, 1860, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341594_110347/354>, abgerufen am 24.01.2025.
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